Kein Handyvertrag? Schufa darf aufs Konto schauen
Soll die Schufa einen Blick aufs eigene Bankkonto werfen dürfen, falls man keinen Mobilfunkvertrag bekommt?
Foto: Picture Alliance / dpa
Wer irgendwann - warum auch immer - seine Rechnungen nicht bezahlen kann, landet früher oder später bei der Schufa oder einem anderen "Datensammlungsinstitut" oder auch Auskunftei genannt. Diese wurden erfunden, um den Banken, Händlern, Vermietern oder auch Mobilfunkanbietern die bange Frage zu beantworten: "Wird XY ein(e) gute(r) Kunde/in sein, kann er/sie auf Dauer die Rechnung oder Miete bezahlen?"
Größte Auskunftei: die Schufa
Soll die Schufa einen Blick aufs eigene Bankkonto werfen dürfen, falls man keinen Mobilfunkvertrag bekommt?
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Die bekannteste Datensammlung betreibt die Schufa, die sich selbst als "Deutschlands führender Lösungsanbieter von Auskunftei- und Informationsdienstleistungen für Unternehmen und Verbraucher" sieht. Insgesamt sind rund 10 000 Firmenkunden als Vertragspartner angeschlossen und 2,2 Millionen Privatkunden nutzen deren Angebote.
Die Bonitätsprüfung
Was tun, wenn ein Mobilfunkvertrag verweigert wird, weil die herkömmlichen Bonitätsinformationen nicht ausreichend sind? Gemeinsam mit der Schufa bietet der Netzbetreiber Telefónica (o2) die Risikoprüfung per Kontocheck an.
Im Rahmen einer ersten Testphase kann der Kunde "SCHUFA CheckNow" ankreuzen und erlaubt damit der Schufa, direkt auf das Bankkonto des Kunden zu schauen. Die Schufa ist also über alle Kontobewegungen auf diesem Konto informiert und kann sich daraus ein genaueres Urteil bilden, beispielsweise, dass der Kunde doch genügend regelmäßiges Einkommen oder anderweitiges Vermögen hat und somit ein Mobilfunkvertrag risikolos möglich wäre.
Die freiwillige Analyse der Kontoinformationen ist für Verbraucher kostenlos, betont die Schufa, und der Kunde muss ihr ganz explizit einen Auftrag dazu erteilen.
Im Zuge der Änderungen bei der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie (kurz PSD2) dürfen bestimmte von der BaFin-lizensierte Unternehmen, wie z.B. finAPI GmbH, eine Tochter der Schufa, sich die Konten auf Basis dieser expliziten Zustimmung anschauen, Dazu muss der Kunde sein Login für das Online-Banking verraten.
Die Schufa (in unserem Beispiel) analysiert die "bonitätsrelevanten Daten" und übermittelt anschließend ausschließlich das Ergebnis an das Unternehmen, beispielsweise den Mobilfunkanbieter. Der kann (aber muss nicht) dann neu drüber nachdenken, ob er den Kunden doch annehmen möchte. Die Kontendetails "sieht" nur die Firma finAPI, der Mobilfunkanbieter (also hier o2) erfährt davon nichts.
Im Augenblick ist das nur ein Test, aber später plant die Schufa das allen Unternehmen anzubieten, die so "wacklige Kunden" besser beurteilen können.
Und der Datenschutz?
Verbraucher- und Datenschützer sind in heller Aufregung.
"Die Kontoschnüffelei der Schufa ist nicht akzeptabel", kritisierte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Eine solch tiefe Datenauswertung der Kontobewegungen für Scoringzwecke erlaubt Rückschlüsse auf Persönlichkeit, wirtschaftlichen Status und selbst politische Orientierungen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuchteten Verbraucher." Man prüfe rechtliche Schritte für den Fall, dass die Schufa diese Pläne umsetzt.
Aus seiner Sicht werde das Problem nicht dadurch gelöst, dass Verbraucher freiwillig zustimmen müssen. Es sei nicht davon auszugehen, dass Auskunfteien Verbraucher explizit auf die Tragweite dieses Zugriffs hinweisen werden - sondern das eher im Kleingedruckten der Datenschutzbestimmungen verstecken, sagte Müller.
Die Schufa argumentierte, mit der freiwilligen Daten-Speicherung könne der Verbraucher weitere zukünftige Kontozugriffe durch Dritte vermeiden und seine Daten dennoch für ihn vorteilhaft in eine Schufa-Bonitätsbewertung einfließen lassen. Die Kontoanalyse finde nur einmal bei der Schufa statt. Die gespeicherten Kontodaten beschränken sich nach Auskunft des Unternehmens ausschließlich auf relevanten Daten zur Bonitätsbewertung und Betrugsbekämpfung.
Justizministerium hat Fragen
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, dieses neue Geschäftsmodell werfe rechtliche Fragen auf. Daher werde sich das Ministerium, das davon erst jetzt erfahren habe, dies "genau anschauen". Schließlich gehe es hier um "besonders sensible Daten" und die Verbraucher müssten stets in der Lage sein zu verstehen, wofür sie jeweils ihre Einwilligung erteilen.
Seit Einführung der Zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) ist es möglich, dass sogenannte Kontoinformationsdienste Einblick auf Konten bekommen können. Voraussetzung ist, dass der Kunde dem zustimmt. Die Schufa hatte Ende Dezember 2018 den Münchner Kontoinformationsdienst finAPI GmbH gekauft.
Update: Telefonica/o2 hat den Test noch am Freitag Abend für beendet erklärt.