Streifzug

Nach dem Connect-Test: Alle fühlen sich als Sieger

Nach dem Netz­test-Herbst sehen sich (fast) alle Anbieter als Sieger. Wir haben spontan und nicht reprä­sen­tativ ein paar Nutzer gefragt - die sehen das anders.
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Jedes Jahr fiebert die Branche dem Netz­test der Fach­zeit­schrift Connect entgegen. Sobald dieser erschienen ist, melden sich die Pres­sestellen der Netz­betreiber aus Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz zu Wort und feiern sich selbst als Sieger, auch wenn sie in der Schluss­wer­tung von Connect viel­leicht erst auf Rang 2 oder 3 einge­ordnet wurden. Einige Beiträge haben "Unter­hal­tungs­wert": Wir haben spontan und nicht reprä­sen­tativ Nutzer gefragt, welche Funk­löcher sie ärgern.

Telekom

Nach dem aktuellen Connect-Netztest sehen sich alle als "Sieger" Nach dem aktuellen Connect-Netztest sehen sich alle als "Sieger"
Foto: Image licensed by Ingram Image, Logo: Connect, Montage: teltarif.de
Die Telekom kann sich in der „Netz­test-Saison“ freuen, alle rele­vanten Netz­tests im Mobil­funk gewonnen zu haben. Über alle Netz­tests hinweg zeige sich, die Spit­zen­posi­tion vertei­digt und den Vorsprung gegen­über dem Wett­bewerb sogar weiter ausge­baut zu haben.

Wört­lich: „Unser Netz ist eine Klasse für sich. Das bestä­tigen in diesem Jahr alle großen Netz­tests in Deutsch­land“, so Technik-Chef Dr. Abdu Mudesir. „Die Auszeich­nungen sind das Ergebnis unserer perma­nenten Inves­titionen in den Netz­ausbau und des uner­müd­lichen Enga­gements unseres Teams. Wir freuen uns über die Aner­ken­nung und werden weiterhin alles daran­setzen, unseren Kundinnen und Kunden das beste Netz­erlebnis zu bieten.“

Spontan befragte, nicht reprä­sen­tative teltarif.de-Leser berichten über Telekom-Funk­löcher in Frank­furt/Main-Born­heim (Burg­straße), aus Bad Homburg-Gonzen­heim oder vom hessi­schen Vogels­berg­kreis (z.B. Gemeinde Ulrich­stein), wo "indoor gar nichts" gehe. Dazu kommen Land­straßen wie die B49 zwischen Romrod und Schelln­hausen, wo eben­falls Hand­lungs­bedarf bestehe, in anderen Bundes­län­dern dürfte es hier und da ähnlich aussehen.

Voda­fone

"Auch in diesem Jahr waren unsere Tech­niker wieder täglich im Einsatz. Die Funk­loch-Stopfer, die neue Masten bauten, wo bislang kein Netz war. Die 5G-Experten, die die modernste Netz-Technik an immer mehr Stationen frei­schal­teten, auch auf dem Land. Und schließ­lich, die Inno­vations-Archi­tekten, die neue Tech­nolo­gien in unser Netz brachten, um Energie zu sparen. Damit unsere Kunden sich an immer mehr Orten auf unsere schnellen Netze verlassen können - ohne dass es unserem Planeten schadet. All diese Fort­schritte bestä­tigen uns auch die Mobil­funk-Experten von Chip, Connect und Compu­ter­bild. Das ist für uns die größte Moti­vation im neuen Jahr genauso weiter­zuma­chen. Denn wir wissen: es bleibt eine Menge zu tun, damit Deutsch­lands Mobil­funk­netze noch besser werden", so Voda­fone-Chef Phil­ippe Rogge, nachdem er die Tests studiert hatte.

Wie sieht es mit Voda­fone draußen im Land aus? Im Bundes­land Hessen beispiels­weise arbeitet die dortige Digi­tal­minis­terin Prof. Sinemus sehr eng mit Voda­fone zusammen. Vor Ort aber drängt sich der Eindruck auf, dass eher die Telekom wirk­lich schlimme Funk­löcher stopft, während an diesen Orten von Voda­fone weiterhin nichts zu empfangen ist.

Nicht reprä­sen­tativ wurden in Hessen die Straße Fried­richs­dorf (Taunus) - Wehr­heim ("Köpperner Tal") rekla­miert, eine sehr stark befah­rener Straße, wo auch die Taunus­bahn fährt, nur Voda­fone-Netz gebe es dort so gut wie nicht. Auch im südli­chen Oden­wald­kreis ist die Versor­gung mit Voda­fone sehr lücken­haft, beispiels­weise in verschie­denen Stadt­teilen von Ober­zent.

In Nord­rhein-West­falen baut die Funk­turm-Schwester von Voda­fone einen geför­derten Sende­turm, den auf abseh­bare Zeit nur die Telekom mit Antennen und Sendern bestü­cken mag, weil Voda­fone der Aufwand angeb­lich zu teuer erscheint. Schade.

