Explosion

Zerstörter Facebook-Satellit: Erste heiße Spur zur Ursache

Noch auf der Startrampe zerfetzte vor gut einem Monat eine heftige Explosion eine Falcon-9-Rakete von SpaceX und zerstörte dabei den Facebook-Satelliten. Hat die Missachtung eines lästigen Alltagseffekts Sauerstoff auf Abwege gebracht und so zur Katastrophe geführt?
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Satelliten spielen bei der Telekommunikation eine immer wichtigere Rolle. Zu den klassischen Fernseh-, Erdbeobachtungs-, Wetter-, Spionage- und Navigationssatelliten sind in den letzten Jahren immer mehr Satelliten hinzugekommen, die Internetdienste vom Erdorbit aus anbieten. Der in den Medien oft als "Facebook-Satellit" bezeichnete Satellit Amos 6 der israelischen Firma SpaceCom sollte möglicherweise gleich zu mehreren Klassen gehören, nämlich den Fernseh-, Internet- und den Spionage-Satelliten: An Bord waren klassische Transponder für Fernsehsignale, aber auch Transponder, mit denen Facebook Internet-Dienste nach Afrika bringen wollte, und möglicherweise auch spezielle Transponder mit Krypto-Hardware, mit denen das israelische Militär Signale abfangen können wollte, die eigentlich für die im All vergleichsweise nah stationierten Arabsat-Satelliten bestimmt sind.

Leider sind die Raketen, mit denen solche Satelliten ins All geschossen werden, alles andere als zuverlässig. Im langjährigen Mittel gelingen, je nach Rakete, nur 90 bis 99 Prozent aller Starts. Jeder zehnte bis hundertste Start schlägt also fehl. Als besonders unzuverlässig gilt derzeit die russische Proton-Rakete, die seit 2006 in jedem Jahr mindestens einen Fehlstart hinnehmen musste. Ausnahmen von dieser Negativ-Regel sind lediglich die Jahre 2009 mit zehn erfolgreichen Starts, und 2016 mit bisher drei erfolgreichen Missionen.

Andere Träger sind zuverlässiger. So waren die letzten 74 Starts der europäischen Ariane-5-Rakete alle erfolgreich. Nur: Von den ersten 14 Starts der damals neuen Ariane 5 scheiterten gleich vier.

Fehlstart noch vor dem Start

  Die Rakete Falcon 9 von SpaceX mit dem Satelliten Amos 6 an der Spitze, unmittelbar vor der Explosion.
Screenshot: teltarif.de
Besonders spektakulär, und daher in den Medien viel diskutiert, war der letzte Fehlstart der US-Firma SpaceX mit dem bereits genannten Satelliten Amos 6. Es handelt sich nämlich nicht um einen Fehlstart im klassischen Sinne: Die Triebwerke waren noch gar nicht gezündet und die Rakete war noch gar nicht abgehoben, sondern sie wurde lediglich für einen Test betankt, da explodierte sie in einem großen Feuerball, der Rakete und Satellit binnen Sekunden restlos zerstörte und den Startplatz schwer beschädigte.

Zudem verlief die Explosion von Anfang an besonders heftig. Schnell analysierten Internetnutzer das auf Youtube und Co. verbreitete Video vom Start: Auf dem letzten Frame des Videos vor der Explosion sieht noch alles ganz normal aus, und nur einen Frame, also gerade mal 33 Millisekunden später, ist der Feuerball bereits über 20 Meter hoch und 10 Meter breit. Das entspricht einer Ausbreitungsgeschwindigkeit der Feuerfront von über 600 Metern pro Sekunde, der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel! Das ist keine Explosion mehr, wie man sie erwartet, wenn z.B. Treibstoff ausläuft und sich entzündet, das ist eine Detonation wie bei der Explosion einer Bombe!

Explosion der Falcon 9 Der erste Videoframe nach Beginn der Explosion. Das UFO (rot markiert) hat die Rakete noch gar nicht erreicht. Der Mittelpunkt der Explosionswolke - und damit die zu vermutende Explosionsursache - liegt zudem zwischen Rakete und Startturm und nicht etwa innerhalb der Rakete.

