Steigerung

Telekom rechnet mit steigender Nachfrage nach FTTH

Im Inter­net­zeit­alter gehen Daten­mengen durch die Decke, Strea­ming ist heute fester Bestand­teil des Alltags. Bei der Glas­faser macht die Telekom Tempo.
Von mit Material von dpa

In ihrem Geschäft mit Glas­faser-Inter­net­kunden will die Deut­sche Telekom in diesem Jahr kräftig zulegen. Wie die Telekom heute erläu­terte, war bis zum Jahres­wechsel in 7,9 Millionen Haus­halten "Fiber to the Home" (FTTH) verfügbar, also 2,5 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. 2024 sollen "nach Ansicht des Telekom-Teams" 2,5 Millionen neue Anschlüsse dazu­kommen. Telekom-Chef Tim Höttges hätte liebend gerne 3 Millionen mehr pro Jahr und bemerkte dazu schmun­zelnd: "Ich weiß, ich bin hier der Skla­ven­treiber".

Viele schre­cken noch vor der Glas­faser zurück

Insge­samt hatten bis Ende 2023 nur knapp eine Million einen entspre­chenden FTTH-Vertrag abge­schlossen. Die Mehr­heit verzichtet also derzeit noch auf das wesent­lich schnel­lere und stabi­lere, aber von vielen als "teuer" empfun­dene Glas­faser-Fest­netz. Gut gelaunt und sehr detailliert stellten Telekom CEO Tim Höttges (re.) und Finanzvorstand Christian P. Illek (li.) die aktuellen Geschäfts- und Quartalszahlen vor. Gut gelaunt und sehr detailliert stellten Telekom CEO Tim Höttges (re.) und Finanzvorstand Christian P. Illek (li.) die aktuellen Geschäfts- und Quartalszahlen vor.
Deutsche Telekom AG / Norbert Ittermann

Telekom rechnet mit Stei­gerung

Im vergan­genen Jahr stieg die Zahl der FTTH-Kunden pro Quartal in der Spanne 64.000 bis 88.000. Dieses Jahr rechnet Telekom-Finanz­vor­stand Chris­tian Illek damit, dass man pro Quartal "durch die Hundert­tau­send durch­laufen", also sechs­stellig sein werde.

Glas­faser gilt unter Fach­leuten als die Schlüs­sel­tech­nologie, um Deutsch­land für das Digi­tal­zeit­alter fit zu machen, worin die Über­tra­gung riesiger Daten­mengen immer wich­tiger wird. Im Gegen­satz zum Internet über die klas­sischen Tele­fon­lei­tungen auf Kupfer­basis (VDSL-Technik) bietet FTTH große Band­breiten, die stabil und sehr schnell über­tragen werden können. Ein Gigabit oder sogar mehr pro Sekunde sind - sofern benö­tigt - leicht möglich. Auch das Fern­seh­kabel (Koaxi­alkabel) gilt perspek­tivisch unter Fach­leuten als Auslauf­modell.

2030 Glas­faser für alle?

Die Bundes­regie­rung hat das Ziel formu­liert, bis 2030 Glas­faser für alle Haus­halte zur Verfü­gung zu haben. Die Telekom hat nach Exper­ten­mei­nung bislang mit großem Abstand am meisten FTTH verlegt, Wett­bewerber Voda­fone stieg mit seiner Toch­ter­firma OXG erst spät in den Massen­ausbau ein. Konkur­rie­rende Anbieter wie die Deut­sche Glas­faser versu­chen eben­falls mitzu­mischen, sind aber deut­lich kleiner als der Magenta-Platz­hirsch und kämpfen außerdem mit zahl­rei­chen orga­nisa­tori­schen Problemen.

Take-Up-Rate zu gering?

Rech­nerisch liegt die Aufnah­mequote (Fach­begriff "Take-Up-Rate") - also das Verhältnis der genutzten Glas­faser-Anschlüsse zu den tech­nisch verfüg­baren Anschlüssen - nur bei circa 13 Prozent. Telekom-Chef Tim Höttges möchte in den nächsten Jahren bei 30 bis 40 Prozent landen. "Die Inves­titionen werden sich lang­fristig lohnen", ist sich Telekom-Finanz­vor­stand Chris­tian P. Illek sicher.

