Satellitenschüssel

Wegen Internetzugang kann Satellitenschüssel verboten werden

Gerichte: Ausländische Mitbürger müssen Parabolantennen entfernen
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Steter Streitpunkt von Mietern und Vermietern: Die Satellitenschüssel. Steter Streitpunkt von Mietern und Vermietern: Die Satellitenschüssel.
Bild: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Seit den späten 1980er-Jahren gibt es die Möglichkeit Fernsehprogramme direkt vom Satelliten zu empfangen. Genauso lange gibt es jedoch auch gerichtliche Aus­einander­setzungen zwischen Mietern und Ver­mietern oder Wohnungs­eigentümern sowie Eigen­tümer­gemein­schaften bzw. Haus­verwalt­ungen, ob der Aufbau einer Satelliten­antenne auf Balkonen, Dach, im Garten, auf der Terrasse oder an der Haus­wand erlaubt ist. Bislang war die Regel, dass bei vor­hand­enem Kabel­anschluss der Vermieter oder die Haus­verwaltung die An­bringung einer Satelliten-Anlage untersagen konnte. Ausgenommen waren jedoch Personen, die ein besonderes Inter­esse an bestimmten aus­ländischen Programmen vorweisen konnten. So entstand die kuriose Situation, dass etwa Journalisten oder ausländische Mitbürger eine Schüssel anbringen durften, während dies dem "Otto Normalnachbar" untersagt war.

Zwei Jahre altes Urteil sorgt erst jetzt für Diskussionsstoff

Steter Streitpunkt von Mietern und Vermietern: Die Satellitenschüssel. Steter Streitpunkt von Mietern und Vermietern: Die Satellitenschüssel.
Bild: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Das Amtsgericht Frankfurt [Link entfernt] hat bereits im Jahr 2011 geurteilt, dass ausländische Mieter (in diesem Fall ging es um eine indische Familie) keinen Anspruch darauf haben, auf der Loggia ihrer Wohnung eine Parabolantenne aufzubauen, um heimische Spielfilme sowie Theatermusik und Live-Aufführungen sehen zu können, wenn in der entsprechenden Wohnung ein Internetanschluss vorhanden sei (AmG Frankfurt am Main, 33 C 1957/11-31). Erst die Veröffentlichung dieses Urteils auf diversen Juristen-Blogs [Link entfernt] und Tageszeitungen in den vergangenen Wochen sorgt nun dafür, dass das bereits zwei Jahre zurück liegende Urteil einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde und aktuell für Diskussionen in einschlägigen Foren und sozialen Netzwerken sorgt.

Grundrechtlich geschützt sei lediglich die "Informations­freiheit" - und damit nicht der Empfang von Unter­haltungs­pro­grammen wie Spiel­filmen oder Musik­sendungen, so die Richter. "Zwischen­zeitlich ist es entsprechend dem Fortschritt der Technik ohne weiteres möglich, auch über das Internet indische Fern­seh­pro­gramme und Infor­mations­sendungen zu empfangen", urteilte das Gericht. Im konkreten Fall ging es darum, dass eine vom Vermieter ursprünglich genehmigte Anbringung einer Parabolantenne unter Hinweis auf die technische Entwicklung widerrufen worden war. Das Gericht folgte der Argumentation des Vermieters.

Das Urteil hat seither Folgen auf die bis dato gängige Rechtssprechung. So entschied auch das Amtsgericht Augsburg, dass ein ukrainischer Mieter seine Satellitenschüssel entfernen muss (Az.: 25 C 623/11). Auch in diesem Jahr bezogen sich mehrere Gerichte auf vorausgegangene Urteile, immer häufiger wird es ausländischen Mitbürgern untersagt Satellitenschüsseln aufzubauen, wenn ein Internetanschluss vorhanden ist.

Internet-TV oftmals nur mit technischen Hürden

Prinzipiell ist es zwar richtig, dass es heute die Möglichkeit gibt, ausländische Fernseh­programme per Internet-Livestream zu empfangen. Allerdings geht dies oft nur mit technischen Hindernissen: Ausländische Mitbürger müssten die Fernsehprogramme aus der Heimat am PC, Net- oder Notebook sowie Tablet anschauen, da die Auflösung der Streams häufig nicht für große LCD-Fernseher ausgelegt ist. Für Streams mit hoher Auflösung ist mindestens ein Breitbandanschluss mit 16 MBit/s oder höher erforderlich. In weiten Teilen Deutschlands ist eine solche Bandbreite (noch) nicht verfügbar.

Außerdem ist der technische Aufwand hoch, einen PC oder ein Notebook ans heimische LCD-TV anzuschließen, sofern diese Möglichkeit überhaupt besteht, etwa wenn ein VGA-Anschluss am Fernsehgerät vorhanden ist. Hinzu kommt, dass viele Fernsehstreams aus dem Ausland inzwischen nicht mehr in Deutschland zu sehen sind, da die betroffenen Fernseh­sender aus rechtlichen Gründen ein so genanntes Geoblocking einsetzen und die Verbreitung im Netz auf das Ursprungsland beschränken. Ganz davon abgesehen gibt es zahlreiche ausländische Mitbürger, die gar keinen Computer besitzen.

Immerhin gibt es auch Gerichte, die diese technischen Einschränkungen in ihre Urteile einfließen lassen. So hat das Landgericht Berlin entschieden, dass eine ägyptische Familie die unscharfe Bilder eines Internetstreams nicht in Kauf nehmen muss. Die Folge: Die Mieter durften die Parabolantenne behalten (Az.: 65 S 38/11).

Mobile Parabolantenne ist häufig erlaubt

Ein Vermieter muss eine unauffällig montierte oder portable Satelliten­antenne meist dulden, dies haben zahlreiche Gerichts­urteile bestätigt. Wer etwa eine Schüssel mit 60 cm Durchmesser an einen Ständer montiert und auf den Balkon stellt, und das Kabel ohne Bohren mit einer Fensterdurchführung ins Wohnungsinnere leitet, tangiert die Interessen des Vermieters nicht. Allerdings ist diese Lösung nur möglich, wenn von Balkon oder Terrasse aus Blickkontakt zum Satelliten besteht.

Unser Urteil: Die Informationsfreiheit ist ein wichtiges Gut unserer Gesellschaft. Beim Fernsehen sind Internet oder Smartphone-Apps eine wichtige Ergänzung, aber technisch häufig noch kein Ersatz. Zu diesem Ergebnis kam vor kurzem auch eine Untersuchung [Link entfernt] der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb). Dass nun ausländische Mitbürger oder Personen mit gesondertem Informationsinteresse keine Satelliten-Antennen mehr aufbauen dürfen, ist vor diesem Hintergrund ein Signal in die völlig falsche Richtung. Eher sollte - mehr als 25 Jahre nach Einführung des Satelliten-Direktempfangs - die Parabolantenne als Statussymbol der Informationsfreiheit allgemein anerkannt und erlaubt werden.

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