Breitbandausbau

Glasfaser: Konkurrenz führt zu sinnlosem Überbau

Bislang führte zum Haus ein Telefon- und ein TV-Kabel. Inzwi­schen kann es aber passieren, dass weitere Kabel dazu­kommen: Glas­faser­kabel, denn in einigen Gebieten über­bauen sich die Netz­betreiber gegen­seitig.
Von Marc Hankmann

Berlin lahmte lange Zeit in Sachen Glas­faser­ausbau hinterher. Doch inzwi­schen über­schlagen sich die Netz­betreiber gera­dezu mit Ankün­digungen für Ausbau­pro­jekte in der Haupt­stadt. Jüngstes Beispiel: Global Connect will Berlin bis spätes­tens 2030 mit einem flächen­deckenden FTTH-Netz versorgen. Darauf hat sich der Netz­betreiber mit dem Land Berlin verstän­digt. Über die Marke Homenet wurde bereits in Bies­dorf, Mahls­dorf und Kauls­dorf die Vorver­mark­tung gestartet. Rund 50.000 Berliner Haus­halte will Global Connect an sein Netz anschließen.

Schwer vorstellbar, dass der Netz­betreiber dabei anderen nicht ins Gehege kommt. Tele Columbus, DNS:NET oder die Deut­sche Telekom graben eben­falls Berliner Straßen auf, um Glas­faser zu verlegen. Zudem beginnt Vatten­fall Euro­fiber (VFE) in Kürze mit den Bauar­beiten für ein FTTB-Netz in Char­lot­ten­burg. Dort sollen 20.000 Haus­halte einen Glas­faser­anschluss erhalten. VFE ist bereits in Spandau und Marzahn aktiv. Bis 2026 will der Netz­betreiber eine halbe Million Berliner Haus­halte mit Glas­faser versorgen. Zwei Männer in dunklen Anzügen und weißen Hemden sitzen an einem Tisch mit heller Tischplatte. Hinter ihnen steht ein Aufsteller, der Werbung von DNS NET zeigt. Der rechte Mann reicht dem linken ein Papier. Dieser greift mit seiner Hand nach dem Papier. Goldbecks Bürgermeister René Schernikau (li.) und Hardy Heine, Repräsentant der DNS:NET, unterzeichnen die Kooperationsvereinbarung
Foto: Gemeinde Goldbeck/DNS:NET
Anstatt für jeden Haus­halt einen Glas­faser­anschluss zu verlegen und über den die Dienste verschie­dener TK-Unter­nehmen anzu­bieten, dürfen sich nicht wenige Berliner in Zukunft über zwei oder noch mehr Netz­anschlüsse „freuen“. In und um Berlin ist auch DNS:NET aktiv. Das Unter­nehmen dürfte bei den jüngsten Ausbau­pro­jekten weniger Konkur­renz als in Berlin erwarten, dafür liegen Arne­burg-Gold­beck und Reppi­nichen zu weit von der Haupt­stadt entfernt. In der Verbands­gemeinde Arne­burg-Gold­beck will DNS:NET die Gebiete ausbauen, die bisher bei der Breit­band­för­derung nicht berück­sich­tigt wurden. Aller­dings muss sich die Hälfte der Haus­halte für einen Vertrag mit dem Netz­betreiber entscheiden, damit die Bagger anrollen.

Überbau, um die Konkur­renz zu schwä­chen

Auch in anderen Städten treffen Netz­betreiber aufein­ander. In Düssel­dorf ist der Stadtrat bemüht, den Überbau zu vermeiden. Von den rund 340.000 Haus­halten versorgt Voda­fone bereits über das Kabel­netz 320.000 mit Gigabit. Darüber hinaus baut der TK-Konzern in diesem Jahr für 5000 Wohn­ein­heiten der Städ­tischen Wohnungs­gesell­schaft sowie für 3000 Wohn­ein­heiten der Beamten-Wohnungsbau-Genos­sen­schaft ein FTTB-Netz auf.

