Enklave: Mobilfunk, Streaming und TV in Büsingen
Büsingen am Hochrhein ist eine deutsche Enklave in der Schweiz. Die Gemeinde gehört zum Landkreis Konstanz, hat aber ein eigenes Auto-Kennzeichen (BÜS). Sie hat eine deutsche (78266) und eine schweizerische Postleitzahl (8238). Festnetzkunden sind zudem über eine deutsche (07734) und eine schweizerische Vorwahl (052) erreichbar. Früher standen mitten im Ort auch zwei Telefonzellen - je eine von der Deutschen Telekom und von der Swisscom. Die Swisscom hat ihren öffentlichen Fernsprecher schon vor einigen Jahren abgeschaltet und wie berichtet, stampft aktuell die Deutsche Telekom bundesweit alle Telefonzellen ein.
Die Büsinger sind zwar deutsche Staatsbürger, orientieren sich aber eher Richtung Schweiz. Bezahlen kann man in Euro und Franken und man liest eher die Zeitungen aus Schaffhausen als aus Konstanz. Wenn es um Mobilfunk geht, dann ist die 1500-Seelen-Gemeinde weder von Deutschland, noch von der Schweiz aus wirklich gut versorgt. Die deutschen Netze funken aus dem benachbarten Gailingen in die Enklave, die Netze aus der Eidgenossenschaft sind über ihre Basisstationen in Schaffhausen auch in Büsingen präsent. Starke Signale - insbesondere innerhalb von Gebäuden - darf man aber aus beiden Ländern nicht erwarten.
Büsingen ist eine deutsche Enklave in der Schweiz
Foto: teltarif.de
Macht man bei den deutschen Telefongesellschaften eine Verfügbarkeitsabfrage bezüglich eines Festnetzanschlusses inklusive Breitband-Internet, dann kommt schnell Ernüchterung auf. Die Telekom bietet beispielsweise an der Adresse der Gemeindeverwaltung lediglich MagentaZuhause S mit "sagenhaften" 2 MBit/s an. Vodafone offeriert den GigaCube - wobei das LTE-Signal - wie schon erwähnt - nicht direkt aus Büsingen kommt und dementsprechend schwach ist. Auch o2 kann die Kunden nur über Mobilfunk als Festnetz-Ersatz abschließen. 1&1 bietet DSL mit "bis zu" 16 MBit/s an.
Kabel-TV und Internet von der sasag Kabelkommunikation AG
Bei dem eher ernüchternden Angebot der deutschen Netzbetreiber ist es kein Wunder, dass die Büsinger auf die Dienste von Telefongesellschaften aus der Schweiz zurückgreifen. Bei einem privaten Hotelaufenthalt in der Enklave zeigte sich, dass Kabelfernsehen und Internet von der sasag Kabelkommunikation AG aus Schaffhausen kommt, die wiederum offenbar als Reseller der Swisscom auftritt. Auch andere Büsinger bestätigten auf Nachfrage, dass sie "von der Swisscom" mit Internet und Kabel-TV versorgt werden.
Der Internet-Zugang lief während unseres Tests stabil. Erwartungsgemäß hatten wir eine IP-Adresse aus der Schweiz - obwohl wir einen Festnetzanschluss in Deutschland genutzt haben. Das mag auf den ersten Blick unwichtig zu sein. Der Teufel steckt aber im Detail. Beim Versuch, die Fußball-Bundesliga über Sky Go zu schauen, wurde nach Öffnen der App des Pay-TV-Veranstalters die Fehlermeldung angezeigt, die Inhalte seien "online nur in Deutschland und Österreich oder während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem EU-Staat" verfügbar.
Sky Go ist in Büsingen nicht nutzbar
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Die Schweiz gehört zwar zum Schengen-Raum, aber nicht zur Europäischen Union. Mit IP-Adresse aus der Eidgenossenschaft funktioniert das Pay-TV-Streaming folglich nicht. Das gleiche gilt auch für andere Streamingdienste, die zwar in Deutschland und den EU-Staaten, nicht aber in der Schweiz verfügbar sind.
Grenzenlose TV-Programmvielfalt
Des Streamers Leid ist des klassischen TV-Zuschauers Freud: Die Programmauswahl in schweizerischen Kabelnetzen ist nämlich sehr groß. Davon profitieren auch die Büsinger Kunden der sasag Kabelkommunikation AG. Zu empfangen sind nicht nur die landesweiten und regionalen Fernsehprogramme aus der Schweiz. Auch die deutschen öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender sind verfügbar - im Falle der kommerziellen Programme allerdings mit schweizerischem Werbefenster.
Darüber hinaus werden auch die Fernsehprogramme des Österreichischen Rundfunks eingespeist, obwohl der ORF in der Region um Schaffhausen und Büsingen nicht ortsüblich zu empfangen ist. Zum Vergleich: Deutsche Kabelnetzbetreiber mussten die ORF-Programme auf Drängen kommerzieller deutscher Sender vor Jahren aus ihren Netzen entfernen - auch in Regionen wie München, wo der terrestrische Empfang möglich ist. Nicht zuletzt sind im sasag-Kabelnetz auch eine Reihe von Fernsehprogrammen aus weiteren europäischen Ländern zu sehen. Als Pay-TV-Angebot ist Blue+ - ebenfalls aus der Schweiz - verfügbar. Auch zahlreiche Hörfunkprogramme werden digital ins Kabel eingespeist.
IP-Adresse aus der Schweiz
Screenshot: teltarif.de
Die schwache Mobilfunkversorgung, die Streaming-Sperre für deutsche Angebote und das umfassende, aber eher auf schweizerische Zuschauer zugeschnittene Kabelfernsehen sind nicht die einzigen Besonderheiten in Büsingen. Kostenpflichtige Dienste von Skype können in der Enklave nicht gebucht werden. Darauf weist der Microsoft-Service auch offiziell in seinen AGB hin. Wie die Welt berichtet, hängt das mit der Mehrwertsteuer-Befreiung in Büsingen zusammen.
Auch auf der Insel Helgoland sind zahlungspflichtige Skype-Dienste nicht verfügbar. Bereits vor über fünf Jahren haben wir die Mobilfunk-Versorgung auf der Nordsee-Insel getestet.