Glas­faser braucht Zeit

Auf die Frage, warum bisher nur so ein kleiner Anteil der Menschen zuge­griffen und Glas­faser-Speed gebucht hat, erklärte Illek, dass es nun mal Zeit brauche, bis die Nach­frage stark anziehe. Außerdem sei die Telekom keines­wegs auf FTTH ange­wiesen, da man ja auch "Super-Vecto­ring" anbiete - also Tele­fon­lei­tungen, auf denen aus tech­nischen Gründen ein maxi­males Down­load-Tempo von 0,25 Gigabit pro Sekunde (250 MBit/s) möglich ist.

Illek sieht das prag­matisch: Das einzig Entschei­dende sei, dass die Menschen bei der Telekom Kunden würden, sagte der Finanz­vor­stand. "Wenn sie sagen, mir reicht auch ein Vecto­ring-Anschluss in meiner Umge­bung, dann ist das auch etwas Gutes." Insge­samt gewinne die Telekom konti­nuier­lich Markt­anteile hinzu.

Umsatz durch Wech­sel­kurs leicht gesunken

Höttges und Illek stellten heute die Konzern­zahlen für das abge­lau­fene Geschäfts­jahr vor, in dem der Umsatz wegen nega­tiver Wech­sel­kurs­effekte um 2,1 Prozent auf knapp 112 Milli­arden Euro sank.

Ohne diese Wech­sel­kurs­effekte wäre es - wie berichtet - ein kleines Plus gewesen. Der Netto­gewinn lag bei 17,8 Milli­arden Euro, also mehr als eine Verdopp­lung. Der Zuwachs entstand durch den Verkauf der Mehr­heit der Funk­turm­sparte an Finanz­inves­toren. Dieses Jahr traue man sich zu, "noch eine Schippe drauf­zulegen", kündigte Höttges an. Das opera­tive Ergebnis (Ebitda AL), das 2023 nur um 0,7 Prozent stieg, soll 2024 um rund sechs Prozent zulegen.

Telekom: 1,23 Millionen Neukunden in 2023, 360.000 im letzten Quartal

Die Erfolgserlebnisse der Telekom auf einem Chart komprimiert. Die Erfolgserlebnisse der Telekom auf einem Chart komprimiert.
Grafik: Deutsche Telekom
In Deutsch­land liefen die Geschäfte gut: Der Umsatz stieg um 2,8 Prozent auf 24,5 Milli­arden Euro und das opera­tive Ergebnis um 4,1 Prozent auf 9,8 Milli­arden Euro. Im Werben um Kunden hatte die Telekom die Nase vorn: Während Voda­fone die Zahl seiner Mobil­funk-Vertrags­kunden im Jahres­end­quartal nur um rund 95.000 erhöhen konnte und Telefónica Deutsch­land (o2) immerhin um 284.000, legte die Telekom in Deutsch­land um 360.000 neue Mobil­funk­kunden im letzten Quartal zu. Im gesamten Jahr stießen unterm Strich 1,23 Millionen Neukunden im Mobil­funk zur Telekom.

Höttges stellte anhand von Grafiken und Tabellen den Geschäfts­ver­lauf der letzten Jahre dar.

Service als Bench­mark

Viele Kunden der Konkur­renten stellten sich die Frage "Warum kann der Service nicht so gut sein wie bei der Telekom?", und das sei sein "Bench­mark", sein Anspruch. Er hatte das Ziel, die Telekom zur "Leading European Telco", zum größten und wert­vollsten Anbieter in Europa zu machen. Die Telekom sei größer als die euro­päi­schen Konkur­renten Voda­fone, Orange (Frank­reich) und Telefónica (Spanien) zusammen.

Höttges erklärte, warum sein Unter­nehmen viel mehr in Netze und Service inves­tiere. Das lohne sich durchaus: "Die Kunden kommen zur Telekom, das ist ein Erfolg für die Telekom, erhöht die Auslas­tung der Netz­infra­struktur, bringt höhere Profi­tabi­lität, mehr Umsatz und damit mehr Geld in die Kassen, um erneut zu inves­tieren".

29 Quar­tale in Folge

Wieder legte Höttges ein "Rekord­ergebnis" vor. "29 Quar­tale in Folge" konnte er jeweils eine Ergeb­nis­stei­gerung berichten. In den USA immerhin 24 Quar­tale in Folge. Die ehrgei­zigen Finanz­ziele wurden zwischen­durch "dreimal nach oben herauf­gesetzt", der Free Cash Flow sei im Mittel um 40,7 Prozent gewachsen.

