Stimmungsmache

Handelsblatt: Telekom forciert Huawei?

Seit einiger Zeit wird über Vorbe­halte gegen­über dem chine­si­schen Liefe­ranten Huawei intensiv disku­tiert. Immer wieder werden neue "Beweise" vorge­legt.
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Wie abhängig ist die Deutsche Telekom von Huawei? Das Handelsblatt will vertrauliche Dokumente dazu erhalten haben. Wie abhängig ist die Deutsche Telekom von Huawei? Das Handelsblatt will vertrauliche Dokumente dazu erhalten haben.
Foto: Picture Alliance / dpa
Die renom­mierte Wirt­schafts­zei­tung Handels­blatt meldet, interne Doku­mente der Deut­sche Telekom entdeckt zu haben, die beweisen sollen, dass die Deut­sche Telekom "trotz Warnungen von Sicher­heits­be­hörden" die Part­ner­schaft mit Huawei "forciert" habe.

Part­ner­schaft mit Huawei forciert?

Wie abhängig ist die Deutsche Telekom von Huawei? Das Handelsblatt will vertrauliche Dokumente dazu erhalten haben. Wie abhängig ist die Deutsche Telekom von Huawei? Das Handelsblatt will vertrauliche Dokumente dazu erhalten haben.
Foto: Picture Alliance / dpa
Huawei sei demnach nicht nur ein zentraler Liefe­rant für den Ausbau des Echt­zeit­mo­bil­funks 5G, sondern spiele auch eine wich­tige Rolle in fast allen anderen Zukunfts­plänen des Dax-Konzerns: Beim Cloud­dienst der Telekom, beim Breit­band­ausbau und beim Fern­seh­an­gebot.

Tech­no­lo­gie­vor­sprung gewünscht

Wie die Unter­lagen zeigen, so das Handels­blatt, habe die Telekom Huawei aufge­for­dert, ihr in Deutsch­land einen Tech­no­lo­gie­vor­sprung gegen­über ihren Wett­be­wer­bern einzu­räumen. Kurz habe die Telekom notiert: „Huawei wird Plan erstellen, um klare 5G-Führer­schaft mit spür­barem Vorsprung auf Voda­fone zu sichern.“ Die Doku­mente würden darüber hinaus belegen, dass die Telekom befürch­tete, von US-Sank­tionen gegen Huawei „negativ betroffen“ zu werden. Die beiden Konzerne seien darauf hin noch enger zusammen gerückt und hätten gemeinsam beraten, wie sie eine Versor­gung mit 5G-Kompo­nenten sicher­stellen könnten. Sie hätten sich darauf geei­nigt, verstärkt auf „US-freie“ Netz­bau­teile zu setzen. Zugleich habe die Telekom ihre Koope­ra­tion mit Huawei im Cloud-Geschäft immer weiter ausge­baut.

Keine Abhän­gig­keit von Huawei?

Nach Angaben des Handels­blattes, habe ein Telekom-Spre­cher bestritten, dass es eine beson­dere Abhän­gig­keit von Huawei gebe. Der Dax-Konzern habe zuletzt die Umsätze mit Huawei redu­ziert. Das chine­si­sche Unter­nehmen wollte sich nicht zu Details äußern. Ein Huawei-Spre­cher bestä­tigte aber, die Firma habe ihre engen Bezie­hungen zur Telekom nie verheim­licht.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Das Thema ist nicht neu. Das Land China hat ein poli­ti­sches System, das - soweit wir es über­haupt kennen - uns nicht sonder­lich gefallen kann, da dort von der offi­zi­ellen Partei­linie abwei­chende Meinungen schnell die "Ungnade" der herr­schenden Systeme auslösen können und in der chine­si­schen Staats­phi­lo­so­phie der Wert des Kollek­tivs weit vor indi­vi­du­ellen Frei­heits­rechten rangiert.