Screenshot: teltarif.de
Nun kann es auch zur Detonation kommen, wenn beide Komponenten des Raketentreibstoffs (Kerosin und flüssiger Sauerstoff) aufgrund eines Fehlers auslaufen, sich vermischen, und dann ein Funke das Gemisch entzündet. Nur: Video-Bilder, dass Treibstoff austritt, oder Telemetrie-Daten, dass sich Treibstoff und Sauerstoff innerhalb der Rakete vermischen, gibt es nicht.

So ist es kein Wunder, dass im Web schnell der Verdacht aufkam, es könnte sich um Sabotage handeln. Ein mit Israel verfeindeter Staat könnte aus der Entfernung mit einem Gewehr oder einer Laserwaffe auf die Rakete gezielt haben. Selbst ein UFO wurde von zahlreichen Medien als Erklärungsansatz genannt. Immerhin ist auf dem Video ein kleines schwarzes Objekt zu sehen, das auf die Rakete zufliegt.

Nun hält keine der vorgenannten Theorien einer ernsthaften Überprüfung stand. Ein Gewehrschuss würde mitnichten gleich die Rakete zur Detonation bringen, sondern ein kleines Loch in die Außenhülle bohren, durch die dann Treibstoff austritt, der sich entzündet. Bis das schließlich - wenn überhaupt - zur Explosion der Rakete führt, vergehen mehrere Sekunden. Das müsste alles im Video klar zu sehen sein, der Schuss und das anfliegende Projektil müsste auch zu hören sein. Noch unglaubwürdiger sind die Laser- und die UFO-Theorie: Selbst der stärkste Pulslaser der Welt reicht mit einer Energie von 3,6 MJ nicht einmal andeutungsweise, um einen derart großen Feuerball auszulösen, mal abgesehen davon, dass dieser Laser in einem Gebäude mit einer Fläche von 100 mal 200 Meter aufgebaut ist und nicht einfach mal so in die Nähe des Startplatzes der Rakete transportiert werden kann. Und die UFO-Theorie krankt schon daran, dass der schwarze Schatten auf dem Video - vermutlich ein in der Nähe der Kamera vorbeifliegendes Insekt - noch nicht einmal die Rakete erreicht hat, bevor die Explosion beginnt. Und nein, so ein kleines Ding kann erst recht keine potente Laserwaffe an Bord haben.

Bombe aus Versehen

Angesichts der Merkwürdigkeiten - die schnelle Detonation und das Fehlen von Erklärungsansätzen - spricht SpaceX-Chef Elon Musk selber von den schwierigsten Ermittlungen zu einer Unfallursache, die sie jemals hatten. Besonders rätselhaft ist dabei ein kurzer Knall zwei Sekunden vor der eigentlichen Explosion, der zwar von den Überwachungs-Mikrofonen aufgezeichnet wurde, sich aber sonst überhaupt nicht in den von der Rakete gesendeten Telemetrie-Daten widerspiegelt.

Um so erstaunlicher ist es, dass ein unabhängiger Experte namens TechX auf Youtube einen - leider bisher wenig beachteten - Erklärungsansatz für die Falcon-9-Explosion veröffentlicht hat. Dieser steht im Einklang mit allen bekannten Fakten, kommt aber ohne Verschwörungstheorien, bisher unbekannte Technologie oder gar übernatürliche Kräfte aus. Er führt die Explosion auf ganz normale chemische Reaktionen zurück, sowie eine Besonderheit der Raketen von SpaceX. Demnach reichte es, dass SpaceX beim Upgrade der Falcon-9-Rakete von Version 1.1 auf 1.2 einen lästigen, aber sonst meist ungefährlichen Alltagseffekt missachtete, um die Sauerstoffleitung am Startturm von einem harmlosen Rohr in eine brisante Bombe zu verwandeln!

Lesen Sie auf Seite 2, wie man mit einem Alltagsexperiment mit heißem Tee und kalter Cola die (m.E. sehr, sehr wahrscheinliche) Ursache der SpaceX-Explosion nachvollziehen kann.

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