Themenspezial: Verbraucher & Service Beschluss

Bundestag für schnelles Internet - Kritik aus Bayern

Lang­sames Internet? Ein Ärgernis. Beson­ders wenn daheim gar keine bessere Verträge verfügbar sind und der einzige Anbieter keine Beschleu­nigung verspricht. Ein neuer Rechts­anspruch verspricht nun Abhilfe. Doch einem CSU-Minister geht das nicht weit genug.
Von dpa /

Recht auf schnelles Internet kommt Recht auf schnelles Internet kommt
Bild: NetCologne/Marius Becker
Das "Recht auf schnelles Internet" rückt in greif­bare Nähe. Der Digi­tal­aus­schuss des Bundes­tags erteilte am Mitt­woch mit den Stimmen der Ampel­koali­tion sein Einver­nehmen mit einem Vorschlag der Bundes­regie­rung. Nun fehlt nur noch das grüne Licht des Bundes­rats, dann sind die Vorgaben rechts­ver­bind­lich. Es ist das erste Mal, dass die Verbrau­cher einen Rechts­anspruch auf eine Breit­band-Grund­ver­sor­gung haben.

Überall in Deutsch­land soll demnach künftig eine Down­load-Geschwin­dig­keit von mindes­tens zehn Megabit pro Sekunde erreicht werden und eine Upload-Rate von 1,7 Megabit pro Sekunde. Die Latenz - also die Reak­tions­zeit - soll nicht höher als 150 Milli­sekunden sein.

Letzte Verord­nung zum Gesetz fehlte noch

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Bild: NetCologne/Marius Becker
Bereits Ende des 2021 war ein Gesetz in Kraft getreten, das den Breit­band-Rechts­anspruch grund­sätz­lich enthält. Es fehlt aber noch die dazu­gehö­rige Verord­nung, in der die genauen Werte und Vorgaben für die Breit­band-Grund­ver­sor­gung enthalten sind. Dieses Regel­werk ist nun so gut wie beschlossen.

Die Mindest­werte zum Upload und Down­load sind niedrig und die Latenz-Vorgabe ist relativ hoch - die aller­meisten Bundes­bürger bekommen daheim deut­lich besseres Internet. Auf dem Land und am Stadt­rand könnten die Vorgaben mancher­orts aber dennoch helfen: Werden die Mindest­werte dort unter­schritten, könnte die Bundes­netz­agentur künftig die Verle­gung besserer Anschlüsse veran­lassen.

Wie viele Haus­halte derzeit mit weniger als zehn Megabit pro Sekunde ins Internet kommen, ist unklar. Nach Schät­zung der Bundes­netz­agentur haben 630.000 Haus­halte weniger als 16 Megabit pro Sekunde. Ein Schätz­wert zur 10-Megabit-Mess­latte liegt nicht vor. Von den 630.000 liegen 300.000 in Gebieten, in denen der Inter­net­ausbau dank staat­licher Förder­gelder ohnehin schon geplant ist - hier ist es also nicht nötig, sich auf den neuen Rechts­anspruch zu berufen, weil bereits Besse­rung in Sicht ist.

Es verbleiben laut Bundes­netz­agentur also 330.000 Haus­halte, die extrem lang­sames Internet von weniger als 16 MBit/s haben. Für einen Teil davon ist die neue 10-Megabit-Vorgabe rele­vant. Künftig werden die Mindest­vor­gaben Jahr für Jahr steigen - der Rechts­anspruch wird also auch für Haus­halte inter­essant, die derzeit noch außen vor sind.

Reak­tionen auf den Beschluss

Der Grünen-Bundes­tags­abge­ord­nete Maik Außen­dorf sprach nach dem Votum von einem "guten Tag für den Verbrau­cher­schutz". Die Verord­nung lege "Mindest­anfor­derungen für die digi­tale Teil­habe fest und gestaltet damit ein neues Verbrau­cher­recht", sagte der Grünen-Poli­tiker. Ein unter­ver­sorgter Haus­halt könne die Bundes­netz­agentur einschalten und die Behörde anschlie­ßend Unter­nehmen dazu verpflichten, die Grund­ver­sor­gung mit Internet zu erschwing­lichen Preisen bereit­zustellen." Das sei ein Novum in Deutsch­land.

