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Editorial: Ärger über den Rundfunkbeitrag

"Haushaltspauschale" kommt Kommunen und Betrieben teuer
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Zu Jahresbeginn wurde die bisherige Rundfunkgebühr durch den neuen Rundfunkbeitrag abgelöst Zu Jahresbeginn wurde die bisherige Rundfunkgebühr durch den neuen Rundfunkbeitrag abgelöst
Foto: dpa
Kaum hat sich die berühmt-berüchtigte GEZ von Gebühreneinzugszentrale in Beitragsservice umbenannt, ist das Image auch schon wieder dahin. Grund ist die Umstellung der Rundfunkgebühren auf eine Haushaltspauschale, die künftig von allen bezahlt werden muss, egal, ob ein Rundfunkgerät herkömmlicher oder neuer Bauart (z.B. Internet-PC) vorhanden ist. Nicht einmal die verhassten Kontrollen werden künftig wegfallen, denn die Frage, ob eine Wohnung bewohnt ist, und folglich die Haushaltsabgabe fällig wird, wird wohl auch künftig im Zweifelsfall vor Ort geklärt werden müssen. Dazu wird auch künftig fleißig mit den Meldeämtern zusammengearbeitet werden.

Bisher waren die Kommunen über die inoffizielle Zusammenarbeit mit der GEZ gar nicht so unglücklich, wurden hier doch die Meldedaten regelmäßig von unabhängiger Seite kontrolliert. Doch jetzt regt sich Widerstand, weil die Haushaltspauschale ihrem Namen zum Trotz auch für Betriebsstätten eines Unternehmens, für gewerblich genutzte Fahrzeuge und eben auch für öffentliche Behörden bezahlt werden muss.

Gerade auf die chronisch klammen Kommunen kommen erhebliche Mehrbelastungen zu, wenn sie künftig für jedes kleine Amt, jede Schule, jede Bücherei, jede Polizei- oder Feuerwehrstation Beitrag entrichten müssen. Insbesondere dünn besiedelte Flächengemeinden sind hiervon überproportional betroffen. Aber selbst Großstädte wie Köln beklagen, dass die Gebühren, äh, Beiträge nach dem neuen Modell sprunghaft steigen, und die Ämter- und Fahrzeug-Zählerei erheblichen bürokratischen Aufwand beschert.

Parallel mit den Kommunen klagen auch die Einzelhändler, die naturgemäß ebenfalls eine große Zahl an Läden unterhalten, die alle als beitragspflichtige Betriebsstätte zählen, egal, ob Radios oder gar Fernseher vorhanden sind oder nicht. Rossmann zieht deswegen vor's Gericht, andere Einzelhandelsketten werden wahrscheinlich folgen.

Ob sich - wie bisher in der Vergangenheit nach jeder Beitragserhöhung geschehen - nach anfänglicher Aufregung die Wogen wieder glätten und die Gerichte grundsätzlich pro Gebühren- bzw. Beitragspflicht entscheiden, oder ob dieses Mal der Ärger doch reicht, das System der Rundfunk-Pflichtbeiträge grundsätzlich zu ändern, bleibt abzuwarten. Bisher jedenfalls lief der Ärger immer ins Leere.

Wenig Spielraum

Zu Jahresbeginn wurde die bisherige Rundfunkgebühr durch den neuen Rundfunkbeitrag abgelöst Zu Jahresbeginn wurde die bisherige Rundfunkgebühr durch den neuen Rundfunkbeitrag abgelöst
Foto: dpa
Fest steht, dass es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Ganzes keine alternativen Möglichkeiten der Finanzierung gibt. Die Umstellung auf ein Abonnenten-Modell wie beim Pay-TV würde wegen der Abmeldung von ÖR-Verweigerern die monatlichen Beiträge in eine Höhe katalputieren, die zwangsläufig eine große Zahl von weiteren Abmeldungen zur Folge hat, woraufhin der Beitrag noch weiter steigt, was die Spirale immer weiter nach oben treibt. Ebensowenig ist aufgrund der großen benötigten Summe und der Altersstruktur der Zuschauer die Umstellung der öffentlich-rechtlichen Sender auf ein komplett werbefinanziertes Programm realistisch.

Genauso wenig wäre es aber politisch durchsetzbar, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz einzustellen. Denkbar sind also allenfalls Reformen: Die Zahl der Vollprogramme könnte schrittweise reduziert werden, der Anteil an teuren Sportübertragungen und Unterhaltungsprogrammen zurückgefahren werden. Zudem könnten die Sendeanstalten stärker zum Wettbewerb als bisher gezwungen werden: Wer das beste Programm macht, bekommt den größten Anteil am Gebührentopf.

Am Ende würde beim schrittweisen Ausstieg aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie beim Atomausstieg über Restlaufzeiten und Abschalttermine gestritten werden; möglicherweise kommt es nach einem Regierungswechsel auch zum Ausstieg aus dem Ausstieg. Aber, wie schon geschrieben: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich fundamental etwas ändert, ist gering. Dazu wird der Ärger über die Beiträge auch dieses Mal nicht reichen.

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