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Editorial: Noch 'ne Insel

4D-Barcodes für Datenübermittlung im Nahbereich: top oder flop?
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Neue Technologien setzen sich in der Regel wegen einem der beiden folgenden Gründe durch: Sie bringen dem Nutzer so viele Vorteile, dass die Erstkunden bereit sind, den für sie anfallenden hohen Preis dennoch zu bezahlen und die Nachteile aus fehlender Standardisierung dennoch hinzunehmen. Typische Beispiele hierfür sind das Auto, das Festnetztelefon und später das Mobiltelefon. Diese stark gewollten Technologien setzen sich auch dann durch, wenn sie anfangs nur als Insellösung existieren, man denke etwa an die A-, B- und C-Netze für Autotelefone. Alle anderen Technologien haben hingegen nur eine Chance als Zusatzfunktion in einem bestehenden Produkt, die sich für die Verbraucher dennoch als nützlich erweist. Typisches Beispiel hierfür ist die SMS. Pager als spezielle Messaging-Endgeräte haben sich hingegen in Europa nie durchsetzen können.

Scheinbar alles richtig gemacht haben die Banken: Sie haben in ein bestehendes System, die EC- und Kundenkarten, eine neue Funktion eingebaut, nämlich den Geldkarten-Chip, und die neuen Karten ohne Aufpreis an die Kunden verteilt. Dennoch fehlt bis heute die Akzeptanz. Der Fehler: Die nötige initiale Aufladung der Geldkarte wird von den Kunden als Investition empfunden. Hätten die Banken stattdessen von vornherein 50 Euro aufgeladen, mit der Maßgabe, dass der Kunde nur den tatsächlich verbrauchten Betrag an die Bank zurückbezahlen muss bzw. dafür Kreditzinsen bezahlen muss, dann hätten von vornherein viel mehr Kunden die Geldkarte ausprobiert. Auch die Kreditkarte hat sich als Kreditkarte und nicht als Guthabenkarte durchgesetzt. Damit es wegen der initialen 50-Euro-Aufladung nicht später Ärger gibt, wenn ein Kunde eine Karte verliert oder achtlos wegschmeißt, hätte das Geldkartensystem allerdings um zusätzliche Funktionen wie das Sperren und das Rückerstatten des Guthabens auf verlorenen, vernichteten oder gestohlenen Karten erweitert werden müssen. Mit diesen Zusatzfunktionen entspräche die Geldkarte aber weitgehend dem System, mit dem man heute mit PIN und EC- oder Bankkarte im Laden bezahlen kann. Und dieses ist ja erfolgreich.

NFC-Modus für Bluetooth hat bestes Potenzial

Was lernt man: Standards für Technologien vom Typ "nett zu haben" müssen in den Markt, bevor die Technologie sich durchsetzt, nicht umgekehrt. Die Standards müssen bequem zu bedienen und für den Kunden durchschaubar sein. Und sie dürfen nicht zu Aufpreisen führen, zur Installation neuer Software oder dergleichen mehr. Die Idee, sich aus einem Coca-Cola-Plakat gleich den neuen Coca-Cola-Song aufs Handy laden zu können, findet eine bestimmte Zielgruppe sicher cool. Sie wird sich aber dafür nicht vorab extra Software aufs Handy laden, damit sie später per vierdimensionalen Barcode unterwegs spontan aus einem Plakat einen Song laden kann. Die Infrastruktur in den Endgeräten muss bereits vorhanden sein, dort darf man auch nicht mehr als drei bis vier Tasten drücken müssen.

Der jüngst vorgestellte NFC-Modus für Bluetooth hat meines Erachtens das beste Potenzial, sich in diesem Markt durchzusetzen. Bluetooth-Chips sind bereits in vielen ausgelieferten Handys enthalten; NFC ist diesbezüglich eine Erweiterung einer bestehenden Technologie mit nur minimalen Zusatzkosten. Wird diese Funktion zudem leicht bedienbar in eine Vielzahl von Geräten eingebaut, dann steht der Einlasskontrolle per Handy oder dem schnellen Fotoaustausch tatsächlich nichts mehr im Weg. Vierdimensionale Videobarcodes könnten sich hingegen in dem dicken Buch der nicht durchgesetzten Technologien wiederfinden.

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