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Ein 4ter Netzbetreiber ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems


16.01.2023 07:55 - Gestartet von Eisbär_Knut
Ob das Preis-Leistungsverhäktnis aus Verbraucherperpektive in Deutschland wirklich so schlecht ist sei mal dahingestellt. Doch selbst wenn dem so wäre: es ist ziemlich naiv, anzunehmen, dass ein vierter Netzbetreiber bei der Lösung eines solchen Problems eine Hilfe wäre. Die stumpfe Formel "Wettbewerb führt zu sinkenden Preisen" greift in der Telekommunikations-Industrie schlichtweg nicht. Warum? Ein vierter Netzbetreiber erhöht massiv die Gesamt-Investitionen, die durch die Industrie gestemmt umd refinanzieren werden müssen.

1&1 selber muss für mehrere Milliarden Euro eine vierte parallele Infrastruktur aufbauen (was sich ja deutlich schwieriger gestaltet als von ihnen angenommen). Die Ecobomis werden für sie schwieriger, sinkende Preise sind also nicht zu erwarten.

Auch für die anderen Netzbetreiber steigen die Kosten durch den vierten Netzbetreiber deutlich an, alleine mit Blick auf die Frequenzkosten: Ohne 1&1 wäre die Auktion in 2019 nach einem Tag vorbei gewesen und die Industrie hätte massiv Geld gespart. Gleiches gilt für die nächste Auktion um das wertvolle 800MHz Band. Es gibt 30 MHz, jeder Netzbetreiber hat aktuell 10Mhz davon und betreibt diese auf circa 20.000 Mobilfunkmasten (in der Regel mit je 3 Sektoren, d.h. jeder bestehende Netzbetreiber hat circa 60.000 Funkzellen in dem 800MHz Band, das für die Flächen und Indoor Versorgung entscheidend ist). Entsprechend wird niemand bereit sein, Spektrum hier abzugeben, damit die 1&1 dann über Jahrzehnte irgendwann und auch nur vielleicht über eine ähnliche Infrastruktur verfügen wird wie Telekom, Vodafone und Telefonica es schon heute tun. Daher droht auch diese Auktion erneut zu eskalieren und Geld zu verschlingen im Falle einer Teilnahme der 1&1.

Ein weiteres Beispiel für die Kostensteigerung ist folgendes: Die größte Hürde in den Genehmigungsverfahren für den 5G Ausbau via 3.5GHz ist die Einhaltung des kontrollierbaren Bereichs. In den Städten wird es zunehmend schwieriger, die Sicherheitsabstände sicherzustellen bei dem Spektrum, dass von allen Netzbetreibern bereits in der Luft ist. Mit einem vierten Netzbetreiber verschärft sich die Situation weiter. Die Konsequenz ist, daß vielerorts die Antennen auf Dachstandorten durch aufwendige und teure Umbaumaßnahmen einige Meter höher gesetzt werden müssen (falls die Statik des Hauses einen höhere Mast überhaupt zulässt).

Fazit: Ein vierter Netzbetreiber führt NICHT zu sinkenden Preisen, da die Netzbetreiber um knappen Ressourcen konkurrieren (imsbesondere Frequenzen und der kontrollierbare Bereich) und eine weitere Verknappung dieser Ressourcen zu steigenden Produktionskosten im Netzausbau und damit zu höheren Preisen in Richtung Endkunden führt. Der 4te Netzbetreiber führt übrigens auch nicht zu einer Verbesserung der Versorgungssituation in Deutschland, denn die verbleibenden Problemzonen im ländlichen Raum wird 1&1 ja nicht angehen sondern sie werden erstmal dort ausbauen, wo die anderen Netze heute auch schon sehr gut sind (nämlich in den Städten).