Telefónica (o2)

Die Telefónica-Pres­sestelle schreibt: "Das o2-Mobil­funk­netz erhält im 30. Netz­test des Fach­maga­zins Connect erneut die Note 'Sehr gut'. Damit behauptet das Netz zum vierten Mal in Folge seine sehr gute Bewer­tung in dem renom­mierten Bran­chen­ver­gleich. Im Städ­teran­king vertei­digt o2 Telefónica die Spit­zen­posi­tion in München, wo der Anbieter seit drei Jahren das beste Netz bietet. Die Best­note „Über­ragend“ gibt es zudem auch für das o2-Netz in Köln."

teltarif.de-Leser beispiels­weise aus Köln-Kalk beklagen sich in Foren bitter­lich über perma­nente Netz­über­las­tung bei o2 (LTE).

In Hessen kann der hessi­sche Vogels­berg­kreis als Beispiel genannt werden, wo die Gemeinde Ulrich­stein offenbar nur aus Funk­löchern besteht, die Feld­krü­cken, Kölzen­hain, Boben­hausen, Ober-Seiber­tenrod, Wohn­feld oder Feld­atal, Lauter­bach, Lautertal oder Schotten heißen können, so eine spon­tane Leser­reak­tion. Wohl­gemerkt, das alles ist nicht reprä­sen­tativ.

Schweiz

Gene­rell berichten uns Schweizer Leser, gebe es im Nieder­urner Tal "gar kein Netz". Ok, das ist ein Seitental des Glar­ner­lands mit wenigen Häusern. Ansonsten ist die Netz­ver­sor­gung in der Schweiz - vergli­chen mit Deutsch­land - traum­haft gut, auch in Eisen­bahn­tun­neln.

Swisscom

"Ich freue mich sehr, dass wir den Mobil­funk­test zum 14. Mal mit einem so eindrück­lichen Ergebnis gewinnen. Dies ist das Resultat unserer enormen Inves­titionen in unsere Infra­struktur und der hohen Kunden­ori­entie­rung unserer Mitar­bei­tenden", sagt Gerd Niehage, CTIO Swisscom. Trotz stei­genden Test­anfor­derungen erzielt das Netz von Swisscom hervor­ragende Ergeb­nisse und hat sich gegen­über dem Vorjahr um 11 Punkte verbes­sert.

Nicht reprä­sen­tativ berichten Leser, dass auf der Bahn­strecke St. Gallen-Goldach, einer inter­natio­nale Haupt­strecke, es bis heute offenbar kein Swisscom-Netz gebe, glei­ches gelte für Mörschwil. Auch aus dem Raum Koblenz (Schweiz) wird über Funk­löcher beim Markt­führer berichtet.

Sunrise

"Wir sind die einzige Anbie­terin, welche zum 8. Mal in Folge die Höchst­note 'Über­ragend' erreicht. Das unter­streicht die abso­lute Top-Qualität, die wir unseren Kundinnen und Kunden seit Jahren bieten. Die Einstu­fung in die Top-5-Mobil­funk­netze welt­weit durch Connect betont das erst recht", sagt André Krause, CEO von Sunrise.

Sunrise-Kunden beklagten lange das o. g. Bahn-Funk­loch zwischen St. Gallen und Goldach, das wurde bei Sunrise mitt­ler­weile gestopft. Fun-Fact am Rande: Das Netz von Sunrise wird vom Netz­aus­rüster Huawei gebaut, gelie­fert und gewartet.

Salt

Salt (früher Orange Schweiz) habe "einen wich­tigen Meilen­stein erreicht", freut man sich beim dritt­plat­zierten Anbieter. Mit 950 von maximal 1000 Punkten habe Salt zusammen mit den beiden anderen natio­nalen Mitbe­wer­bern die höchste Test­bewer­tung in allen drei Test­kri­terien erzielt. Das sei das "Ergebnis der signi­fikanten Inves­titionen des Unter­neh­mens in den letzten Jahren" und unter­streiche das Enga­gement von Salt, seinen Abon­nenten (Lauf­zeit­ver­trags­kunden) den besten Service zu hervor­ragenden Preisen zu bieten.

Dabei bestä­tigen sowohl Connect als auch Leser­berichte, dass es auf Verbin­dungs­straßen mit Salt durchaus noch Versor­gungs­löcher geben kann. Auch wird berichtet, dass beim Unter­nehmen Salt massiv Personal abge­baut worden sei.

Öster­reich

Magenta

„Unsere Mission ist es, für die Kundinnen und Kunden den besten Service bereit­zustellen. Deshalb sind wir sehr stolz auf die über­ragende Auszeich­nung für das bestes Netz. Mein Dank geht an alle unsere Mitar­bei­terinnen und Mitar­beiter, die täglich ihr Bestes geben, um dies alles möglich zu machen“, so Rodrigo Diehl, CEO Magenta Telekom und Volker Libovsky, CTIO Magenta Telekom.

