Themenspezial: Verbraucher & Service Recht auf Vergessen

Google: BGH verhandelt über Löschpflicht

Im Netz vergessen zu werden - von alleine klappt das nicht. Zwei Kläger wehren sich nun vor dem Bundes­ge­richtshof dagegen, dass Google Artikel zu ihren Namen verlinkt. Müssen die Fragen dem Euro­päi­schen Gerichtshof vorge­legt werden?
Von dpa /

BGH muss zum Recht auf Vergessen urteilen BGH muss zum Recht auf Vergessen urteilen
Bild: dpa
Der Bundes­ge­richtshof (BGH) in Karls­ruhe muss zwei Klagen zur Lösch­pflicht von Google und damit zum soge­nannten Recht auf Vergessen entscheiden. Im Mittel­punkt stand bei der Verhand­lung Artikel 17 der EU-weit geltenden Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung: Demnach haben Betrof­fene grund­sätz­lich einen Anspruch darauf, dass ihre Daten gelöscht werden - aller­dings nicht in jedem Fall.

"Das Recht auf Schutz perso­nen­be­zo­gener Daten ist kein unein­ge­schränktes Recht", betonte der Vorsit­zende Richter Stephan Seiters. Sorg­fältig müssten dagegen auch andere, gleich­ran­gige Unions­grund­rechte wie das Recht auf freie Meinungs­äu­ße­rung oder Infor­ma­ti­ons­frei­heit abge­wogen werden.

Älteren nega­tive Berichte im Netz

BGH muss zum Recht auf Vergessen urteilen BGH muss zum Recht auf Vergessen urteilen
Bild: dpa
Die beiden vor dem BGH disku­tierten Fälle unter­scheiden sich dabei deut­lich: In einem will der Ex-Regio­nal­chef eines großen Wohl­fahrts­ver­bandes errei­chen, dass bei der Suche nach seinem Namen keine älteren nega­tiven Berichte über ihn mehr verlinkt werden. Die dama­lige Bericht­erstat­tung sei wegen des öffent­li­chen Inter­esses berech­tigt gewesen, sagte Seiters. Eine Rolle könne aber die Zeit spielen. Die Vorfälle - die finan­zi­elle Schief­lage des Verbandes und die Erkran­kung des dort in führender Posi­tion arbei­tenden - und die Bericht­erstat­tung dazu reichen bis ins Jahr 2011 zurück. (Az.: VI ZR 405/18).

In den Vorin­stanzen war der Mann geschei­tert. Das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Frank­furt hatte das Recht der Öffent­lich­keit auf Infor­ma­tion höher bewertet als das Recht des Mannes, über die Verwen­dung seiner Daten zu bestimmen. Es müsse immer auch den Beson­der­heiten des Einzel­falles Rech­nung getragen werden.

Verlin­kung auf kriti­sche Artikel und Fotos

Der zweite Fall löste am Dienstag einen längeren Schlag­ab­tausch der Anwälte aus: Hier klagen ein Mann und seine Lebens­ge­fährtin gegen die Verlin­kung auf kriti­sche Artikel über sie sowie auf Fotos von ihnen, sobald ihr Name oder der der Gesell­schaften, für die sie arbeiten, bei Google gesucht werden. (Az.: VI ZR 476/18). Das Paar beruft sich darauf, dass die verlinkten Artikel unwahr seien. Google wiederum erklärt, dies nicht über­prüfen zu können und auch nicht zu müssen. Auch hier schei­terten die Kläger in den Vorin­stanzen. Dem OLG Köln zufolge müssen die Kläger beweisen, dass die Artikel unwahr sind - und Google müsste erst dann löschen.

Einbe­zie­hung des EuGH könnte notwendig werden

Es handele sich um zwei äußerst wich­tige Klagen, sagte Chris­tian Solmecke, Experte für Inter­net­recht. "Tatsäch­lich sind Löschungs­fragen nach der neuen EU-DSGVO bislang nicht höchst­rich­ter­lich geklärt und das Recht auf Verges­sen­werden ein hohes Gut." Eine Vorab­frage an den EuGH würde daher durchaus Sinn ergeben.

Auch die Anwälte der Kläger regten jeweils an, die Fragen dem Euro­päi­schen Gerichtshof vorzu­legen. Eine Entschei­dung des BGH wird erst in den nächsten Wochen ergehen. Google wollte sich davor nicht äußern.

Das Recht auf Verges­sen­werden ist in der seit Mitte 2018 EU-weit geltenden DSGVO veran­kert. Vier Jahre zuvor hatte ein wegwei­sendes Urteil des EuGH dieses Recht in den Fokus gerückt: In der als Google Spain bezeich­neten Entschei­dung bekam ein Spanier gegen Google recht. Damit musste der Such­ma­schi­nen­be­treiber Treffer löschen, die auf eine lange zurück­lie­gende Pfän­dung verwiesen. Auch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt hatte bereits mehr­fach zum Recht auf Vergessen gespro­chen.

Mehr zum Thema Google Suchmaschine