Gleich­zeitig buddelt sich aber auch die Telekom durch die rhei­nische Tief­ebene. Seit ein paar Wochen können 16.000 Haus­halte in den Düssel­dorfer Stadt­teilen Hellerhof, Dreieck Nord, Flin­gern Süd und Ober­bilk über das Glas­faser­netz der Telekom im Internet surfen. Damit versorgen die Bonner bereits 31.000 Haus­halte in der Landes­haupt­stadt von NRW. Fünf Männer in dunklen Anzügen und eine Frau in einem knielangen rot-weißen Kleid stehen auf einem gepflasterten Platz und halten kurze Rohre mit Glasfasern in den Händen. Das Bild wurde durch zum Kreis zusammengebundenen orange Rohrleitungen aufgenommen. Im Zeichen der Glasfaser: Vertreter der Kommune und der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen sowie der Deutschen Telekom haben in einem Kooperationsvertrag den Glasfaserausbau vereinbart
Foto: Alfred Drossel
Insge­samt will die Telekom in Düssel­dorf bis 2025 rund 160.000 Haus­halte anschließen und wird damit das Voda­fone-Kabel­netz über­bauen. Ihre Projekte sind aber nicht auf die Stadt allein konzen­triert. In Meer­busch, nörd­lich von Düssel­dorf, will die Telekom bis 2026 für 30.000 Haus­halte Glas­faser­anschlüsse bauen. Weitere Groß­pro­jekte hat die Telekom jüngst in Salz­gitter (30.300 Haus­halte bis Ende 2023), Weiden (27.000 Haus­halte bis 2026) und Bietig­heim-Bissingen (20.000 Haus­halte bis 2030) ange­kün­digt. Hier koope­riert der Netz­betreiber mit den hiesigen Stadt­werken.

„Koope­rationen sind ein zentraler Baustein unserer Glas­faser-Stra­tegie“, sagt Thilo Höllen, Leiter Breit­band­koope­rationen bei der Telekom Deutsch­land. Das gilt allem Anschein nach aber nicht überall, denn die Kritik einiger Markt­teil­nehmer an der Telekom, als markt­mäch­tiges Unter­nehmen Glas­faser­netze nur zu über­bauen, um der Konkur­renz zu schaden, wird immer lauter. Zuletzt äußerte sich der Mitge­schäfts­führer des Verbands der Anbieter von Tele­kom­muni­kations- und Mehr­wert­diensten (VATM), Frederic Ufer, auf dem „Telecom­muni­cations Execu­tive Circle“ am 22. Juni kritisch zum Gebaren der Telekom.

Kein Miet- oder Pacht­modell zwischen Telekom und NetcomBW

Netze werden aller­dings nicht nur von der Telekom über­baut, wie das Beispiel Berlin zeigt. Beson­deren Ärger ruft der Überbau aber immer dann hervor, wenn eigen­wirt­schaft­lich ausge­baute Netze durch geför­derte über­baut werden. Das dürfte im Land­kreis Sonnen­berg aber nicht der Fall sein. Hier will die Thüringer Netkom in unter­ver­sorgten Gebieten, den soge­nannten weißen Flecken, 1500 Haus­halte, 278 Unter­nehmen und 25 Schulen bis 2025 an ein FTTH-Netz anschließen. Der Land­kreis, das Land Thüringen und der Bund inves­tieren dafür 19 Millionen Euro. Auf den Bild stehen vier Männer und eine Frau links neben einem roten Mini-Bagger. Jeder hält einen Spaten in der Hand, den sie mit einem Fuß in die Erde treten. Zwei Männer tragen einen dunklen Anzug mit weißen Hemden, die beiden anderen Männer tragen dunkle Hosen und weiße Hemden. Die Frau trägt eine dunkle Hose, eine gepunktete Bluse und einen weißen Blazer. Im Landkreis Sonneberg will die Thüringer Netkom für 1500 Haushalte, 278 Unternehmen und 25 Schulen in unterversorgten Gebieten bis 2025 FTTH-Anschlüsse bauen
Foto: Thüringer Netkom GmbH
Dagegen über­baut die Telekom in Wolf­schlugen das Netz der NetCom BW/FairNetz. Hier hat zwar der Breit­band­spe­zia­list tktVivax den geför­derten mit dem eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau kombi­niert, sodass nach fünf Jahren rund 3500 Einwohner in weißen Flecken einen FTTH-Anschluss von der Telekom bekommen haben, aber die Bonner belassen es dabei nicht. "Es gibt bis heute leider keine Verein­barung zwischen der Netcom-BW/FairNetz und der Telekom für ein poten­tielles Miet- oder Pacht­modell", heißt es in einem FAQ-Doku­ment der Gemeinde auf ihrer Webseite. Sinn­voll ist das nicht.

In einer weiteren News geht es um: Voda­fone: Glas­faser-Koope­ration steht kurz bevor.

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