A1 / Drei

Auch inter­essant: Am 29. November gab es noch keinerlei Pres­semit­tei­lungen auf den Seiten von A1 oder Drei dazu.

Eine von uns erstellte, nicht reprä­sen­tative adhoc Umfrage ergab den Ort A-6858 Schwarzach/Vorarl­berg "Dorf­mitte", da sei es mit Drei indoor ziem­lich mau.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Es ist klar, dass Netz­betreiber oder Service-Provider, die im Alltag oft nur "beschimpft" werden, weil sie "zu teuer" sind, "zu schlechten" oder "gar keinen Service" oder "schlechtes oder kein Netz" bieten, richtig glück­lich sind, wenn sie auch einmal ein wenig Lob abbe­kommen. Test­berichte wie von ImTest, Chip, Compu­ter­bild oder Connect sind da Balsam auf die Seele, je nachdem wie man sie inter­pre­tiert.

Ein Netz auf- und auszu­bauen ist nicht einfach. Alle Welt will "Netz", aber keine Sender in der Nähe. In Deutsch­land sind es Büro­kraten und erschro­ckene Nach­barn, in der Schweiz sind es dras­tische Grenz­werte und eben­falls "sehr sensible" Bürger­initia­tiven.

Zurück nach Deutsch­land: Wer nun, aufgrund des Telekom-Test-Dauer­sieges, sich eine Karte im Telekom-Netz besorgt, kann - wenn es dumm kommt - genau in den Ecken landen, wo die Telekom noch nicht so gut ist. In Innen­städten beispiels­weise kann das Netz in Geschäften oder Kauf­häu­sern (indoor) plötz­lich "weg" sein, draußen funk­tio­niert es zumeist top. Man liest aber auch von Nutzern, die nach einem Wechsel ins Telekom-Netz plötz­lich eine Nutzer­erfah­rung erleben, die sie vorher für "undenkbar" gehalten haben.

Auch bei Voda­fone ist nicht alles Gold, was glänzt. Zwar nennt die Pres­sestelle beein­dru­ckende Zahlen, wie viele Basis­sta­tionen um- und ausge­rüstet wurden und was später noch geplant ist, nennt aber viel zu selten konkrete Orts-Namen oder die verbaute Technik. Ein Trend, der sich auch bei der Telekom einzu­schlei­chen scheint.

Telefónica (o2) meldet uns schon länger nur seine 5G Neubauten. Viele Leser klagen, dass sie in ihrem Ort oder ihrer Region nur schwa­ches oder gar kein Netz haben, weil schlicht Sender fehlen oder die Infra­struktur hinter den Sendern auf den Weg zum Rechen­zen­trum hoff­nungslos über­lastet ist.

Klar, wo Büro­kraten oder Bürger­initia­tiven gegen neue Sender sind, kann man nix machen? Oder doch? Diese Orte sollten immer wieder benannt werden, damit die Öffent­lich­keit allmäh­lich Druck auf ihre Mitmen­schen und Büro­kraten ausübt. Wenn es zu einem Notfall kommt und dort kein Netz verfügbar ist, sind alle sehr betroffen. Dafür müssen sie halt einen Beton- oder Stahl­git­ter­mast am Orts­rand oder eine Antenne auf dem Nach­bar­haus akzep­tieren.

Alle Netz­betreiber haben einiges geleistet, aber es reicht noch lange nicht. Es braucht noch viel mehr. Wenn aktuell die Kosten­rechner über die Flure streifen und über Spar­maß­nahmen bei der Technik nach­denken: Ihr verbaut euch eure Zukunft. Lieber eine teure Werbe­kam­pagne weniger und viel­leicht auch über­legen, ob in einer Haupt­straße drei oder vier Shops einer Marke neben­ein­ander ihr Auskommen finden können. Wenn die Netz­betreiber oder Provider ihre Shops auch beim reinen Beraten (ohne Neu- oder Zusatz­ver­kauf von Produkten) unter­stützen könnten, wäre das lang­fristig sicher besser. Frus­trierte oder sich "über­vor­teilt" fühlende Kunden sind irgend­wann weg.

Und an alle Kunden, die über den neuesten Billig-Sonder-Schnapper-Tarif nach­denken: Über­legt euch, dass Netze nicht mit Luft und Liebe gebaut werden können. An alle Kunden, die schon einen sehr teuren Tarif haben: Scheut euch nicht, klar und deut­lich Funk­löcher und Störungen zu benennen, damit sie auch zeitnah behoben werden. Für das viele Geld ist das nicht mehr als legitim.

Und alle Kunden, die ein Smart­phone mit zwei SIM-Karten-Schächten oder einer eSIM-Funk­tion haben: Legen Sie eine zweite Netz­karte ins Handy und schauen Sie, wo welches Netz besser funk­tio­niert. Das kann viel­leicht einen Anbie­ter­wechsel zur Folge haben und ist ein Ansporn für die Anbieter, die nicht so gut funk­tio­nieren, besser auszu­bauen.

Auch teltarif.de testet die Netze von Telekom, Voda­fone und o2.

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