Aus Sicht der oppo­sitio­nellen Unions­frak­tion im Bundestag sind die Vorgaben zu lasch. Die CDU/CSU hatte bei dem Votum im Digi­tal­aus­schuss noch versucht, die Vorgaben zum Upload auf 3,4 MBit/s und beim Down­load auf 20 Megabit pro Sekunde zu verdop­peln. Solche Vorgaben hätten "den aktu­ellen Markt­gege­ben­heiten" entspro­chen, sagte der CSU-Bundes­tags­abge­ord­nete Rein­hard Brandl. Der Vorstoß der Union fand aber keine Mehr­heit.

Weiter Diskus­sion um Satel­liten-Internet

Ein strit­tiger Punkt bei dem Thema ist die Frage, inwie­fern Satel­liten-Internet einbe­zogen werden darf, um den Rechts­anspruch auf das Breit­band-Internet als erfüllt zu werten. Wegen der Latenz­vor­gabe mit den 150 Milli­sekunden als Grenz­wert ist recht güns­tiges geosta­tio­näres Sat-Internet eigent­lich außen vor. Aller­dings sind Ausnahmen möglich, über die die Bundes­netz­agentur in Einzel­fällen entscheiden soll. Dem CSU-Poli­tiker Brandl sind solche Ausnah­memög­lich­keiten ein Dorn im Auge. Er befürchtet, dass der Verbrau­cher dadurch eine wesent­lich schwä­chere Posi­tion bekommt, wenn er auf seinen Rechts­anspruch pocht.

Ganz anderer Meinung sind die Telekom­muni­kations- und Digi­tal­ver­bände Deutsch­lands. Sie befürchten, dass die Branche künftig Leitungen zu entle­genen Häusern legen muss und dass dadurch Tiefbau-Kapa­zitäten gebunden werden, die das Internet andern­orts für viel mehr Haus­halte verbes­sern könnten. Die Verbände Anga, Bitkom, Breko, Buglas, Eco, VATM und VKU fordern, zumin­dest in einer Über­gangs­zeit erhöhte Latenz­werte zuzu­lassen, die auch von geosta­tio­nären Satel­liten erreicht werden können. Sie warnten in ihrer Stel­lung­nahme davor, dass ein "De-facto-Ausschluss der Satel­liten­kom­muni­kation die Pläne Deutsch­lands für einen möglichst schnellen Glas­faser­ausbau" gefährde, weil die ohnehin knappen Bauka­pazi­täten umprio­risiert werden müssten.

Baye­rischer Minister übt Kritik

Nachdem ein zentral zustän­diger Bundes­tags­aus­schuss das "Recht auf schnelles Internet" bewil­ligt hat, übt Bayerns Heimat­minister Albert Füra­cker (CSU) Kritik an den Berliner Plänen. "Der Beschluss ist rück­wärts­gewandt und bremst die Digi­tali­sie­rung in Deutsch­land aus", sagte er der Deut­schen Presse-Agentur. Statt­dessen sei eine Beschleu­nigung nötig.

CSU-Poli­tiker Füra­cker, dessen Minis­terium im Frei­staat für den Inter­net­ausbau zuständig ist, macht in seiner Reak­tion auf das Berliner Ausschuss-Votum deut­lich, dass er für eine höhere Mindest-Vorgabe ist. Einen Wert schlägt er aller­dings nicht vor.

Trotz der kriti­schen Haltung Füra­ckers wird nicht damit gerechnet, dass die Länder­kammer sich quer stellt und die Verord­nung dadurch noch wesent­lich geän­dert wird.

Der Verband der Anbieter von Telekom­muni­kations- und Mehr­wert­diensten (VATM) nutzte die Gele­gen­heit, auf der Messe ANGA COM die vierte Gigabit Studie vorzu­stellen.

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