Schweiz: "Gratis" surfen im Zug per Smartphone-App
Ab dem 12. Dezember können alle Kunden des Schweizer Telekommunikationsanbieters Swisscom im Zug das Angebot "SBB FreeSurf" nutzen und damit ohne Zusatzkosten im Zug surfen.
Das "Gratis"-Internet im Zug kann ab Fahrplanwechsel 2021 genutzt werden. Damit auch das Mobilfunknetz entlang der Zugstrecken optimal funktioniert, hat Swisscom angekündigt, ihr ohnehin schon gutes Mobilfunknetz mit hoher Priorität noch weiter auszubauen.
Viele Swisscom-Kunden nutzen Flatrates
Ein Astoro Zug der Schweizer Bundesbahn (SBB - CFF - FFS) -
Kunden Schweizer Anbieter können via SBB FreeSurf kostenlos surfen
Foto: Schweizer Bundesbahn (SBB)
Swisscom betont, dass "bereits heute" die meisten Kunden mit Flatrate-Abos unterwegs seien. Damit seien sie bereit, immer und überall zu surfen, ohne sich Gedanken zur verbrauchten Datenmenge oder den anfallenden Kosten machen zu müssen. Einige Kunden hätten aber doch nach der kostenlosen Möglichkeit gefragt.
Die Swisscom ist relativ spät auf den FreeSurf-Zug aufgesprungen, wo die anderen Anbieter schon unterwegs sind. Rund ein Jahr haben die SBB (Schweizer Bundesbahnen) und ihre Partner Gratis-Internet im Zug getestet; seit einem Jahr bietet die SBB auf dem gesamten Streckennetz "SBB FreeSurf" an.
Nach den Schweizer Netzbetreibern Sunrise und Salt hat sich auch Swisscom entschieden, SBB FreeSurf ebenfalls allen ihren Kunden anzubieten. Ab dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 können alle Swisscom-Kunden - sowohl der Postpaid- als auch der Prepaid-Tarife - SBB FreeSurf nutzen.
"Wir wollen SBB FreeSurf für alle unsere Kunden verfügbar machen," sagt Friederike Hoffmann, Leiterin Connected Business Solutions. “Die Lösung kann von Kunden mit einem Swisscom Abonnement und von unseren Prepaid-Kunden genutzt werden. Denn gerade Prepaid-Kunden sind wegen der zusätzlich anfallenden Kosten unterwegs weniger häufig online."
Nicht für Roaming-Kunden nutzbar
Das Angebot gilt aus technischen Gründen nicht für ausländische Roaming-Kunden, die sich mit ihrer ausländischen (z.B. einer deutschen SIM-Karte) in ein Schweizer Netz eingebucht haben.
Deutsche Roaming-Kunden müssen in der Schweiz ohnehin aufpassen: Nur die Deutsche Telekom (inklusive congstar und einiger Discounter) bieten in der Schweiz die gleichen oder ähnliche Konditionen wie beim EU-Roaming an.
Bei Vodafone oder o2 müssen dafür vor Grenzübertritt in die Schweiz extra Optionen gebucht werden - oder es wird einfach absurd teuer.
Keine WLAN/WiFi-Lösung!
Das Besondere der Schweizer Lösung: Das FreeSurf-Angebot arbeitet nicht auf WiFi/WLAN-Basis, sondern nutzt das bereits vorhandene Mobilfunknetz des verwendeten Anbieters, das in der Regel bis in die Züge hinein versorgt.
Der interessierte Kunde muss nur eine App der SBB (Schweizer Bundesbahn) auf seinem Handy installieren. Diese App empfängt ein bestimmtes Bluetooth-Signal im Zug. Das Signal signalisiert dem Mobilfunkanbieter, dass der Kunde sich im Zug befindet und die Surfkosten auf die Rechnung der Schweizer Bahnen gehen.
Der Mobilfunkempfang soll via App genauso gut sein wie ohne, da sämtlicher Datenverkehr über das vorhandene Mobilfunknetz abgewickelt wird.
Wer kann es nutzen?
In der Schweiz fährt die Schweizer Bundesbahn (SBB) nicht auf allen Strecken. Das Angebot gilt nur in den Zügen der SBB-CFF-FSS (VFS) (= Schweizer Bundesbahnen SBB - Chemins de fer fédéraux suisses CFF, Ferrovie federali svizzere FFS, Viafiers federalas svizras VFS). In der SBB Mobile App werden die FreeSurf-tauglichen Bahnstrecken mit "FS" gekennzeichnet.
Der Nutzer muss eine SIM-Karte eines beteiligten Schweizer Anbieters im Netz von Swisscom, Sunrise oder Salt in seinem Handy verwenden. Diese sind als Prepaid auch für ausländische Besucher problemlos in der Schweiz zu bekommen, Pass oder Personalausweis und eine deutsche Adresse genügen.
Der Nutzer muss die SBB FreeSurf-App installieren, sich als Teilnehmer registrieren und kann das Internet nutzen.
Es gibt noch eine wichtige Einschränkung: Die Kunden müssen sich in einem gekennzeichneten Wagen eines SBB-Zuges befinden. Damit man im Zug auch wirklich ohne Zusatzkosten surft, muss man vor jeder Nutzung die App separat starten - ansonsten ist die Datenübertragung nicht "gratis".
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Abgesehen davon, dass Besucher aus dem Ausland das Angebot aus technischen Gründen aktuell nicht nutzen können - dafür könnte man sich in der Schweiz eine lokale Prepaid-Karte kaufen - muss vor jeder Zugfahrt die SBB-FreeSurf-App extra gestartet werden, was manche als lästig empfinden dürften.
Erfreulich: Den Aufbau schnell überlasteter WLAN/WiFi-Netze im Zug hat sich die Schweizer Bundesbahn komplett gespart. Die Mobilfunknetzbetreiber bauen ihre Netze einfach so gut aus, dass die Züge auch von außen gut erreicht werden. Teilweise tauscht die Bahn noch ihre Fensterscheiben gegen signaldurchlässigere Varianten aus, einige Züge sind mit Repeatern ausgestattet.
In der Schweiz sind Surf-Flatrates schon lange Standard, die bei langsamen Datenübertragungsraten für weniger Geld und mit mehr Speed für mehr Geld verkauft werden. So etwas bietet in Deutschland bislang nur o2 als o2 free an.
Südlich der Schweiz liegt Italien. Dort soll der ehemalige Staatskonzern TIM (Telecom Italia) verkauft werden.