Stellungnahme

Editorial: Lobby am Start!

Tk-Branche gegen Netz- und Router-Neutralität
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Für die Kunden wichtiger halte ich daher die zweite Maßnahme aus dem Rösler-Paket: Das ausdrückliche Verbot des Router-Zwangs. Zwar steht die Endgerätefreiheit eigentlich schon im TKG, doch die Tk-Anbieter unterlaufen diese, indem sie den eigenen, dem Kunden bei der Schaltung des Anschlusses gestellten Router kurzerhand zu ihrem eigenen "kundenseitigen Netzabschluss" umdefinieren. Ein solcher kundenseitiger Netzabschluss war beispielsweise bei ISDN zwingend erforderlich: Der NTBA übersetzte von einer zweidraht-Punkt-zu-Punkt-Verbindung auf einen vierdraht-Bus.

Nun konnte man beim NTBA so gut wie nichts konfigurieren: "Stecker in die Steckdose oder nicht" war die einzige Frage, denn ISDN funktionierte in der Regel auch dann, wenn man den Stecker des NTBA nicht eingesteckt hatte, so lange die ISDN-Endgeräte nicht zu viel Strom vom ISDN-Bus abforderten (der bei ausgestecktem NTBA dann den ganzen Weg vom Amt kommen musste, also entsprechend limitiert war). Bei einem DSL-Router sieht das schon anders aus: WLAN-Passwörter, weitere VoIP-Provider, zeitliche Beschränkungen für bestimmte Familienmitglieder, gar ein kleiner Heimserver und vieles mehr lassen sich einstellen. Und entsprechend limitiert ist der Kunde, wenn er den Router-Hersteller nicht frei wählen kann, und/oder nur vom Provider "verdongelte" Router erhält, in denen gerade kostensenkende Funktionen deaktiviert sind.

In einigen Fällen kann ein vorkonfigurierter Router sinnvoll sein

Andererseits gibt es auch genügend Beispiele, wo es sinnvoll ist, dass der Tk-Anbieter selber einen vorkonfigurierten Router ausliefert, bei Bedarf sogar selber installiert, und sich auch um dessen Wartung kümmert. Andernfalls würden insbesondere bei der anstehenden Umstellung des Analognetzes auf NGN-Technik viele ältere Kunden, die eben keinen DSL-Router konfigurieren und VoIP einrichten können, sprichwörtlich abgehängt.

Es kann und muss also auch künftig netzseitige Router geben können. Wichtig ist für mich hier eine klare Trennung: Entweder gehört der Router voll in die Hände des Netzbetreibers oder voll in die Hände des Kunden. Dass sich der Netzbetreiber gezielt die Vorteile herauspickt, zum Beispiel den Zugang zum VoIP-Konfigurationsmenü sperrt, so dass die Kunden dort zum einen nichts falsch eingeben können (und so den Aufwand an der Störungshotline reduziert) und zum anderen keine alternativen VoIP-Provider einstellen können (so dass mehr Kunden teure Anrufe zum Handy über den Netzbetreiber durchführen), zugleich aber die Lasten beim Kunden lässt (etwa den Stromverbrauch des Routers oder die Bereitstellung eines Ersatzgeräts, sollte der Router nach Ablauf der Garantie ausfallen), das geht dann nicht mehr.

Klare Entscheidung: Router beim Kunden oder beim Netzbetreiber

Router beim Netzbetreiber bedeutet, dass er sich um alle Dienste kümmert. Ist beispielsweise vorgesehen, dass sich WLAN-Endgeräte anmelden können, muss der Kunde das auch mit Hotline-Unterstützung durchführen können. Eine solche unterstützte Anmeldung muss nicht kostenfrei sein; die Kosten dürfen aber auch nicht aus der Welt sein. Ohne Zusatzkosten muss sich der Netzbetreiber hingegen um die Wartung des als netzseitig betrachteten Routers kümmern, insbesondere also regelmäßig die Sicherheitsupdates einspielen. Zur Wartung gehört auch, dass der Netzbetreiber bei einem Ausfall selbständig feststellt, ob sein Netz oder der Router defekt ist, und ggfs. kostenfrei ein Ersatzgerät zur Verfügung stellt. Ebenso versorgt der Netzbetreiber einen zu seinem Netz gehörenden Router selber und auf seine Kosten mit Strom. Ist netzseitige Speisung unmöglich, muss der Router seinen eigenen Stromverbrauch messen, und der Netzbetreiber muss regelmäßig mit dem Kunden über die Stromkosten abrechnen. Nur, wenn der Kunde den Router selber kaputt macht, muss er auch selbst für den Schaden bezahlen.

Ist der Router hingegen das kundenseitige Endgerät, dann darf es keine gesperrten Menüs, nur gegen Gebühr beim Netzbetreiber freischaltbaren Dienste, versteckten VoIP-Zugangsdaten oder ähnliches mehr geben. Dafür kümmert sich der Kunde selber um die Updates, zahlt selber den Strom, kauft sich bei einem irreparablen Defekt selbst einen neuen Router und schließt diesen auch selbst an - unter Nutzung der Zugangsdaten, die für ihn im Konfigurationsmenü des alten Routers frei einsehbar waren und/oder die ihm der Netzbetreiber mitgeteilt hat. Der Kunde hat dann wieder die Wahl - zwischen vollem Service und voller Freiheit.

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