Oft wird der Telekom vorge­worfen, viel zu hoch verschuldet zu sein. Dem hielten Illek und Höttges einen Rück­gang der "Netto­ver­bind­lich­keiten um 10 Milli­arden" entgegen. Möglich wurde dies u.a. durch den Teil­ver­kauf des Funk­turm­geschäftes. Alle Rating­agen­turen gäben entweder einen "stable outlook" oder einen "posi­tive outlook" und würden den Kauf der Aktie empfehlen, deren Kurs von 22,40 Euro (gestern) sich am Nach­mittag bei 21,96 Euro einpen­delte. Vorbe­halt­lich der "Zustim­mung durch die Gremien", soll den Aktio­nären für 2023 eine Divi­dende von 77 Cent pro Aktie gezahlt werden. Außerdem will die Telekom dieses Jahr Aktien im Wert von 2 Mrd. zurück­kaufen.

1&1 soll Ausbau­auf­lagen erfüllen

Klare Worte fand Höttges zur Diskus­sion um den vierten Netz­betreiber 1&1. "Die sollen jetzt erst mal ihre Ausbau­auf­lagen erfüllen". Eigent­lich stimme er einer Lizenz­ver­län­gerung für die bestehenden Frequenzen um 8 Jahre durchaus zu, um danach diese und noch neue Frequenzen in einem Paket verstei­gern zu lassen. Höttges drohte der Branche indi­rekt, dass er notfalls auch bereit sei, notwen­dige Frequenzen über eine Auktion zu erwerben. Dann, so konnte man zwischen den Zeilen heraus­hören, werde für den Netz­ausbau weniger Geld zur Verfü­gung stehen.

Fair Share bleibt ein wich­tiges Thema

Beim Dauer­thema "Fair Share" gehe es nicht um eine spezi­fische Größe. Fakt sei, dass die Indus­trie nicht die Kraft habe zu inves­tieren, wie andere Sparten. Höttges wünscht sich, dass die nächste Gene­ration die beste digi­tale Infra­struktur haben solle.

Europa werde immer mehr zum Konsu­menten, der alles in den USA kaufen müsse. "Die EU muss unab­hän­giger werden". Jähr­lich steige der Daten­ver­kehr um 30-50 Prozent, was aus mehr Werbung, Spam und anderen Dingen her stamme. Es fehle für die Anbieter ein Incen­tive, um Verkehr zu opti­mieren. Wer heute ein YouTube Video schauen wolle, müsse vorher drei Werbe­filme über sich ergehen lassen.

Die Infra­struktur, um diese Videos in HD schauen zu können, mache die Telekom, der Umsatz damit sei aber Null ("Zero"). Die Anbieter würden Höttges raten, die Kunden­preise zu erhöhen. Das lehnt Höttges aber ab. Die "Millio­nen­kon­zerne sollen ihren Beitrag leisten. Wir werden sehen, welche Lobby stärker ist."

Höttges kündigte für den Mobile World Congress in Barce­lona (MWC) eine konzer­tierte Aktion von Voda­fone, Orange, Telefónica und der Telekom an.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

29 Quar­tale in Folge jedes Mal bessere Ergeb­nisse, das Kunst­stück muss man erst einmal hinbe­kommen. Telekom-Chef Höttges hatte seiner­zeit als ersten Schritt die Verbes­serung des Kunden­ser­vice in Angriff genommen, eindeutig mit Erfolg. Was wohl erst "Gene­rationen nach mir", wie es Höttges heute formu­lierte, hinbe­kommen werden, wäre der Aufbau einer echten euro­päi­schen Telco, die länder­über­grei­fend in Europa tätig ist und durch gute Orga­nisa­tion, Inves­titionen in Technik und Service hohe Qualität zu erschwing­lichen Preisen bieten könnte, da sind uns die USA schon einiges voraus. 27 Länder mit jeweils vier Netzen pro Land sind für Telekom-Chef Höttges eindeutig viel zu viel: "Das bedeutet viel­leicht nied­rige Preise und schlechtes Netz."

Die Entschei­dung der EU-Kommis­sion zur Fusion von Masmovil in Orange findet Höttges unver­ständ­lich, die Auflagen seien viel zu hoch. Da liege er im Wider­spruch zu EU-Kommis­sarin Marga­rethe Vestager.

Aber auch die Politik müsste voran­kommen: Es müsste ein einheit­liches Europa geben, was ein starker Gegenpol gegen Wirt­schafts­mächte wie China, die USA oder die aufstre­benden Staaten in Asien oder Südame­rika und ein völlig aus dem Ruder gelau­fenes Russ­land beispiels­weise notwendig wäre.

Heute morgen fand um 10 Uhr die Bilanz­pres­sekon­ferenz in Bonn statt.

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