Disney kämpft mit Lasten der Vergangenheit
Spricht man über Disney, fällt unweigerlich immer der Name Bob Iger. Der Topmanager gilt in Hollywood als Schlüsselfigur der Filmindustrie, kaum ein Schauspieler hat sich nicht zum Ziel gesetzt, in Igers Büro für eine Rolle vorzusprechen. Kein Wunder, denn alles was Rang und Namen hat, geht über seinen Schreibtisch. Avatar, Marvel, Star Wars - um nur einige Beispiele zu nennen. Abgesehen davon fielen die mitunter wichtigsten Entscheidungen für Disney in Igers Amtszeit, darunter die Akquisitionen von Pixar, Marvel, Star Wars und 21st Century Fox.
Disney hatte tiefe Taschen
Michael Eisner (l.) und Bob Iger bei der Eröffnung von Disneyland Hongkong im September 2005
Foto: Kim Cheung/AP
Allerdings war der Mickey-Mouse-Konzern schon lange vor Igers Amtsantritt besonders spendabel. Vorgänger Michael Eisner verbrachte insgesamt 21 Jahre in Burbank und zückte oft das Konzernscheckbuch für große Projekte. Vor allem Disneyland Paris und Hongkong gehen ebenso auf sein Konto wie der Zukauf von ABC und ESPN. Auch das Muppets-Franchise von Jim Henson holte Eisner für Disney an Bord.
Viele Entscheidungen Eisners haben Disney erst zu dem Medienkonzern gemacht, der er heute ist. Doch schon damals waren die Kosten erheblich. Disney wuchs sowohl unter Eisner als auch Iger nicht organisch, sondern in erster Linie durch Zukäufe. Kaum ein Medienkonzern hat in dieser Zeit mehr Kapital verbrannt, als der Konzern mit der Mickey Mouse.
Iger setzt teuren Kurs fort
Eigentlich hätte Disney ab 2005 kräftig sparen müssen, um sich von allen Investitionen finanziell zu erholen. Doch Iger setzt den Kurs seines Vorgängers mit einer Übernahme von Pixar nahtlos fort. Kritiker werfen Iger immer wieder vor, dass er sich ausschließlich auf Größe und Wachstum durch spektakuläre Akquisitionen konzentrierte, selbst wenn die Marktpreise für entsprechende Zukäufe deutlich überzogen waren.
Dieser Vorwurf galt insbesondere für die Entertainment-Sparte von Rupert Murdochs Medienkonzern 21st Century Fox. Mit dem Studio erwarb Disney zwar auch eine ansehnliche Rechte-Bibliothek - vor allem das James-Cameron-Franchise Avatar spült signifikante Umsätze in Disneys Kassen. Dennoch war der Kaufpreis im Vergleich zu anderen Studiodeals astronomisch hoch. So zahlte Disney für die Übernahme rund 71 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Amazon hat für die Akquisition von MGM mit einer gleichermaßen attraktiven Lizenzbibliothek deutlich unter neun Milliarden US-Dollar bezahlt.
Sparmaßnahmen unausweichlich
Nach dem unrühmlichen Abgang von CEO Bob Chapek und den zahlreichen globalen Krisen ist Iger aber die Lust auf Wachstum vergangen. Kürzlich stand sogar ein Verkauf von Tafelsilber wie dem TV-Geschäft von ABC und ESPN zur Diskussion und selbst ein Rückzug beim in den USA sehr beliebten Streaming-Dienst Hulu ist längst nicht mehr ausgeschlossen. Zeitweise gab es Spekulationen, dass Disney selbst vielleicht zum Kaufobjekt werden könnte.
Obwohl Iger sich in der Vergangenheit gegenüber Preiserhöhungen bei Disney+ kritisch äußerte, scheinen diese nun unausweichlich zu sein. Außerdem machte der CEO deutlich, dass ihm die Themenparks wichtiger sind. In Burbank hat man realisiert, dass Streaming zwar prinzipiell ein Wachstumsgeschäft ist, dem die Zukunft gehört - sich aber allein auf dieses Segment zu verlassen, ist derzeit keine tragfähige Option.