Klagewelle

Auskunfteien: Weiter Streit um Weitergabe von Kundendaten

Daten­schützer haben den Mobil­fun­kern unter­sagt, Daten an Auskunf­teien weiter zugeben. Telefónica o2, Voda­fone und Auskunf­teien wollen klagen, Verbrau­cher­ver­bände wollen auch klagen, Telekom erwägt legale Lösung.
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Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit. Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Eigent­lich hatten die Daten­schutz­beauf­tragten von Bund und Ländern die lange übliche Praxis klar für unzu­lässig erklärt. Konkret: Mobil­funk­betreiber geben nach Recher­chen von Nord­deut­scher Rund­funk (NDR) und "Süddeut­scher Zeitung" (SZ) weiter Vertrags­daten von neuen Handy­kunden an Wirt­schafts­aus­kunf­teien wie z.B. Schufa, Bürgel, Credit­reform etc. weiter, damit diese sie auswerten können.

Gegen­klage geplant?

Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit. Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Nicht nur das: Es gäbe sogar bei einigen Mobil­funk­anbie­tern die Über­legung ihrer­seits gegen die Entschei­dung der Daten­schützer zu klagen, weiß der Bran­chen­ver­band VATM. Das könnte span­nend werden, denn laut diesen Recher­chen plane der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (VZBV) wegen der Klau­seln zur Daten­wei­ter­gabe seiner­seits vor Gericht zu ziehen. Einzelne regio­nale Verbrau­cher­zen­tralen hätten bereits Unter­las­sungs­klagen gegen Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter vorbe­reitet.

Bei den umstrit­tenen Daten geht es nicht Infor­mationen über geführte Tele­fonate, sondern Angaben beispiels­weise zum Vertrags­abschluss, zur Dauer eines Vertrages oder einem Vertrags­wechsel. Diese Infor­mationen sollen Betrü­gereien vermeiden, argu­men­tieren die Unter­nehmen.

Streit schwelt schon länger

Erst im vergan­genen November hatten die Wirt­schafts­aus­kunf­teien auf Nach­frage von NDR und SZ erst­mals öffent­lich einge­räumt, dass die Infor­mationen für sie wichtig sind: Darüber soll Zahlungs­fähig­keit von Verbrau­chern abschätzbar sein. Wie viele andere Verträge hat der Kunde schon? Kann er die noch alle "bedienen", sprich pünkt­lich bezahlen? Gerade, wenn über­eif­rige Shops zig Verträge zur Finan­zie­rung eines schi­cken Smart­phones, Tablets oder einer Uhr abschließen, kann das am Ende ein böses Erwa­chen geben. Da wäre ein "Veto" über die Auskunf­teien sicher hilf­reich.

Zuwenig Trans­parenz

Die Verbrau­cher­schützer vom VZBV finden das Verfahren "intrans­parent" und verlangen verbind­liche Quali­täts­maß­stäbe für solche Auswer­tungen. Die Auskunf­teien hatten argu­men­tiert, dass sie über bestimmte Gruppen, beispiels­weise junge Erwach­sene und Migranten, entweder gar keine oder zu wenige Daten hätten. Die Daten­schützer bemän­gelten "große Daten­mengen über übliche Alltags­vor­gänge im Wirt­schafts­leben", die ohne Anlass "erhoben und verar­beitet würden". Eigent­lich dürften Wirt­schafts­aus­kunf­teien solche Daten seit Inkraft­treten der Euro­päi­schen Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) im Mai 2018 nur noch spei­chern, wenn eine ausdrück­liche Einwil­ligung der Betrof­fenen vorliege. Die aber müssten die Mobil­funk­anbieter bei ihren Kunden erst einmal vorab einholen - und darauf hätten sie nach Angaben der NRW-Daten­schutz­auf­sicht seit drei Jahren weit­gehend verzichtet, "weil sie die hohen Anfor­derungen an die Einwil­ligung scheuten".

Mobil­funk­anbieter wollen weiter sammeln

Voda­fone, Telefónica & Co. wollten den Aufsichts­behörden weiter Wider­stand leisten. Man teile die "Rechts­auf­fas­sung der Aufsichts­behörden" nicht, so der VATM, wich­tige Unter­neh­mens­inter­essen würden nicht berück­sich­tigt. Anbieter wollen zusammen mit den Auskunf­teien und dem Verband 'Die Wirt­schafts­aus­kunf­teien' - den Beschluss der Daten­schutz­kon­ferenz recht­lich über­prüfen lassen", so der VATM, dem unter anderem Voda­fone und Telefónica o2 ange­hören.

Telekom peilt Einwil­ligungs-Lösung an

Die Deut­sche Telekom, die nicht Mitglied des Verbandes ist, teilte dagegen mit, dass sie nicht gegen die Entschei­dung klagen wolle - auch wenn sie eben­falls nicht die Sicht der Daten­schützer teile. Man arbeite "aktuell an einer alter­nativen Lösung auf Basis einer Einwil­ligung."

Der Bundes­daten­schutz­beauf­tragte Ulrich Kelber betonte, der Beschluss der Daten­schutz­kon­ferenz sei eindeutig. Es gebe für die Spei­che­rung der Handy­ver­trags­daten keine gesetz­liche Grund­lage. Er suche nun dennoch zunächst das Gespräch mit den Mobil­funk­anbie­tern.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die Daten­samm­lung kann den Verbrau­cher schützen, bevor er oder sie sich mit zu vielen Verträgen in eine gefähr­liche finan­zielle Schief­lage begibt. Die Auskunf­teien könnten beispiels­weise Vertrauen gewinnen, wenn sie von sich aus und auto­matisch jedem einge­tra­genen Kunden regel­mäßig mitteilen, was sie schon über ihn wissen oder neu erfahren haben. Dann kann der Verbrau­cher das mit seinen Unter­lagen verglei­chen und notfalls sofort Protest anmelden, wenn ein längst abbe­zahltes Auto, ein Haus oder ein gekün­digter und abge­schal­teter Handy­ver­trag noch gespei­chert sein sollten.

Bemer­kens­wert ist, dass Voda­fone und o2 es auf eine Klage ankommen lassen wollen, während die Telekom sich für eine recht­lich saubere Lösung inter­essiert. Schaut man auf die seit Jahren nicht enden wollenden Vorgänge in bestimmten Handy-Shops, sollten auch Voda­fone und o2 bren­nend daran inter­essiert sein, dass es hier mit rechten Dingen zugeht.

Es kommt vor, dass Mobil­funk­anbieter einen Vertrag ablehnen. Fragt man nach, warum das so ist, werden die aller­meisten Anbieter sehr einsilbig. Das ist nicht Vertrauen erwe­ckend. Wenn Infor­mationen dem Anbieter vorliegen, dass der Kunde schon "elfund­achtzig" andere Verträge hat und damit das Risiko höher wird, dass kein Geld mehr zum Erfüllen der neuen Verpflich­tungen übrig bleiben könnte, sollte der Anbieter dieses Argu­ment auch klar benennen müssen. Der Verbrau­cher wird dadurch freund­lich erin­nert, dass seine finan­ziellen Möglich­keiten nun einmal nicht unend­lich sind.

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