Glasfaser: Konkurrenz führt zu sinnlosem Überbau
Berlin lahmte lange Zeit in Sachen Glasfaserausbau hinterher. Doch inzwischen überschlagen sich die Netzbetreiber geradezu mit Ankündigungen für Ausbauprojekte in der Hauptstadt. Jüngstes Beispiel: Global Connect will Berlin bis spätestens 2030 mit einem flächendeckenden FTTH-Netz versorgen. Darauf hat sich der Netzbetreiber mit dem Land Berlin verständigt. Über die Marke Homenet wurde bereits in Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf die Vorvermarktung gestartet. Rund 50.000 Berliner Haushalte will Global Connect an sein Netz anschließen.
Schwer vorstellbar, dass der Netzbetreiber dabei anderen nicht ins Gehege kommt. Tele Columbus, DNS:NET oder die Deutsche Telekom graben ebenfalls Berliner Straßen auf, um Glasfaser zu verlegen. Zudem beginnt Vattenfall Eurofiber (VFE) in Kürze mit den Bauarbeiten für ein FTTB-Netz in Charlottenburg. Dort sollen 20.000 Haushalte einen Glasfaseranschluss erhalten. VFE ist bereits in Spandau und Marzahn aktiv. Bis 2026 will der Netzbetreiber eine halbe Million Berliner Haushalte mit Glasfaser versorgen.
Goldbecks Bürgermeister René Schernikau (li.) und Hardy Heine, Repräsentant der DNS:NET, unterzeichnen die Kooperationsvereinbarung
Foto: Gemeinde Goldbeck/DNS:NET
Anstatt für jeden Haushalt einen Glasfaseranschluss zu verlegen und über den die Dienste verschiedener TK-Unternehmen anzubieten, dürfen sich nicht wenige Berliner in Zukunft über zwei oder noch mehr Netzanschlüsse „freuen“. In und um Berlin ist auch DNS:NET aktiv. Das Unternehmen dürfte bei den jüngsten Ausbauprojekten weniger Konkurrenz als in Berlin erwarten, dafür liegen Arneburg-Goldbeck und Reppinichen zu weit von der Hauptstadt entfernt. In der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck will DNS:NET die Gebiete ausbauen, die bisher bei der Breitbandförderung nicht berücksichtigt wurden. Allerdings muss sich die Hälfte der Haushalte für einen Vertrag mit dem Netzbetreiber entscheiden, damit die Bagger anrollen.
Überbau, um die Konkurrenz zu schwächen
Auch in anderen Städten treffen Netzbetreiber aufeinander. In Düsseldorf ist der Stadtrat bemüht, den Überbau zu vermeiden. Von den rund 340.000 Haushalten versorgt Vodafone bereits über das Kabelnetz 320.000 mit Gigabit. Darüber hinaus baut der TK-Konzern in diesem Jahr für 5000 Wohneinheiten der Städtischen Wohnungsgesellschaft sowie für 3000 Wohneinheiten der Beamten-Wohnungsbau-Genossenschaft ein FTTB-Netz auf.
Gleichzeitig buddelt sich aber auch die Telekom durch die rheinische Tiefebene. Seit ein paar Wochen können 16.000 Haushalte in den Düsseldorfer Stadtteilen Hellerhof, Dreieck Nord, Flingern Süd und Oberbilk über das Glasfasernetz der Telekom im Internet surfen. Damit versorgen die Bonner bereits 31.000 Haushalte in der Landeshauptstadt von NRW.
Im Zeichen der Glasfaser: Vertreter der Kommune und der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen sowie der Deutschen Telekom haben in einem Kooperationsvertrag den Glasfaserausbau vereinbart
Foto: Alfred Drossel
Insgesamt will die Telekom in Düsseldorf bis 2025 rund 160.000 Haushalte anschließen und wird damit das Vodafone-Kabelnetz überbauen. Ihre Projekte sind aber nicht auf die Stadt allein konzentriert. In Meerbusch, nördlich von Düsseldorf, will die Telekom bis 2026 für 30.000 Haushalte Glasfaseranschlüsse bauen. Weitere Großprojekte hat die Telekom jüngst in Salzgitter (30.300 Haushalte bis Ende 2023), Weiden (27.000 Haushalte bis 2026) und Bietigheim-Bissingen (20.000 Haushalte bis 2030) angekündigt. Hier kooperiert der Netzbetreiber mit den hiesigen Stadtwerken.
„Kooperationen sind ein zentraler Baustein unserer Glasfaser-Strategie“, sagt Thilo Höllen, Leiter Breitbandkooperationen bei der Telekom Deutschland. Das gilt allem Anschein nach aber nicht überall, denn die Kritik einiger Marktteilnehmer an der Telekom, als marktmächtiges Unternehmen Glasfasernetze nur zu überbauen, um der Konkurrenz zu schaden, wird immer lauter. Zuletzt äußerte sich der Mitgeschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), Frederic Ufer, auf dem „Telecommunications Executive Circle“ am 22. Juni kritisch zum Gebaren der Telekom.
Kein Miet- oder Pachtmodell zwischen Telekom und NetcomBW
Netze werden allerdings nicht nur von der Telekom überbaut, wie das Beispiel Berlin zeigt. Besonderen Ärger ruft der Überbau aber immer dann hervor, wenn eigenwirtschaftlich ausgebaute Netze durch geförderte überbaut werden. Das dürfte im Landkreis Sonnenberg aber nicht der Fall sein. Hier will die Thüringer Netkom in unterversorgten Gebieten, den sogenannten weißen Flecken, 1500 Haushalte,
278 Unternehmen und 25 Schulen bis 2025 an ein FTTH-Netz anschließen. Der Landkreis, das Land Thüringen und der Bund investieren dafür 19 Millionen Euro.
Im Landkreis Sonneberg will die Thüringer Netkom für 1500 Haushalte, 278 Unternehmen und 25 Schulen in unterversorgten Gebieten bis 2025 FTTH-Anschlüsse bauen
Foto: Thüringer Netkom GmbH
Dagegen überbaut die Telekom in Wolfschlugen das Netz der NetCom BW/FairNetz. Hier hat zwar der Breitbandspezialist tktVivax den geförderten mit dem eigenwirtschaftlichen Ausbau kombiniert, sodass nach fünf Jahren rund 3500 Einwohner in weißen Flecken einen FTTH-Anschluss von der Telekom bekommen haben, aber die Bonner belassen es dabei nicht. "Es gibt bis heute leider keine Vereinbarung zwischen der Netcom-BW/FairNetz und der Telekom für ein potentielles Miet- oder Pachtmodell", heißt es in einem FAQ-Dokument der Gemeinde auf ihrer Webseite. Sinnvoll ist das nicht.
In einer weiteren News geht es um: Vodafone: Glasfaser-Kooperation steht kurz bevor.