Themenspezial: Verbraucher & Service Weiße Weste

Guter Ruf: Dem Netz das Vergessen beibringen

Der gute Ruf ist wichtig im Privat­leben, noch wich­tiger aber im Job. Pein­liche Jugend­sünden können einem ebenso schaden wie Unwahres. Das Internet vergisst nichts. Oder inzwi­schen doch?
Von dpa /

Party-Fotos im Netz: Selbst löschen lassen ist günstiger Party-Fotos im Netz: Selbst löschen lassen ist günstiger (Symbolbild)
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Es gilt als eitel, ist aber sinn­voll: Den eigenen Namen im Netz suchen. So kommt man Nega­tivem auf die Spur, das über einen im Internet kursiert. Sei es ein unbe­dachter Post im Forum mit uner­war­teten Folgen, ein miss­ver­ständ­licher Kommentar unter einem Artikel oder ein unvor­teil­haftes Party-Foto, das prompt in den sozialen Netz­werken die Runde macht. Gele­gen­heiten, den eigenen Ruf erheb­lich und dauer­haft zu schä­digen, gibt es en masse.

Auf der einen Seite kann man das Internet und seine Öffent­lich­keit natür­lich für sich nutzen. Platt­formen wie Twitter oder auch Linkedin seien eine Spiel­wiese fürs Selbst­mar­keting geworden, meint Jo Bager vom der "c't". Das kann aber auch zum Problem werden, wenn etwa der neue Wunsch-Arbeit­geber den Namen des Bewer­bers googelt.

Privates sei zwar tatsäch­lich Privat­sache, erklärt der Berliner Rechts­anwalt Thomas Schulte: "Laut euro­päi­scher Daten­schutz­grund­ver­ord­nung müsste der Betrof­fene einer solchen Suche zustimmen, doch gibt es bislang keine genaue Rege­lung und auch keine Urteile", so der Experte für Repu­tati­ons­recht. Kaum ein Bewerber wird je erfahren, ob er die Stelle wegen pein­licher Auftritte im Netz nicht bekommen hat. In jedem Fall belasten sie das Gesamt­bild.

Vorsorge ist besser

Party-Fotos im Netz: Selbst löschen lassen ist günstiger Party-Fotos im Netz: Selbst löschen lassen ist günstiger (Symbolbild)
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"Vorsorge ist besser als Nach­sorge", meint Schulte. Also grund­sätz­lich keine feucht-fröh­lichen Party-Fotos online stellen, nicht aus Emotionen heraus wütende Kommen­tare schreiben, sondern immer vor Augen halten, dass Entglei­sungen jahre­lang auffindbar sind.

Der alte Satz vom Netz, das nichts vergisst, stimme indes nicht, sagt Jo Bager. Man könne nach­helfen, obwohl das fast immer mit Anstren­gungen verbunden sei: "Zum einen stellen Anbieter den Betrieb ein, dann verschwinden auch die Daten von dort. Zwei­tens kann man Inhalte auf der Website löschen lassen. Und man kann dem Netz dabei helfen, die Daten nahezu unsichtbar zu machen".

Wie geht man zunächst bei der Recherche in eigener Sache vor? Es gibt dafür profes­sio­nelle Anbieter, die gegen Bezah­lung "dunkle Flecken" aufspüren und tilgen. Das Meiste könne man jedoch selbst erle­digen, meint Bager. Der erste Schritt sei die Eingabe des eigenen Namens bei verschie­denen Such­maschinen.

Wer das auto­mati­sieren möchte, kann etwa beim Markt­führer einen soge­nannten Google Alert einrichten. Dieser meldet dann per Mail, wenn der eigene Name auf Seiten auftaucht. Der Alert umfasst aber keine sozialen Netz­werke, so gut wie keine Foren und auch nicht das Dark Web.

Direkt anspre­chen

Sollte Uner­wünschtes auftau­chen, gebe es Lösch-Möglich­keiten, erklärt Bager: "Man sollte den Urheber oder den Seiten­betreiber direkt anspre­chen und verlangen, dass das gelöscht wird." Falls der ablehnt, wendet man sich an den Dienste-Anbieter, insbe­son­dere dann, wenn ein Verstoß gegen das Persön­lich­keits­recht vorliegt.

Lösch­anträge nehmen inzwi­schen fast alle großen Akteure des Inter­nets entgegen. Doch eine Garantie, dass tatsäch­lich gelöscht wird, gebe es nicht, schränkt Rechts­anwalt Schulte ein: "Es geht ja nicht nur um den Betrof­fenen, sondern auch um die Rechte anderer, zum Beispiel die Rechte der Presse und die Meinungs­frei­heit. Deshalb gibt es verschie­dene Lösungs­stra­tegien auf verschie­denen Rechts­ebenen".

Google oder andere Such­maschinen können natür­lich nur die Such­ergeb­nisse löschen, nicht aber die Seite, auf der die kriti­sche Infor­mation steht. Nach Ansicht von Jo Bager ist das Löschen bei Google aber schon ein wich­tiger Schritt, "weil man ein Formular ausfüllen muss, Google jeden Fall ausführ­lich prüft und bei weitem nicht jedes Löschungs­gesuch erfüllt" (Face­book: Entfernen von Inhalten aufgrund von Rechts­ver­stößen).

Selbst lösch­aktiv werden

Kommer­zielle Lösch­anbieter werben damit, das gegen Gebühr zu erle­digen. Entweder einmalig oder als Abo-Modell für eine dauer­hafte Prüfung. Laut Jo Bager kann sich "Otto Normal­user" dieses Geld sparen, selbst suchen und aktiv werden.

Oft hat es aber nichts mit dem eigenen Verhalten oder unacht­samen Postings zu tun, wenn man belei­digt oder der eigene Name miss­braucht wird. Ist man etwa Opfer eines Iden­titäts­dieb­stahls geworden, kaufen Krimi­nelle auf den eigenen Namen ein, produ­zieren horrende Rech­nungen oder hetzen in Foren. Dann gilt: "Auf jeden Fall die Polizei einschalten und dann wachsam sein wie ein Fuchs", rät Schulte.

Wenn es über­haupt so etwas wie Präven­tion geben kann, lautet Jo Bagers Rat: "Inhalte, die man postet, sollte man so behan­deln, als würde man sie einem Fremden geben." Die Frage: "Kann das getrost jeder sehen?" Zwar ließen sich Face­book, Insta­gram & Co so einstellen, dass bestimmte Postings nur Freunden sehen können. "Werden diese Inhalte aller­dings geteilt, können auch sie die Runde machen", warnt Bager. Daher: Vor einem Post zweimal nach­denken.

Wer hingegen von verstor­benen Ange­hörigen die Online-Accounts über­nehmen muss, steht mögli­cher­weise vor Problemen. Inzwi­schen gibt es aber zahl­reiche Möglich­keiten, schon zu Lebzeiten zu regeln, was mit den eigenen Accounts geschehen soll.

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