Pornoportal xHamster droht Netzsperre
Dass Kinder im Netz „spielend leicht“ an harte Pornografie kommen, ist Medienaufsehern in Deutschland seit langem ein Dorn im Auge. Bislang konnten sich die Unternehmen vor ihnen sicher fühlen. Doch für einen Anbieter wird es langsam eng.
Wird xHamster gesperrt?
Das Porno-Portal xHamster könnte in Kürze gesperrt werden, weil es keine (wirksame) Altersprüfung gibt.
Foto: Picture Alliance/dpa
Dem reichweitenstarken Pornoportal xHamster droht eine Netzsperre wegen Missachtung des Kinder- und Jugendschutzes. "Bei xHamster haben wir einen bestandskräftigen Bescheid, gegen den keine Rechtsmittel mehr möglich sind", sagte der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Tobias Schmid, der Deutschen Presse-Agentur.
Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht
Andere Portalbetreiber klagen gegen die sie betreffenden Bescheide derzeit noch vor dem Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen. Die Rechtslage sei dabei aus Sicht seiner Behörde "ziemlich eindeutig": "Es ist Pornografie, es gibt keine Altersverifikation und es ist deutsches Recht anwendbar", betonte Schmid.
"XHamster verweigert Kommunikation"
Weil xHamster bislang jegliche Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde verweigere und keine der Maßnahmen umgesetzt habe, um sein Angebot legal zu gestalten, sei man nun an die Netzbetreiber herangetreten. Dies seien unter anderem Vodafone und Telekom: "Wir haben sie über den Umstand informiert, dass es illegale Inhalte in ihren Netzen gibt, die zu sperren sind und hören sie dazu derzeit an. Dann entscheiden wir."
Telekom und Vodafone betroffen
"Wir setzen Zugangssperren nur dann technisch um, wenn diese rechtskräftig angeordnet werden", sagte ein Telekom-Sprecher auf Anfrage. Bei Vodafone hieß es: "Wir arbeiten gerade an der rechtlichen Bewertung." In der Antwort an die Landesmedienanstalt werde man die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember berücksichtigen. Das Gericht hatte der Landesanstalt in vollem Umfang Recht gegeben.
xHamster: Sperren weit von einer optimalen Lösung entfernt
xHamster teilte auf dpa-Anfrage mit, Netzsperren seien "weit von einer optimalen Lösung entfernt". Durch sie würden junge Menschen lediglich auf kleinere Seiten ausweichen, bei denen sie extremeren Inhalten ausgesetzt seien.
Das Unternehmen sei bereit, mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten. Derzeit seien Altersüberprüfungen die einzige Möglichkeit, um junge Menschen von Erwachseneninhalten fernzuhalten. Man könne eine solche Technologie einsetzen. Dies müsse aber branchenweit geschehen.
Landesmedienanstalt bekam keine Antwort
"Ich kenne kaum jemanden, dem wir mehr Briefe und E-Mails geschickt haben als xHamster, und wir haben genau null Antworten bekommen", sagte dagegen Schmid. Es stehe dem Portal aber jederzeit frei, sich rechtskonform zu verhalten und damit das Verfahren gegen sich zu beenden.
Er nehme "etwas erstaunt zur Kenntnis", dass einer der Netzbetreiber eine Anwaltskanzlei beauftragt, um üppige Fristverlängerung gebeten habe und "seine gesellschaftspolitische Verantwortung nicht schneller annimmt", sagte Schmid. Immerhin gehe es um die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen.
Bedauerlich wäre, wenn diese noch monatelang schutzlos blieben. "Es geht schließlich um einen eindeutig rechtswidrigen Inhalt. Wenn das jetzt nicht besser funktioniert, muss sich der Gesetzgeber das auch noch mal anschauen", sagte Schmid. "Jeder 12-Jährige hat heute ein Smartphone und kann von Tiktok zu diesen Angeboten wechseln."
Heimischer PC war früher
Früher sei der Zugang zum Netz über den heimischen PC erfolgt. "Aber die Eltern haben heute darauf keinen Zugriff mehr." Die Situation habe sich einfach verändert. "Hier geht es auch nicht um die Meinungsfreiheit, sondern um ein Geschäftsmodell, das sich einer illegalen Praxis bedient."
Ein Großteil der Eltern in Deutschland scheint hinter dem Vorgehen zu stehen, wie eine repräsentative Meinungsumfrage im Auftrag des Kinderhilfswerks ergeben hatte: 93 Prozent der befragten Eltern sprachen sich für eine verlässliche Altersprüfung und härtere Strafen bei Verstößen aus.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Pornographie hat in der Gesellschaft ein Schmuddel-Image. Wer sich diese Seiten anschauen möchte, will dabei auf absolut gar keinen Fall seine Identität preisgeben. Die Jugendschützer, beispielsweise die Kommission für Jugendmedienschutz (kjm) fordern: "Die Anforderungen an solche AV-Systeme sind wesentlich höher als die Anforderungen an technische Mittel für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote: Sie müssen gewährleisten, dass eine Volljährigkeitsprüfung über eine persönliche Identifizierung erfolgt und beim einzelnen Nutzungsvorgang nur identifizierte und altersgeprüfte Personen Zugang erhalten."
Dass sich die Konsumenten nicht zu erkennen geben wollen, wissen die Porno-Seiten-Betreiber ganz genau und führen deshalb diese Systeme nicht ein. Denn solange es Portale gibt, wo man das nicht braucht, würden die Konsumenten ausweichen. Und selbst wenn sie die Kunden überprüfen und deren Daten speichern müssten, wären sie für Hacker ein lohnendes Ziel. Denn Erpressung mit einer geklauten Kundendatenbank wäre in Ländern, wo die Moral noch "verschobener" ist als hierzulande, eine äußerst lukrative Geschäftsidee.
Ein denkbare Lösung könnte eine unabhängige datenschutzrechtlich 150-prozentig wasserdichte Verifikationsplattform sein, wo sich Interessenten eine Art zeitlich begrenzt gültigen Code (Token) holen können, der von den gewünschten Seiten mit Erwachseneninhalt "anerkannt" wird, ohne zu wissen, wie der Kunde heißt oder wo er/sie wohnt. Da der Code abläuft, muss der berechtigte Nutzer sich fürs nächste Mal einen neuen Code holen. Diese unabhängige Verifikationsplattform müsste dann aber noch besser als Fort Knox gesichert sein und sollte möglichst kostenfrei und einfach nutzbar sein, sonst wird sie von der Zielgruppe nicht akzeptiert.
Das "einfache" Sperren der "indizierten" Seiten über verbogene DNS-Einträge sind für heutige Internets-Kidz, die sich längst besser als die Erwachsenen im Internet auskennen, eher ein Witz, sofern sie sich für solche Inhalte wirklich interessieren. Je "verbotener" und "gehypter" solche Inhalte werden, desto "interessanter" erscheinen sie. Das war schon vor 100 Jahren so und wird es wohl auch in 100 Jahren noch sein.
Zur Problematik dieser Sperren hat sich Kai Petzke in einem Editorial Gedanken gemacht.