CNN: Bald Schluss mit linearem Fernsehen?
Schon vor dem Zusammenschluss von WarnerMedia und Discovery stand fest, dass beim Nachrichtensender CNN der Haussegen schief hängt und es definitiv zu größeren Transformationen kommen muss. Damals scheiterte allerdings der Versuch, stärker auf Streaming zu setzen. Der geplante SVoD-Dienst CNN+ wurde bereits kurz nach dem Zusammenschluss mit Discovery wieder vom neuen CEO David Zaslav eingestellt. Nachdem auch Chris Licht mit Programmreformen bei CNN scheiterte, soll es nun Zaslavs neuer Mann Mark Thompson richten. Wirklich innovativ klingt aber auch seine Strategie nicht.
CNN soll digitaler werden
Der US-Wahlkampf läuft bei CNN künftig stärker auf Smartphones statt TV-Bildschirmen
Foto: Will Lanzoni/CNN
Auch Thompson wird nicht müde zu betonen, dass CNN digitaler werden müsse. In Atlanta besteht somit weiterhin Konsens, dass die Tage des linearen Nachrichtenfernsehens vielleicht noch nicht endgültig gezählt sind, aber man dort wohl auch keine Spitzenquoten mehr schreiben wird. Gemeint ist damit vor allem die Berichterstattung über den Golfkrieg von damals renommierten Reportern und Korrespondenten wie Bernard Shaw, Peter Arnett, Wolf Blitzer und John Holliman. Letzterer gehört zu den Gründungsreportern von CNN und starb 1998 bei einem Autounfall.
"Vielleicht ist das nicht überraschend: Das heutige CNN ist kein Außenseiter mehr, sondern wir haben uns etabliert", so Thompson. "Man sieht immer noch unsere Stärke, wenn große Geschichten ans Licht kommen. Wir verfügen immer noch über brillante On-Air-, Digital- und Produktionstalente sowie eine der meistbesuchten Nachrichten-Websites der Welt. Doch trotz all dieser Stärken gibt es derzeit zu wenig Innovation und Risikobereitschaft."
TV auf dem Smartphone
In seinem Memo an die CNN-Belegschaft, welches im "Hollywood Reporter" veröffentlicht wurde, skizzierte Thompson schließlich, wohin die Reise für das News-Network nach seiner Vorstellung gehen müsse. So sei die neue Primetime der Morgen, Nachrichteninhalte würden vielmehr auf dem Smartphone konsumiert. Mit Blick auf jüngere Zuschauer unter 40 sieht der Sender-CEO auch einen Wandel der Quelle. Demnach kennen viele Zuschauer die CNN-Reporter und Moderatoren von Videos auf YouTube und TikTok statt direkt vom TV-Bildschirm.
Insgesamt wolle man wieder Innovationskraft aus den Anfangszeiten von CNN zurückgewinnen. Eine Strategie ist, diesbezüglich wieder mehr Geld in eigenproduzierte Inhalte zu investieren. "Ich bin ein starker Befürworter von Nachrichteninhalten und aktueller Unterhaltung und habe vor, sowohl in Originals zu investieren als auch mutiger neben unserem Kernnachrichtenangebot zu experimentieren", schrieb Thompson an die Mitarbeiter.
Spielt Zaslav mit?
Thompson ist ein erfahrener Medienmanager. Er war Generaldirektor der BBC und leitete als CEO die New York Times. Wenn jemand das Ruder in Atlanta rumreißen kann, dann er. Zumal der Medienprofi sowohl einen Blick auf das europäische wie auch US-Mediengeschäft einbringt. Dennoch, CNN ist ein anderes Kaliber als die "alte Dame" BBC. Das Zeitungsgeschäft steht ohnehin vor ganz anderen Herausforderungen.
Viel entscheidender ist jedoch nicht nur was Thompson selbst für CNN plant, sondern wie weit die Konzernmutter Warner Bros. Discovery seiner Strategie folgt. Man darf nicht vergessen, die Kürzungen bei CNN gingen nicht auf das Konto von WarnerMedia, sondern wurden im fusionierten Konzern mit Discovery von David Zaslav eingeleitet. Und wenn Zaslav derzeit eine Entwicklung überhaupt nicht gern sieht, sind es höhere Konzernschulden und ausbleibender Erfolg bei inhaltlichen Großprojekten.