Höchste Zeit, dass die Politik diese einfachen Zusammenhänge endlich versteht. Vielleicht könntet ihr hier bei Teltarif damit anfangen und dazu beitragen, machen Mythos zum 4ten Netzbetreiber zu entzaubern, das wäre klasse.
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[1] marcel24 antwortet auf Eisbär_Knut
16.01.2023 09:45
eh die die zusammenhänge beim mobilfunk verstehen, haben wir 2030 und es gibt schon 6G !
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[2] wolfbln antwortet auf Eisbär_Knut
16.01.2023 10:53
Benutzer Eisbär_Knut schrieb:
Ob das Preis-Leistungsverhäktnis aus Verbraucherperpektive in Deutschland wirklich so schlecht ist sei mal dahingestellt. Doch selbst wenn dem so wäre: es ist ziemlich naiv, anzunehmen, dass ein vierter Netzbetreiber bei der Lösung eines solchen Problems eine Hilfe wäre. Die stumpfe Formel "Wettbewerb führt zu sinkenden Preisen" greift in der Telekommunikations-Industrie schlichtweg nicht. Warum? Ein vierter Netzbetreiber erhöht massiv die Gesamt-Investitionen, die durch die Industrie gestemmt umd refinanzieren werden müssen.

1&1 selber muss für mehrere Milliarden Euro eine vierte parallele Infrastruktur aufbauen (was sich ja deutlich schwieriger gestaltet als von ihnen angenommen). Die Ecobomis werden für sie schwieriger, sinkende Preise sind also nicht zu erwarten.



Fazit: Ein vierter Netzbetreiber führt NICHT zu sinkenden Preisen.

Da steht leider die Statistik dagegen:
Für jene, die nicht so gut Englisch können MNO steht für Mobile Network Operator (Mobilnetzbetreiber).

Monthly prices are, in average, 2x to 3.1x lower in markets with 4 or more MNOs than in markets with 3 or less MNOs while the gigabyte (unit) price is 5.4x lower.

Monthly prices are, in average,1.4x to 2.1x lower in markets where a maverick MNO is present than in markets where no maverick MNO is present while the gigabyte price is 2.2x lower.

The price disparity in markets with 4 or more MNOs versus markets with 3 or less MNOs significantly increased the last six years. Monthly and gigabyte prices have been falling faster in markets with 4 or more MNOs.

Quelle: Rewheel 2022
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[2.1] tha1212 antwortet auf wolfbln
16.01.2023 13:17
Benutzer wolfbln schrieb:
Benutzer Eisbär_Knut schrieb:
Ob das Preis-Leistungsverhäktnis aus Verbraucherperpektive in Deutschland wirklich so schlecht ist sei mal dahingestellt. Doch selbst wenn dem so wäre: es ist ziemlich naiv, anzunehmen, dass ein vierter Netzbetreiber bei der Lösung eines solchen Problems eine Hilfe wäre. Die stumpfe Formel "Wettbewerb führt zu sinkenden Preisen" greift in der Telekommunikations-Industrie schlichtweg nicht. Warum? Ein vierter Netzbetreiber erhöht massiv die Gesamt-Investitionen, die durch die Industrie gestemmt umd refinanzieren werden müssen.

1&1 selber muss für mehrere Milliarden Euro eine vierte parallele Infrastruktur aufbauen (was sich ja deutlich schwieriger gestaltet als von ihnen angenommen). Die Ecobomis werden für sie schwieriger, sinkende Preise sind also nicht zu erwarten.



Fazit: Ein vierter Netzbetreiber führt NICHT zu sinkenden Preisen.

Da steht leider die Statistik dagegen:
Für jene, die nicht so gut Englisch können MNO steht für Mobile Network Operator (Mobilnetzbetreiber).

Monthly prices are, in average, 2x to 3.1x lower in markets with 4 or more MNOs than in markets with 3 or less MNOs while
the gigabyte (unit) price is 5.4x lower.

Monthly prices are, in average,1.4x to 2.1x lower in markets where a maverick MNO is present than in markets where no maverick MNO is present while the gigabyte price is 2.2x lower.

The price disparity in markets with 4 or more MNOs versus markets with 3 or less MNOs significantly increased the last six years. Monthly and gigabyte prices have been falling faster in markets with 4 or more MNOs.

Quelle: Rewheel 2022

Ich hab keine Ahnung welche Studie das genau sein soll, aber auf Deutschland als Markt trifft die nicht zu...

