Startschuss

Digitale Stellwerke: 350 Kilometer Bahn-Teststrecke

Mehr Klima­schutz, weniger Lärm, auto­mati­sierte Steue­rung der Züge: Das sind Ziele der Bahn. Die Digi­tali­sie­rung soll dafür ausge­baut werden, mancher­orts ist sie noch nicht weit entwi­ckelt. Das soll sich dank einer neuen Riesen-Test­strecke ändern.
Von dpa /

Digitales Testfeld der Bahn in Cottbus Markus Hecht (M) erklärt Andreas Scheuer (r, CSU) die Technik zur Eröffnung eines digitales Testfeld der Deutschen Bahn auf einem Bahnsteig in Cottbus.
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Patrick Pleul
Die Deut­sche Bahn will mit mehr digi­taler Technik klima­freund­licher und lärm­scho­nender werden und den Zugver­kehr besser steuern - das soll in Ostdeutsch­land erprobt werden. Bundes­ver­kehrs­minister Andreas Scheuer (CSU) und der Chef der DB Netz AG, Frank Senn­henn, eröff­neten heute in Cottbus ein soge­nanntes offenes digi­tales Test­feld.

Dafür soll länger­fristig ein Stre­cken­netz in Sachsen-Anhalt, Bran­den­burg und Sachsen zwischen Halle (Saale), Cottbus und Niesky nahe Görlitz von 350 Kilo­metern Länge im "Live­betrieb" genutzt werden. Das Test­feld ist nach Angaben des Bundes­ver­kehrs­minis­teriums das erste seiner Art in Europa - es ist auch offen für andere Anbieter wie Start-ups.

Nächstes Projekt: Digi­tale auto­mati­sche Kupp­lung

Digitales Testfeld der Bahn in Cottbus Markus Hecht (M) erklärt Andreas Scheuer (r, CSU) die Technik zur Eröffnung eines digitales Testfeld der Deutschen Bahn auf einem Bahnsteig in Cottbus.
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Patrick Pleul
"Dieses Projekt ist echt einzig­artig in Europa", sagte Scheuer. Er nannte digi­tale Stell­werke als ein Beispiel für geplante Inno­vationen. Bis 2025 solle in der Region Stutt­gart der erste digi­tale Bahn­knoten mit Fern-, Regional- und S-Bahnen entstehen. Er vertei­digte das umstrit­tene Bahn­pro­jekt Stutt­gart 21. Die verbes­serte Infra­struktur sei für den digi­talen Bahn­knoten notwendig. "Die digi­tale auto­mati­sche Kupp­lung ist das nächste große Projekt, da brau­chen wir Europa dazu", sagte Scheuer.

DB-Netz-Chef Senn­henn brachte als ein Beispiel für mehr Digi­tali­sie­rung die Planung des Zugbe­triebs bei Störungen. Mit digi­taler Technik könne etwa bei Verzö­gerungen durch eine Baustelle für einen Zug deutsch­land­weit ein neuer Fahr­plan errechnet und aufge­spielt werden, sagte Senn­henn. Der Fahr­zeug­führer könne sofort erkennen, wo er fahren müsse. Wenn er auf ein rotes Signal treffe, könne er schon vorher lang­samer fahren, den Zug ausrollen lassen und damit Energie sparen. Mehr Digi­tali­sie­rung für Schienen und Stell­werke habe prak­tisch eine Bedeu­tung wie die Apps für ein Handy. Auch auto­nomes Fahren soll auf den Stre­cken erprobt werden.

Nach Ansicht von Bran­den­burgs Infra­struk­tur­minister Guido Beer­mann (CDU) eignet sich die Lausitz beson­ders als Modell­region für den Einsatz inno­vativer Schie­nen­technik. "Es gibt keinen besseren Standort, den man finden konnte als Cottbus", sagte Beer­mann. Die Lausitz in Bran­den­burg und Sachsen ist vom Braun­koh­leaus­stieg stark betroffen. Deshalb fließen dorthin auch verstärkt Bundes­mittel - wie etwa für den Ausbau des Instand­hal­tungs­werks der Bahn in Cottbus. Digi­tale Test­felder gibt es schon anderswo - etwa eine 5G-Test­strecke im Erzge­birge in Sachsen, aber nicht für fremde Anbieter.

Kompletter Glas­faser­ausbau bis 2027 geplant

Für das neue offene Test­feld ist nach Angaben des Minis­teriums der Einsatz von 4,5 Millionen Euro für Ausstat­tung und Test­fahr­zeuge für den Bundes­haus­halt 2022 einge­plant. Bis 2027 will die Bahn das gesamte Stre­cken­netz in Deutsch­land zudem mit Glas­faser ausbauen. "Mit mir als Minister wird es an den Themen bei der Digi­tali­sie­rung des Bahn­ver­kehrs nicht am Geld schei­tern", sagte Scheuer. Er will als Minister trotz Kritik wegen der geschei­terten Pkw-Maut auch in einer künf­tigen Regie­rung weiter­machen, wie er vor einigen Tagen ange­kün­digt hatte.

Der Digi­tal­minister musste aber auch Kritik loswerden. Scheuer war auf der Hinfahrt nach Cottbus nach eigenen Worten nicht mit dem Mobil­funk­netz zufrieden. Wegen Bauar­beiten auf der direkten Strecke von Berlin war er über Frank­furt (Oder) nach Cottbus gefahren. "Es war grau­enhaft", sagte er über die Netz­abde­ckung. Er habe sich zwar über WLAN einwählen können, der Anspruch müsse aber sein, überall Glas­faser und Mobil­funk­netz zu haben. "Es war eine schöne Fahrt, aber es war keine Fahrt im 21. Jahr­hun­dert."

Die hessi­sche Oden­wald­bahn stand einst vor der Still­legung. Sie wurde erfolg­reich wieder­belebt und bekommt jetzt Glas­faser - und hoffent­lich Netz.

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