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Editorial: Dienst im Netz

"Auf dieser Handy-Rufnummer geht kein Handy ran"
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"Kostenlos in über 70 Länder telefonieren" - so bewirbt der Callthrough-Spezialist Sparruf sein neues Angebot. Das klingt so spektakulär, dass man sich automatisch fragt: "Und wo ist der Haken?" Im Falle von Sparruf besteht dieser in der Einwahlnummer im virtuellen Netz von vistream. Somit können nur die Kunden, deren Flatrate auch Telefonate ins vistream-Netz abdeckt, mit Sparruf kostenlos ins Ausland telefonieren. In der Regel ist das nur bei den teuren Flatrates in alle Netze der Fall. Zudem droht das übliche Spiel, dass die Netzbetreiber die Einwahlnummer sperren oder die Verbindungen trotz Flatrate doch berechnen könnten, wenn der Trick mit Sparruf zu beliebt wird.

Dennoch gibt es gute Gründe, sich die Einwahlnummer von Sparruf (0157 0248 0000) auf Vorrat ins Handy-Telefonbuch zu speichern. Denn der Anruf zur Sparruf-Nummer, die kostenlos ins Festnetz vieler Länder und sogar ins Handynetz einiger weniger Länder weitervermittelt, ist bei den allermeisten Handyverträgen und Prepaid-Karten wesentlich günstiger als die direkte Anwahl derselben Nummer. Denn von wenigen löblichen Ausnahmen wie Blauworld und Fonic abgesehen, werden Kunden, die mit dem Handy ins Ausland telefonieren, noch immer als Melkkuh betrachtet.

(Teil-)Auszahlung der Interconnection-Entgelte

Sparruf bietet den kostenlosen Dienst aber bestimmt nicht aus reiner Nächstenliebe an, sondern, weil sie damit selbst Geld verdienen wollen. Die wahrscheinlichste Einnahmequelle von Sparruf ist daher eine Ausschüttung eines Teils der Interconnection-Entgelte. Diese erhält vistream für jeden Anruf auf die 01570-Nummer.

Wird ein normales Handy im virtuellen vistream-Netz angerufen, muss vistream den Anruf aber über das reale E-Plus-Netz zustellen und dafür wahrscheinlich auch einen großen Teil der kassierten Interconnection-Entgelte an E-Plus weiterreichen. Doch die Eiwnahlnummer von Sparruf wird natürlich nicht an ein Handy, sondern an das Vermittlungssystem von Sparruf weitergeleitet. Folglich kassiert auch E-Plus nichts und der Weg für eine Ausschüttung an Sparruf ist frei.

Im Festnetz sind Dienste, die per Interconnection-Entgelt bezahlt werden, nichts neues. "Kostenlose" Einwahlnummern für Internetzugang oder Telefonkonferenz sind dort seit Jahren bekannt. Auch im Mobilfunk gibt es seit Jahr Rufnummern mit Auszahlungen an den jeweiligen Anbieter. Als Beispiele seien die ADAC-Hotline oder die Auskunftsdienste genannt. Doch liegen diese Dienste in den Handynetzen allesamt auf Kurzwahlen oder Sonderrufnummern und kosten den Nutzer deutlich mehr als ein normales Telefonat.

Auszahlungen für normale Handynummern sind hingegen neu, und insofern betreibt vistream einen Tabubruch. Und so ist es durchaus möglich, dass die anderen Netzbetreiber versuchen werden, vistream baldmöglichst zur Räson und damit zur Abschaltung von Sparruf zu bringen. Denn schließlich verlieren sie auf diesem Weg nicht nur Einnahmen mit bestehenden Kunden. Je mehr Sonderdienste im Bereich der Handynummern auftauchen, desto höher dürfte auch der Druck auf die Bundesnetzagentur auf eine zügige Senkung der Terminierungsentgelte werden.

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