Fernsehen

Warum Springer mit Fernsehen hadert

Zwar gehen die Lichter in den TV-Studios von BILD nicht von jetzt auf gleich aus, die Rich­tung ist aber klar: Das große Pres­tige­pro­jekt von Ex-Chef Julian Reichelt hat voraus­sicht­lich keine nach­hal­tige Zukunft. Wo liegen die Probleme?
Ein Kommentar von Björn König

Ein Motto des mäch­tigen CNN-Grün­ders Ted Turner gerät bei Fern­seh­machern nie in Verges­sen­heit: "Early to bed, early to rise, work like hell, and adver­tise". Es ist im über­tra­genen Sinne die Kombi­nation aus harter Arbeit und Werbung, mit der man einen Nach­rich­ten­sender zum Erfolg führt. An Enthu­siasmus und Enga­gement wird es dem Team um BILD-Sender­chef Claus Strunz vermut­lich nicht gefehlt haben, an Werbe­kund­schaft womög­lich schon eher. Zumin­dest, wenn man sich die Einschalt­quoten des Senders anschaut. Tragisch ist die Entwick­lung dennoch für jeden einzelnen Mitar­beiter. Und letzt­end­lich entbehrt es glei­cher­maßen nicht einer gewissen Tragik, dass man es bei Springer nicht schaffte, das Poten­zial der eigenen Medi­enmarke im TV-Geschäft voll­umfäng­lich auszu­schöpfen.

Gute Start­vor­aus­set­zungen

Foto: BILD/Parwez BILD tut sich im Fernsehen schwer
Foto: BILD/Parwez
Nach­richten liegen in der DNA Sprin­gers. Ob mit oder ohne Fern­sehen - an dieser Konstante wird sich voraus­sicht­lich nichts ändern. Dennoch bleibt bei allen Kürzungen im TV-Geschäft von BILD ein mehr als fader Beigeschmack. Wie konnte ein solches Pres­tige­pro­jekt dermaßen im Sand verlaufen? Schließ­lich ist Springer nun wirk­lich kein bescheiden kapi­tali­siertes Hinterhof-Startup, Ex-Chef Reichelt und Strunz keine uner­fah­renen Medi­enma­cher und BILD keine Marke, die man erst mühselig aufbauen muss.

Nein, bei BILD ist man ganz sicher nicht an schlechten Voraus­set­zungen oder womög­lich gar harter Konkur­renz geschei­tert. Wohl aber an einer falschen Erwar­tungs­hal­tung und einer zuneh­mend defen­siven und zaghaften Führung. Von Reichelts großen TV-Visionen blieb nach seinem unrühm­lichen Abgang schlicht nicht mehr viel übrig.

"Welt" tickt (nicht) anders

Es liegt in der Natur von Boule­vard­medien, Massen zu bewegen und zu pola­risieren. Die Frage ist: Warum hat die "Masse" bei BILD aber erst gar nicht einge­schaltet? Kurzum, man blieb sich nicht treu. Unter Chef­redak­teur Johannes Boie verschwimmen die Grenzen zwischen WELT und BILD. Scheinbar ist vielen poten­ziellen Zuschauern über­haupt nicht mehr klar, wie sich beide Medi­enmarken abseits der Farb­gebung unter­scheiden. Zuletzt blieb zuneh­mend die Frage nach dem Allein­stel­lungs­merkmal.

Respek­tabel ist zwei­fels­ohne der Polit-Talk "Viertel nach Acht", wobei das Format aller­dings nicht unwe­sent­lich von der Gesprächs­füh­rung und Meinungs­stärke seiner Gast­geberin Nena Brock­haus profi­tiert. Das allein dürfte aller­dings kaum ausrei­chen, um BILD als TV-Sender über Wasser zu halten. Es fehlte in der Präsen­tation einfach insge­samt an Schärfe und Prägnanz.

TV ist "nice to have"

Natür­lich weiß man bei Springer, dass ein inter­natio­naler Medi­enkon­zern ohne Bewegt­bild nicht funk­tio­niert. Doch - und das ist auch ein Teil der Wahr­heit - waren Springer und Fern­sehen nie eine Liebes­heirat. Man wollte einfach mitspielen, das zeigte sich schon am geschei­terten Einstieg Sprin­gers bei ProSiebenSat.1. Doch auch Fern­sehen ist kein Selbst­zweck.

Mit Julian Reichelt hat BILD letzt­end­lich einen wich­tigen Fürspre­cher des Senders verloren. Darüber kann man geteilter Meinung sein. Mancher Kritiker dürfte sich nun aber im Bedeu­tungs­ver­lust des Senders und der Marke insge­samt bestä­tigt sehen. Egal wie wert­voll eine Medi­enmarke auch sein mag, eben diesen Wert muss vor allem die Redak­tion jeden Tag neu mit Leben füllen und somit deut­lich machen, warum sie rele­vant bleibt. Bei BILD ist dies wie sich rück­bli­ckend zeigt nicht in hinrei­chendem Maße gelungen.

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