Auskunfteien: Weiter Streit um Weitergabe von Kundendaten
Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Eigentlich hatten die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern die lange übliche Praxis klar für unzulässig erklärt. Konkret: Mobilfunkbetreiber geben nach Recherchen von Norddeutscher Rundfunk (NDR) und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) weiter Vertragsdaten von neuen Handykunden an Wirtschaftsauskunfteien wie z.B. Schufa, Bürgel, Creditreform etc. weiter, damit diese sie auswerten können.
Gegenklage geplant?
Wer einen neuen Handyvertrag abschließen will, sollte wissen, dass seine Daten an Auskunfteien gemeldet werden. Darum gibt es Streit.
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Nicht nur das: Es gäbe sogar bei einigen Mobilfunkanbietern die Überlegung ihrerseits gegen die Entscheidung der Datenschützer zu klagen, weiß der Branchenverband VATM. Das könnte spannend werden, denn laut diesen Recherchen plane der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) wegen der Klauseln zur Datenweitergabe seinerseits vor Gericht zu ziehen. Einzelne regionale Verbraucherzentralen hätten bereits Unterlassungsklagen gegen Telekommunikationsanbieter vorbereitet.
Bei den umstrittenen Daten geht es nicht Informationen über geführte Telefonate, sondern Angaben beispielsweise zum Vertragsabschluss, zur Dauer eines Vertrages oder einem Vertragswechsel. Diese Informationen sollen Betrügereien vermeiden, argumentieren die Unternehmen.
Streit schwelt schon länger
Erst im vergangenen November hatten die Wirtschaftsauskunfteien auf Nachfrage von NDR und SZ erstmals öffentlich eingeräumt, dass die Informationen für sie wichtig sind: Darüber soll Zahlungsfähigkeit von Verbrauchern abschätzbar sein. Wie viele andere Verträge hat der Kunde schon? Kann er die noch alle "bedienen", sprich pünktlich bezahlen? Gerade, wenn übereifrige Shops zig Verträge zur Finanzierung eines schicken Smartphones, Tablets oder einer Uhr abschließen, kann das am Ende ein böses Erwachen geben. Da wäre ein "Veto" über die Auskunfteien sicher hilfreich.
Zuwenig Transparenz
Die Verbraucherschützer vom VZBV finden das Verfahren "intransparent" und verlangen verbindliche Qualitätsmaßstäbe für solche Auswertungen. Die Auskunfteien hatten argumentiert, dass sie über bestimmte Gruppen, beispielsweise junge Erwachsene und Migranten, entweder gar keine oder zu wenige Daten hätten. Die Datenschützer bemängelten "große Datenmengen über übliche Alltagsvorgänge im Wirtschaftsleben", die ohne Anlass "erhoben und verarbeitet würden". Eigentlich dürften Wirtschaftsauskunfteien solche Daten seit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 nur noch speichern, wenn eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen vorliege. Die aber müssten die Mobilfunkanbieter bei ihren Kunden erst einmal vorab einholen - und darauf hätten sie nach Angaben der NRW-Datenschutzaufsicht seit drei Jahren weitgehend verzichtet, "weil sie die hohen Anforderungen an die Einwilligung scheuten".
Mobilfunkanbieter wollen weiter sammeln
Vodafone, Telefónica & Co. wollten den Aufsichtsbehörden weiter Widerstand leisten. Man teile die "Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden" nicht, so der VATM, wichtige Unternehmensinteressen würden nicht berücksichtigt. Anbieter wollen zusammen mit den Auskunfteien und dem Verband 'Die Wirtschaftsauskunfteien' - den Beschluss der Datenschutzkonferenz rechtlich überprüfen lassen", so der VATM, dem unter anderem Vodafone und Telefónica o2 angehören.
Telekom peilt Einwilligungs-Lösung an
Die Deutsche Telekom, die nicht Mitglied des Verbandes ist, teilte dagegen mit, dass sie nicht gegen die Entscheidung klagen wolle - auch wenn sie ebenfalls nicht die Sicht der Datenschützer teile. Man arbeite "aktuell an einer alternativen Lösung auf Basis einer Einwilligung."
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber betonte, der Beschluss der Datenschutzkonferenz sei eindeutig. Es gebe für die Speicherung der Handyvertragsdaten keine gesetzliche Grundlage. Er suche nun dennoch zunächst das Gespräch mit den Mobilfunkanbietern.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Datensammlung kann den Verbraucher schützen, bevor er oder sie sich mit zu vielen Verträgen in eine gefährliche finanzielle Schieflage begibt. Die Auskunfteien könnten beispielsweise Vertrauen gewinnen, wenn sie von sich aus und automatisch jedem eingetragenen Kunden regelmäßig mitteilen, was sie schon über ihn wissen oder neu erfahren haben. Dann kann der Verbraucher das mit seinen Unterlagen vergleichen und notfalls sofort Protest anmelden, wenn ein längst abbezahltes Auto, ein Haus oder ein gekündigter und abgeschalteter Handyvertrag noch gespeichert sein sollten.
Bemerkenswert ist, dass Vodafone und o2 es auf eine Klage ankommen lassen wollen, während die Telekom sich für eine rechtlich saubere Lösung interessiert. Schaut man auf die seit Jahren nicht enden wollenden Vorgänge in bestimmten Handy-Shops, sollten auch Vodafone und o2 brennend daran interessiert sein, dass es hier mit rechten Dingen zugeht.
Es kommt vor, dass Mobilfunkanbieter einen Vertrag ablehnen. Fragt man nach, warum das so ist, werden die allermeisten Anbieter sehr einsilbig. Das ist nicht Vertrauen erweckend. Wenn Informationen dem Anbieter vorliegen, dass der Kunde schon "elfundachtzig" andere Verträge hat und damit das Risiko höher wird, dass kein Geld mehr zum Erfüllen der neuen Verpflichtungen übrig bleiben könnte, sollte der Anbieter dieses Argument auch klar benennen müssen. Der Verbraucher wird dadurch freundlich erinnert, dass seine finanziellen Möglichkeiten nun einmal nicht unendlich sind.