VATM: Telekom will sich Glasfaserausbau bezahlen lassen
Aktuell streiten sich Telekom und der VATM über neue Preise für Vorleistungen. Die Telekom will mehr, der VATM weniger.
Foto: Image licensed by Ingram Image, Logos: Telekom/VATM/BNetzA, Montage: teltarif.de
Netzbetreiber betreiben Netze. Um damit zum Kunden zu kommen, brauchen sie Leitungen, die sie entweder selbst legen oder bei anderen Netzbetreibern mieten.
Die meisten Leitungen hat - aus historischen Gründen - die Deutsche Telekom, Nachfolgerin der einst staatlichen Deutschen Bundespost Telekom. Und weil die Telekom damit ein "Monopol", pardon eine "marktbeherrschende" Stellung hat, wurde die Bundesnetzagentur vom Gesetzgeber beauftragt, diese Preise festzulegen oder zu kontrollieren.
Reine Leitungen gibt es heute kaum noch, man mietet ein Bitstrom-Produkt: Das sind Leitungen gleich mit einem Signal drauf (z.B.(V)DSL), das die Telekom dann vom Endkunden dem nachfragenden Netzbetreiber durchreicht. Der Netzbetreiber entscheidet dann, wo er weiter ins Internet geht, verbindet die angeforderten Telefongespräche, legt Geschwindigkeiten, Datenmengen und Preise fest, die er an den End-Kunden berechnet.
Preisverhandlungen stecken fest
Aktuell streiten sich Telekom und der VATM über neue Preise für Vorleistungen. Die Telekom will mehr, der VATM weniger.
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Aktuell finden mal wieder Verhandlungen über diese Vorleistungen statt. Die Telekom möchte künftig mehr dafür haben, die Nachfrager, die sich beispielsweise im Verband VATM zusammengeschlossen haben, finden die Preise heute schon als viel zu hoch und wären eher für spürbare Preissenkungen zu haben.
Mit einer nachdrücklichen Aufforderung sollte vonseiten der Bundesnetzagentur (BNetzA) noch einmal Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen über die Preise zentraler Vorleistungsprodukte für die Branche gebracht werden, meldet sich der VATM zu Wort.
Auf dem Netz der Telekom machten diese Bitstromprodukte fast 98 Prozent der Kundenangebote aus. Die stärksten Preissteigerungen sollen gerade die am meisten von den Kunden genutzten Bandbreiten mit 50 und 100 MBit/s betreffen, schimpft der VATM.
Derzeit sei "kein substanzielles Entgegenkommen der Telekom" in Richtung der Wettbewerber erkennbar. Sie gehe offenbar davon aus, dass ihre Preisforderungen von der BNetzA unverändert genehmigt werden.
Hohe Vorproduktpreise verhindern den schnellen Wechsel
„Die schon heute hohen Vorproduktpreise haben in Wahrheit den schnellen Wechsel auf FTTB/H (Glasfaser ins Haus) auf Seiten der Telekom nicht gefördert, sondern sogar verhindert“, kritisiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. „Die nun angekündigten zwei Millionen FTTH-Anschlüsse jährlich sind allein die Reaktion auf den zunehmenden Wettbewerb. Genau diesen würden nun aber steigende Preise für die Wettbewerber und ihre Kunden massiv schwächen. Das wäre aus wirtschaftlicher Sicht eine schwere Hypothek für die Bürger und die Zukunft Deutschlands“.
Will sich die Telekom den Glasfaserausbau bezahlen lassen?
Der VATM hat die Telekom im Verdacht, sich die Kosten des Glasfaserausbaus von den Mitbewerbern bezahlen lassen zu wollen. Der VATM ist da natürlich strikt dagegen, weil die Verbraucher/innen "sonst ohne jede Leistungsverbesserung allein für einen Wettbewerbsvorteil der Telekom zur Kasse gebeten würden und das ohne überhaupt aktuell auf ein Glasfasernetz der Telekom wechseln zu können“.
Bei rund 40 Millionen Festnetzanschlüssen werde so schnell deutlich, dass ein baldiger Wechsel auf ein Glasfasernetz der Telekom für die meisten Kunden auf absehbare Zeit unmöglich bleiben werde.
„Höhere Preise für gleiche Qualität auf alten Kupferleitungen wären aber unfair und vonseiten der Wettbewerber wollen wir nicht dabei helfen, diese durchzusetzen. Dabei stehen die Wettbewerber der Telekom allerdings vor einem Dilemma. Gäben sie die Preiserhöhungen nicht weiter, wären sie nicht mehr wettbewerbsfähig“, befürchtet Grützner.
VATM sieht Spielraum
Der VATM habe in wissenschaftlichen Gutachten deutlich gezeigt, dass bei vielen Kostenelementen erheblicher Spielraum bestehe, tatsächlich steigende Kupfer- oder Tiefbaupreise auszugleichen und langfristig stabile Preise zu halten.
„Dies würde für den gesamten Markt, die Glasfaser ausbauenden Unternehmen und die Kunden Planungssicherheit für alle Beteiligten schaffen. Wir müssen sicherstellen, dass alternative Anbieter und ihre Kunden nicht unfreiwillig der Telekom ihre längst abgeschriebenen Kupfernetze und Vectoring ein zweites Mal vergolden."
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Telekom möchte (für Viele viel zu spät, für Andere gerade richtig) endlich Glasfaser in die Häuser oder Wohnungen bringen und dabei auch Orte erreichen, wo bislang nur "schnarchlangsames" Kupfer liegt. Das kostet Geld, viel Geld. Das kann man sich leihen, man kann es aber auch aus dem laufenden Betrieb verdienen.
Die Wettbewerber der Telekom leben davon, dass sie "günstiger" als die Telekom sind, damit deren preisbewussten Kunden zu den Wettbewerbern wechseln. Die Mehrheit denkt, "never touch a running system" (Nichts anrühren!) und ändert nichts. Wenn nun die Telekom die Vorleistungspreise erhöht, müssten die Wettbewerber nachziehen und wären nicht mehr günstiger, verlören damit ein Haupt-Wechselargument.
Andere Argumente wie bessere Geschwindigkeit, bessere Technik oder gar besserer Service kosten richtig Geld und das muss auch irgendwo wieder verdient werden. Für viele Anbieter offenbar keine Option.
Als Außenstehende erleben wir derzeit eine Poker-Runde, wo alle Beteiligten das Beste für sich herausholen wollen. Die Bundesnetzagentur wird am Ende einen Spruch fällen, der garantiert keinem der beiden Parteien gefällt.
Der End-Kunde wird sich genau anschauen, bei welchem Anbieter er was geboten bekommt und welche Falltüren sich im Falle einer Störung oder beim Wechsel des Anbieters für den Kunden auftun. Tagelanges Ping-Pong zwischen Anbietern ("die anderen sind Schuld"), verzweifeltes Warten auf den Techniker, das tut sich kaum ein Kunde freiwillig ein zweites oder drittes Mal an.
Welche Festnetz-Angebote es gibt und was sie kosten und welche "Nebenwirkungen" sie haben könnten, finden Sie in unserem Tarifvergleich.