Disney: Scheitert CEO Bob Chapek?
Unterkühltes Verhältnis: Disney-CEO Bob Chapek (r.) und Vorgänger Bob Iger
Foto: Disney
Wer als Schauspieler in Hollywood ganz nach oben wollte, kam früher oder später mit Bob Iger ins Gespräch. Ob in den Studios von Disney, Pixar, Fox oder bei gigantischen Franchises wie Marvel und Star Wars - als CEO der Walt Disney Company hatte Iger überall das letzte Wort. So verdankte beispielsweise Johnny Depp dem Topmanager mit "Fluch der Karibik" seinen (auch finanziell) größten Erfolg.
Ohne Iger wäre Disney nicht, was es heute ist, nämlich der weltweit relevanteste Medienkonzern. Er verwandelte das Trickfilmstudio-Vermächtnis von Firmengründer Walt Disney in ein diversifiziertes Konglomerat, welches in ausnahmslos allen Geschäftsbereichen weltweit führend ist. Vor allem natürlich im Studiogeschäft: Denn die vier wichtigen Zukäufe Pixar, Star Wars, Marvel und 20th Century Fox machen den Entertainment-Giganten in Hollywood heute nahezu unantastbar. Ob das in Zukunft so bleibt, ist allerdings fraglich. Igers Nachfolger Bob Chapek gibt sich augenscheinlich viel Mühe, das Vermächtnis wieder einzureißen.
Strategische Fehler
Unterkühltes Verhältnis: Disney-CEO Bob Chapek (r.) und Vorgänger Bob Iger
Foto: Disney
Im Verwaltungsrat der Walt Disney Company genießt Chapek (noch) Rückhalt, sein Vertrag wurde um eine zweite Amtszeit verlängert. Das allerdings kam für viele Beobachter mehr als überraschend, denn der CEO hat innerhalb und außerhalb des Mickey Mouse-Konzerns einen Scherbenhaufen hinterlassen. Das liegt vor allem an Einsparungen und Personalquerelen, zuletzt musste TV-Content-Chef Peter Rice unerwartet seinen Hut nehmen. In Erinnerung bleibt außerdem ein für Disney peinlicher Rechtsstreit mit "Black Widow"-Hauptdarstellerin Scarlett Johansson.
Die Schauspielerin fühlte sich von Disney an der Nase herumgeführt, denn sie sollte nach eigener Aussage vertraglich an den Kinoeinnahmen ihres Films profitieren. Da der Streifen aber nahezu parallel beim Streaming-Dienst Disney+ erschien, gingen viele Fans nach Einschätzung Johanssons gar nicht erst ins Kino, dementsprechend fielen auch ihre Erträge aus der Box Office-Beteiligung mutmaßlich geringer aus. Der Streit wurde öffentlich ausgetragen, was auch Ex-CEO Iger zutiefst enttäuschte. Chapek wiederum zeigt sich persönlich gekränkt, weil sein Vorgänger ihm in den Medien öffentlich anbot, während der Pandemie bei der Führung von Disney zu helfen - was dieser wiederum als Vorwurf von Inkompetenz auffasste. Mitunter deshalb gilt das Verhältnis beider Manager mittlerweile als unterkühlt.
Politischer Dauerstreit
Auch in anderen Bereichen machte Chapek bisher keine gute Figur. Vor allem der politische Dauerzwist mit Floridas republikanischen Gouverneur Ron DeSantis brachte Disney erneut immer wieder Negativschlagzeilen ein. Dieser gipfelte zuletzt im sogenannten "Don't say Gay"-Gesetz. Während sich der CEO trotzdem einerseits nach innen bemühte, Disney ein linksliberales Image zu verpassen, wuchs außerhalb der Mauern vom Cinderella-Schloss die Wut auf den Mickey Mouse-Konzern: Zu woke, zu sehr am Zeitgeist orientiert, insgesamt zu politisch und vor allem zu nah an den Demokraten in Washington.
Zwar wird Disney an diesem Spagat nicht zerbrechen, doch ist der Medienkonzern unter Chapek längst nicht mehr so unantastbar wie unter seinem Vorgänger. So verpasste auch Iger dem Unternehmen mehr Diversity - der Marvel-Blockbuster Black Panther mit dem mittlerweile verstorbenen Hauptdarsteller Chadwick Boseman galt ihm als persönliche Herzensangelegenheit - doch war er durch seinen wirtschaftlichen Erfolg bei Disney de facto über jegliche politische Kritik erhaben. Die Republikaner allerdings erkannten Chapeks Schwäche schnell und werden nun zweifelsohne alles tun, um dem unglücklich agierenden Disney-Chef das Leben möglichst schwer zu machen.
Trotz Streaming first: Disney setzt weiterhin auf TV-Geschäft