Megadeal

Italien: Kauft die Swisscom Vodafone Italia?

Ein span­nendes Projekt gilt es aus der Schweiz zu vermelden: Die Schweizer Swisscom will die italie­nische Voda­fone kaufen und mit der Tochter Fastweb verhei­raten.
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Der älteste und größte Schweizer Fest­netz- und Mobil­funk-Anbieter Swisscom ist eigent­lich nur auf seinem Heimat­markt Schweiz aktiv, mit einer Ausnahme. Die Internet-Tochter Fastweb ist im Fest­netz-internet in Italien seit länger Zeit überaus erfolg­reich.

For sale: Voda­fone Italia

Nun steht in Italien der Mobil­funk­anbieter Voda­fone Italia schon länger zum Verkauf. Der umtrie­bige fran­zösi­sche Internet Unter­nehmer Xavier Niel ("Iliad") hatte der Voda­fone Group ein Angebot gemacht, was aber abge­lehnt wurde. Iliad hatte einen Zusam­men­schluss vorge­schlagen, um sein wachs­tums­starkes Verbrau­cher­geschäft durch Voda­fones starke Markt­stel­lung bei Unter­neh­mens­kunden zu ergänzen. Der briti­sche Konzern sollte dafür 6,6 Milli­arden Euro in bar plus einen Kredit von zwei Milli­arden Euro erhalten. Daraufhin tauchten Gerüchte auf, die Swisscom könnte an Voda­fone Italien inter­essiert sein.

Swisscom bestä­tigt Gerüchte

Die Schweizer Swisscom möchte Vodafone Italia kaufen, im Gespräch sind 8 Milliarden. Die Schweizer Swisscom möchte Vodafone Italia kaufen, im Gespräch sind 8 Milliarden.
Foto: Picture Alliance/dpa
Nach anfäng­licher Zurück­hal­tung meldete sich die Swisscom "ad hoc" und bestä­tigte "exklu­sive Verhand­lungen mit Voda­fone Group betref­fend einer 100-Prozent-Über­nahme von Voda­fone Italia S.p.A. in Cash" - also in bar. Swisscom beab­sich­tige, die Voda­fone Italia S.p.A. mit der Swisscom Tochter Fastweb zu fusio­nieren.

Die genauen Bedin­gungen der Trans­aktion seien noch zu verhan­deln, aber über den Kauf­preis ist man sich wohl schon "vorläufig" einig. Es geht um acht Milli­arden Euro und das bitte in bar und ohne Verbind­lich­keiten ("cash and debt-free").

Swisscom erwartet, dass eine mögliche Trans­aktion für Swisscom zu einem höheren Unter­neh­mens­wert und Cash­flow führen und sich positiv auf die Divi­den­den­politik auswirken werde. Swisscom geht weiter davon aus, nach der Trans­aktion mindes­tens von den Agen­turen ein A-Rating zu bekommen.

Fastweb seit 10 Jahren erfolg­reich

Stolz verweist Fastweb auf sein "seit zehn Jahren bestehendes Wachstum, was Kunden, Umsatz" und das "ange­passte EBITDA" betreffe. Voda­fone Italia und Fastweb würden "komple­men­täre, hoch­wer­tige Mobil­funk- und Fest­netz­infra­struk­turen, Kompe­tenzen und Fähig­keiten vereinen" und gemeinsam zu einem führenden konver­genten Anbieter werden, ist man sich in Bern sicher.

Swisscom: Inter­natio­nale Zurück­hal­tung

Lang­jäh­rige Beob­achter sind verblüfft, da sich die Schweizer Politik in der Vergan­gen­heit von der Swisscom inter­natio­nale Zurück­hal­tung gewünscht hatte. Wir haben in der Schweiz nach­gefragt und erfuhren, dass der Bundesrat (= Schweizer Regie­rung) in seinen "stra­tegi­schen Zielen" erwarte, "dass die Swisscom Koope­rationen oder Über­nahmen im Ausland nur eingeht, wenn sie das Kern­geschäft im Inland unter­stützen oder eine andere stra­tegisch-indus­tri­elle Logik aufweisen sowie zur nach­hal­tigen Stei­gerung des Unter­neh­mens­werts beitragen."

Nicht nur das: Es wird erwartet, "dass die Koope­rationen oder Über­nahmen führungs­mässig gut betreut werden können und dem Risi­koaspekt genü­gend Rech­nung getragen wird." Aller­dings gibt es auch Grenzen: "Im Ausland dürfen keine Betei­ligungen an Tele­kom­muni­kati­ons­gesell­schaften mit Grund­ver­sor­gungs­auf­trag einge­gangen werden. Andere Betei­ligungen im Ausland sind möglich."

Das lässt den Schluss zu, dass man sich in der Schweiz sehr sicher ist, dieses Projekt erfolg­reich verwirk­lichen zu können.

Kleiner Rück­blick

Der ehemalige Swisscom CEO Carsten Sloter kam von Debitel zur Swisscom. Der ehemalige Swisscom CEO Carsten Sloter kam von Debitel zur Swisscom.
Foto: Picture-Alliance/ dpa/dpaweb
1999 hatte die Swisscom eine Akti­enmehr­heit von 58 Prozent an dem deut­schen Mobil­funk-Service-Provider "Debitel" erworben und 2001 auf 84 Prozent und später auf 93 Prozent aufge­stockt. Der ursprüng­lich betei­ligte Stutt­garter Auto­mobil­kon­zern Daimler-Benz und die Metro-Handels­gruppe waren damit draußen. Der stell­ver­tre­tende Chef von Debitel, Carsten Sloter, wurde später sogar Chef der Schweizer Swisscom und stellte damals die Schweizer Unter­neh­mens­kultur auf den Kopf, weil auf einmal alle "per Du" waren und die Hier­archien abge­flacht wurden.

2004 übergab die Swisscom die Debitel-Anteile für knapp eine Milli­arde Franken an einen briti­schen Finanz­investor. Bezahlt hatten sie vorher 4,3 Milli­arden Franken.

Die Schweizer Politik hatte die Swisscom damals wohl "gebeten", den Debitel-Anteil wieder zu verkaufen. Ähnlich wie die Deut­sche Telekom (vormals Deut­sche Bundes­post Telekom) in Deutsch­land ist die Swisscom Nach­folger des früheren Mono­pol­unter­neh­mens Swiss PTT (= Post Telefon Tele­graph).

Noch unklar, ob der Kauf von Voda­fone Italien gelingt

Aktuell ist noch offen, ob es in Italien wirk­lich zu einer Trans­aktion kommen wird, betont man bei Swisscom und wolle sich zu gege­bener Zeit erneut melden. Italie­nische Mobil­funk­netze gelten in der Szene als "schwierig" und leiden unter chro­nischer Über­las­tung, da die Italiener seit altersher gerne (mobil) tele­fonieren und surfen.

Es dürfte span­nend werden, wie die Swisscom das Netz von Voda­fone reno­vieren und mit seinen Fest­netz­akti­vitäten verbinden wird. Die Schweiz ist vier­spra­chig, im südli­chen Landes­teil Tessin wird über­wie­gend italie­nisch gespro­chen. Von daher hat Swisscom hier durchaus einen Vorteil. Die Swisscom-Gesprächs­part­nerin Marghe­rita della Valle, Group CEO von Voda­fone, wird froh sein, wenn sie ein Problem­kind weniger und dafür mehr Geld in der klammen Kasse hat.

Die Schweizer Post ist von Sunrise zu Salt gewech­selt.