Handelsverband warnt vor Rücksendegebühr-Pflicht
Beim Onlinehandel wird viel bestellt und viel zurückgeschickt. Zu viel?
Foto: Picture Alliance / dpa / Montage: teltarif.de
Der Handelsverband Deutschland (HDE), der Dachverband des Einzelhandels, lehnt die Einführung einer verpflichtenden Rücksendegebühr bei Retouren von mangelfreien Produkten ab. „Den Unternehmen jetzt gesetzlich vorzuschreiben, Rücksendungen nur noch kostenpflichtig anzubieten, würde in den Wettbewerb eingreifen und die Bemühungen um Innovationen bremsen“, sagte die HDE-Geschäftsführerin für Nachhaltigkeit, Antje Gerstein, der in Düsseldorf erscheinenden Wirtschaftszeitung Handelsblatt. „Zudem ist es angesichts der EU-Vorgaben zum Widerrufsrecht und zu den Kostentragungspflichten fraglich, ob ein nationaler Alleingang bei der Regelung zum Widerrufsrecht überhaupt sinnvoll und machbar ist.“
Kostenlose Retouren möglich
Beim Onlinehandel wird viel bestellt und viel zurückgeschickt. Zu viel?
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Gerstein gab zu bedenken, dass die Verbraucherrechte-Richtlinie den Händlern die Möglichkeit einräume, kostenlose Retouren zu ermöglichen. „Statt die Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufsrechts zu reglementieren, sollten auf europäischer Ebene besser die Möglichkeiten des Missbrauchs des Widerrufsrechts eingeschränkt werden“, mahnte die HDE-Expertin. „Damit könnte die Zahl der Retouren sinnvoll und effizient reduziert werden.“ Wie das genau aussehen könnte, sagte sie nicht.
Künstliche Intelligenz soll Kundenzufriedenheit stärken
Im Übrigen liege es im Interesse des Handels, die Zahl der Retouren aus ökologischer und ökonomischer Sicht so klein wie möglich zu halten, betonte Gerstein. „Dabei arbeiten die Handelsunternehmen beispielsweise mit Systemen Künstlicher Intelligenz, um den Kundenwunsch so passgenau wie möglich erfüllen zu können.“
Idee aus dem Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen im Bundesjustizministerium hatte die Einführung einer „Kostentragungspflicht“ ins Spiel gebracht. In einem Policy-Brief des Beratungsgremiums, der heute an das Ministerium übergeben wurde, begründen die Experten ihren Vorstoß damit, dass viele Unternehmen aus Wettbewerbsgründen von Rücksendegebühren absähen. „Dieses Problem wäre gelöst, wenn von Gesetzes wegen die Kunden zur Tragung der Rücksendegebühren verpflichtet wären.“ Die Sachverständigen betonen die positiven Effekte einer solchen Gebühr. So zeige eine Studie der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg von 2019, dass bereits die Einführung einer Mindestrücksendegebühr von drei Euro zu einer Senkung der Retourenanzahl um 16 Prozent führen würde.
Produkte zur Ansicht
Viele Kunden bestellen bestimmte Produkte zur Ansicht, beispielsweise in verschiedenen Größen, um dann die Ware, die nicht gefällt oder nicht passt, zurückzuschicken. Das erzeugt eine Menge zusätzlichen Warenverkehr und höhere Kosten, insbesondere bei kleineren Anbietern, die ihre Rücksendungen gar nicht mehr selbst annehmen, sondern Spezialunternehmen damit beauftragen oder manche Waren sogar einfach unbesehen "verschrotten" lassen, nur weil es am Ende billiger ist, als auszusortieren oder aufzuarbeiten.
Für große Unternehmen wie dem Marktführer Amazon gehören kostenlose Rücksendungen zur DNA, denn ein zufriedener Kunde bestellt sich bald wieder etwas.