Ein Unter­nehmen wie die Telekom setzt immer auf mehrere Liefe­ranten ("Vendoren") und muss schon aus eigenem Inter­esse alle Even­tua­li­täten durch­spielen, wenn Liefe­ranten wegen Produk­ti­ons­pro­blemen oder inter­na­tio­naler Verwick­lungen auf einmal ausfallen. Täte sie das nicht, stünde sie zu Recht im Kreuz­feuer der Kritik. Dass die Telekom "tech­no­lo­gi­scher Markt­führer" sein möchte, gehört zur ihrem Marken­kern und viele Tests geben ihr immer wieder Recht. Gleich­wohl muss dieser Titel täglich aufs neue "verdient" werden.

Wenn Liefe­ranten raus­fliegen

Kürz­lich hat die Telekom sich vom Liefe­ranten Nokia (Networks) verab­schiedet. Der Grund: Nokia konnte die gefor­derten Produkte und Funk­tionen der Telekom nicht (recht­zeitig oder über­haupt) liefern. Das mag dem Umstand geschuldet sein, das Nokia lange Zeit "stark mit sich selbst beschäf­tigt" war, die zahl­rei­chen Über­nahmen und Zukäufe von Tech­no­logie-Unter­nehmen mit eigener DNA und Philo­so­phie in das neue riesige Gesamt­un­ter­nehmen Nokia einzu­bauen. Das kostet viel Zeit und Kraft und Nerven und lähmt den laufenden Betrieb. Nokia sollte diese Probleme schnellst möglichst lösen.

Hört man auf den Fluren der Tech­nik­ab­tei­lung bei Telekom genauer hin, so erfährt man so beiläufig, das Produkte von Ericsson nicht überall bei der Telekom eitel Freude bei den Verant­wort­li­chen und den Menschen "im Feld" auslösen.

Wir erin­nern uns, dass es während der Umstel­lung auf VoIP-Tele­fonie im großen Stil massive Probleme gab und der dama­lige Tech­nik­chef der Telekom bran­chen­un­üb­lich den Namen "Ericsson" öffent­lich als Verur­sa­cher in den Mund nahm. Auch heute noch sei nicht alles so stabil, wie es sein sollte, kann man da hören, aber natür­lich möchte niemand nament­lich zitiert werden. Fragt man nach Huawei, bezeichnen die Leute an der Front deren Technik hingegen als recht gute Qualität mit weniger Problemen, zu einem "saugüns­tigen" Preis.

Cui bono (Wem nutzt das?)

Wem nützen die Berichte über Huawei? Soll ein latentes Klima gegen Huawei erzeugt werden, damit möglichst niemand mehr deren Produkte kauft, obwohl sie oft als "gut und günstig" beur­teilt werden?

Soll China "moti­viert" werden, sich im "west­li­chen Sinne" zu "verän­dern" oder "verbes­sern"? Kann es nicht zum Gegen­teil führen, dass Gesetze "aus Trotz" verschärft werden, wie wir es in Hong Kong sehen?

Dass güns­tige Preise und gute Qualität aus China die Damen und Herren in Washington "stören", ist nach­voll­ziehbar. Wenn es dem Wett­be­werb von Huawei nicht gefällt, sollen sie sich schlicht anstrengen, "besser" zu werden.

Was wäre wenn?

Nehmen wir einmal an, die Telekom würde morgen gezwungen, alle Produkte und Dienste der Marke und des Liefe­ranten "Huawei" komplett aus ihrem Netz zu werfen: Das würde richtig viel Geld kosten und viel Zeit brau­chen. Können Nokia oder Ericsson oder andere neue Anbieter die gefor­derten Funk­tionen und Qualität in ausrei­chender Menge liefern? Stei­gende Preise würden aber die Kunden entweder gar nicht oder nur äußerst unwillig akzep­tieren.

Und müssten dann nicht auch Voda­fone und Telefónica genau das Gleiche tun, sprich Huawei aus ihren Netzen komplett ausbauen? Wer den vierten Anbieter 1&1 belie­fern darf und wird, ist nach wie vor unklar. Dem Vernehmen nach, soll(te) er auch aus China kommen.

Gegen Sicher­heits­re­geln und deren strikte Kontrolle kann niemand etwas einzu­wenden haben. Dann muss aber alles auf den Prüf­stand, egal, woher es kommt.

Wir erin­nern uns, Kanz­lerin Merkel wurde abge­hört, über ein Handy von Nokia, vermut­lich über briti­sche oder US-Technik, damals im Netz von Voda­fone.

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