Feierstunde

Bundesregierung: Glasfaser & Mobilfunk nehmen Fahrt auf

Vor einem Jahr stellte die Bundes­regie­rung ihre "Giga­bit­stra­tegie" vor: Von 100 geplanten Maßnahmen sind noch nicht alle Punkte abge­hakt - einige aber schon.
Von mit Material von dpa

Der Ausbau schneller Internet-Verbin­dungen komme in Deutsch­land nach Angaben des Digi­tal­minis­teriums zügig voran. Allein im vergan­genen Jahr hätten rund vier Millionen zusätz­liche Haus­halte einen Glas­faser­anschluss erhalten, sagte Digital- und Verkehrs­minister Volker Wissing (FDP) heute zur Fest­ver­anstal­tung "Ein Jahr Giga­bit­stra­tegie". Ein Jahr nach dem Start sei man den Zielen einer flächen­deckenden und leis­tungs­fähigen Giga­bit­ver­sor­gung bedeu­tend näher­gekommen.

Ende 2022 jeder vierte Haus­halt mit Glas­faser?

Vor einem Jahr hat die Bundesregierung ihre Gigabitstrategie vorgestellt. Vor einem Jahr hat die Bundesregierung ihre Gigabitstrategie vorgestellt.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Nach Wissings Angaben war Ende 2022 rund jeder vierte Haus­halt in der Bundes­repu­blik mit einem Glas­faser­anschluss versorgt. Auch beim Mobil­funk geht demnach der Ausbau von Hoch­geschwin­dig­keits­netzen schnell voran. Inner­halb eines Jahres stieg die Versor­gung mit dem schnellen Mobil­funk­netz der fünften Gene­ration (5G) auf 87 Prozent der Fläche in Deutsch­land, das entspreche einem Plus von 22 Prozent­punkten.

Dynamik ausge­löst

Eine umfas­sende, leis­tungs­fähige und zuver­läs­sige Versor­gung mit Gigabit-Netzen sei die Grund­lage für eine erfolg­reiche Digi­tali­sie­rung und die Zukunfts­fähig­keit des Stand­orts Deutsch­land, so Wissing gegen­über der Deut­schen Presse-Agentur (dpa). „In den vergan­genen zwölf Monaten ist es uns gelungen, eine zusätz­liche Dynamik im Glas­faser- und Mobil­funk­ausbau auszu­lösen.“ Ansatz seines Minis­teriums sei es, alle Betei­ligten an einen Tisch zu bringen und die ambi­tio­nierten Ziele gemeinsam anzu­gehen.

Ein Jahr Giga­bit­stra­tegie

Die Ampel-Koali­tion hatte vor einem Jahr eine „Giga­bit­stra­tegie“ vorge­stellt, ein Maßnah­men­paket von 100 Vorhaben, mit dem vor allem Geneh­migungs­ver­fahren für den Netz­ausbau verein­facht und beschleu­nigt werden sollen. In dem Papier hat sich die Bundes­regie­rung vorge­nommen, „überall dort, wo Menschen leben, arbeiten oder unter­wegs sind“ bis zum Jahr 2030 Glas­faser bis ins Haus und den neuesten Mobil­funk­stan­dard (das wird 5G sein, 6G startet erst ab 2030) zur Verfü­gung zu stellen. In einem ersten Schritt will die Koali­tion den Ausbau so voran­treiben, dass bis Ende 2025 mindes­tens jeder zweite Haus­halt Glas­faser nutzen kann.

Von den 100 geplanten Maßnahmen werden auf der Webseite des Digi­tal­minis­teriums nur noch 39 Punkte als offen ange­zeigt (35 „in Bear­bei­tung“ und 4 „noch nicht begonnen“). 32 wurden demnach erfolg­reich erle­digt. Beim Rest von 29 Maßnahmen handelt es sich um fort­lau­fende Maßnahmen.

BREKO: Lob, Bedenken und Kritik

Der Bran­chen­ver­band BREKO lobte die Ziele als "ambi­tio­niert", die Rich­tung stimme. Es gehe "klar zur zukunfts­sicheren digi­talen Infra­struktur". Der "takti­sche Doppel­ausbau" liegt der Branche nach wie vor im Magen. Länder und Kommunen sollten sich stärker enga­gieren und die Maßnahmen in ihrem Zustän­dig­keits­bereich zügig umsetzen.

Vom Verband gefor­derte "moderne minder­tiefe Verle­gever­fahren" wie Tren­ching (neue DIN 18220) sind zunächst kosten­günstig, können aber lang­fristig teurer werden, was Stadt­werken oder Kommunen Kopf­zer­bre­chen bereitet, wenn Leitungen unter­halb der minder­tiefen Fasern gewartet werden müssen.

Wieder wird das Feind­bild "Doppel­ausbau der Telekom" als "größte Gefahr für Ziel­errei­chung" beschworen. Es müsse "schnell" eine Lösung gefunden werden. Wir haben die Proble­matik schon an anderer Stelle genauer erläu­tert.

Giga­bit­för­derung nach­schärfen

Bei der Giga­bit­för­derung solle heraus­gefunden werden, ob die Gelder mit Prio­rität in kriti­sche Gebiete gelenkt werden können, solange die Bagger dort noch am Arbeiten sind. Mit Sorge sieht der Verband die Bundes­länder Bayern und Baden-Würt­tem­berg, die gene­relle Markt­erkun­dungs­ver­fahren mit dem Hinter­gedanken starten, den Ausbau staat­lich komplett zu finan­zieren, was lukra­tive eigen­wirt­schaft­liche Projekte behin­dern würde.

Gigabit-Grund­buch und Sicher­heit

Im neu aufge­legten Gigabit-Grund­buch gebe es derzeit kein drin­gend notwen­diges Sicher­heits- und Zugriffs­kon­zept. Wenn öffent­lich zu genau bekannt ist, wo die Leitungen verlaufen, können gezielte Angriffe erleich­tert werden.

Bitkom: Brems­klotz-Büro­kratie

Digi­tale Geneh­migungs­ver­fahren müssen schneller ausge­rollt werden, fordert der BREKO Verband und findet dabei auch bei den Kollegen von Bitkom Zustim­mung, welche die Büro­kratie als "Brems­klotz" sehen. Beschworen wird die flächen­deckende Nutzungs­mög­lich­keit des Breit­band­por­tals, das Hessen und Rhein­land-Pfalz im Rahmen des Online­zugangs­gesetzes (OZG) entwi­ckelt haben, nur sind die dort hinter­legen Infor­mationen nicht in allen Fällen wirk­lich aktuell und hilf­reich.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Jahre­lang hat die Bundes­regie­rung verspro­chen, dass es mit mobilem und festen Internet voran­gehen sollte, aber für Kanz­lerin Merkel war das damals alles "Neuland". Digi­tal­minister Volker Wissing hat die Weichen neu gestellt und einiges anders justiert und somit Schwung in die Geschichte gebracht.

Die Politik tut sich noch schwer damit, eindeu­tigere Vorgaben zum Netz­ausbau zu machen und den Wunsch der Branche nach Regu­lie­rung nicht allein dafür zu nutzen, um die "böse Telekom" auszu­bremsen, ohne die - sind wir ehrlich - nicht viel laufen würde.

Jetzt muss noch die Bevöl­kerung mitge­nommen werden, die in vielen Fällen den Sinn und Zweck von Netz­infra­struktur oder Digi­tali­sie­rung nicht verstanden hat und damit frem­delt.

Bei den Fiber­days des BREKO hatte Minister Wissing für eine gemein­same Nutzung der Glas­fasern plädiert.

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