Wir sehen doch wie unbeeindruckt sich D1 und D2 von den Preisen und Volumen von O2 zeigen - zumal die positionen abgesteckt sind... Die Kunden sind ja jetzt schon auf die vier aufgeteilt und wer vorher nicht wechselte, macht es jetzt auch nicht... Zumal - was soll sich an den 1&1 Preisen groß nach unten ändern?! Ob die bis Jahresmitte überhaupt mehr als 3, 30, 300 eigene Stationen haben ist fraglich und soforn die BNetzA nicht stark in den Markt eingreift wüsste ich keinen Grund, warum jetzt o2 deutlich günstigere Preise für 1&1 machen sollte, dafur das sie quasi weiter nur Reseller sind...

Wenn also ab Sommer 1&1 im besten Fall 5 Euro günstiger ist, ist das nicht wirklich der Gamechanger, zumal sich abgezeichnet (und das ist schlau) das sich O2 vermehrt auf 5G konzentriert, um mehr Leute von den Resellern als Vertragskunden zu gewinnen und allen voran 1&1 nicht noch zuzuarbeiten, indem ihr 4G Netz wunschlos glücklich macht...

Ich sehe als den Einstieg von 1&1 eher schädlich - wer 1&1 Kunde ist, kann auch direkt zu O2 gehen und mit den 20MHz in B1 (von den 40Mhz, womit O2 bisher so viel hat wie D1 und D2 jeweils), kann 1&1 nach 2025 deutlich weniger anfangen als O2, dass sollte wohl gewiss sein - da ändert auch nichts daran das sie Verträge mit Standortbetreibern haben... Aus dem Grund gibt es hier auch genug Stationen wo vorher nachweislich UMTS lief, aber bis heute kein LTE2100, zum einen wegen der Unsicherheit, zum anderen wohl um 1&1 nicht auch noch zuzuarbeiten und die restlichen 20MHz zur Verfügung zu stellen... Zugeben das betrifft vor allem Stationen hier auf dem Land wo ohnehin LTE1800 (B3) verfügbar ist, aber mehr ist in dem Fall mehr und das wäre in Zukunft sicher ein Vorteil, nicht zuletzt weil die anderen Beiden das bisher mit B3 auf dem Land vernachlässigt haben - für die Telekom war 1800 eine reine Stadtfrequenz, es schien gar absurd für die vor der 3G abschaltung überhaupt sowas in Betracht zu ziehen... Mit den potentiellen (rein durch Wechsel von Linecard für LTE2100) Standorten mit 800,1800 und 2100 auf dem Land, was hier sehr häufig möglich wäre, hätten die echt einen Stein im Brett... Nunja...

Und N78? Ist bei 1&1 doch nur eine reine Machbarkeitsstudie bis die so viele Standorte haben wie die anderen (wenn überhaupt) mit den 50MHz könnten man die anderen drei jeweils auf 100MHz auffüllen und die könnten wirklich was bewegen...
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[2.2] Eisbär_Knut antwortet auf wolfbln
16.01.2023 21:51
Ich halte nicht viel davon, Statistiken anderer Ländern ohne weiteres auf Deutschland zu übertragen. Die Markt-Situationen und Markt-Dynamiken sind oftmals nicht vergleichbar. Beispiel: Iliad hat als 4ter Netzbetreiber in Italien zu einem Preisverfall geführt. Aber Ilias hatte im Gegensatz zu 1&1 zum Zeitpunkt des Markteintritts auch keine Bestandskunden, was einen großen Unterschied macht und generell können ganz andere strategische Ziele vermutet werden, die so in Deutschland nicht verfangen würden.

Entscheidend ist es aus meiner Sicht daher vielmehr, die kausale und spezifischen Zusammenhänge in unserem Setting hier in der BRD zu verstehen. Und da sehe ich aus den oben skizzierten Gründen keinen Grund, warum ein 4ter Netzbetreiber zu einer Senkung der Preise führen sollten. Aber nennen Sie mir gerne Gründe, ich bin immer offen für neue Einblicke!