USA

Drohender Eigentümerwechsel: Tiktok kündigt Widerstand an

Mit einem neuen Gesetz könnte Tiktok unter die Kontrolle von US-Inves­toren geraten. Shou Chew, der Chef der Kurz­video-App, will das verhin­dern. China wirft den USA Unter­drü­ckung vor.
Von dpa /

Anhänger von TikTok verfolgen die Abstimmung im Kapitol in Washington Anhänger von TikTok verfolgen die Abstimmung im Kapitol in Washington
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Tiktok-Chef Shou Chew will sich gegen das US-Gesetz wehren, das die Kurz­video-App unter Kontrolle ameri­kani­scher Inves­toren bringen soll. Das Unter­nehmen werde alles Mögliche unter­nehmen und recht­liche Mittel einsetzen, um die Platt­form zu vertei­digen, sagte er in einem am Mitt­woch veröf­fent­lichten Video. Tiktok beharrt darauf, dass das Ziel des Gesetzes ein Verbot der App in den USA sei, während US-Poli­tiker betonen, sie wollten dadurch ledig­lich sicher­stellen, dass chine­sische Behörden keinen Einfluss auf Tiktok nehmen können, der ameri­kani­schen Inter­essen schadet. Das Unter­nehmen und sein Mutter­kon­zern Byte­dance bestreiten alle Vorwürfe.

Das Gesetz könnte dazu führen, dass Tiktok aus ameri­kani­schen App-Stores verbannt wird, wenn es keinen Eigen­tümer­wechsel gibt. Es wurde am Mitt­woch mit großer Mehr­heit im US-Reprä­sen­tan­ten­haus verab­schiedet und muss nun noch den Senat als zweite Parla­ments­kammer passieren. Präsi­dent Joe Biden hat bereits in Aussicht gestellt, dass er es unter­zeichnen werde.

Shou Chew verwies darauf, dass das Gesetz "einer Hand­voll anderer Social-Media-Unter­nehmen" mehr Einfluss geben werde. Der Tiktok-Chef behaup­tete auch, der Gesetz­ent­wurf gefährde 300.000 Arbeits­plätze in den USA. Seine Firma verweist oft darauf, dass Klein­unter­nehmen den Dienst für Werbung nutzten. Tiktok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA.

China wirft USA Unter­drü­ckung vor

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Auch China reagierte am Donnerstag mit Anschul­digungen gegen Washington auf das Gesetz. "Die Art und Weise, wie die USA mit der Tiktok-Frage umgehen, wird der Welt klarer machen, ob die Regeln und Gesetze der USA der Welt dienen oder nur den USA selbst", sagte ein Spre­cher des Pekinger Außen­minis­teriums, Wang Wenbin, heute.

Die US-Seite habe nie Beweise dafür vorge­legt, dass Tiktok die natio­nale Sicher­heit gefährde. "Und doch werden Gründe der natio­nalen Sicher­heit miss­braucht, um damit verbun­dene Unter­nehmen unge­recht­fer­tigt zu unter­drü­cken." Damit gingen die USA nach der Logik eines Raub­rit­ters vor.

Die Frage, ob China nicht ähnlich vorgehen würde, weil US-Dienste wie Face­book, Google und X in China nicht zugäng­lich sind, verneinte Außen­minis­terium-Spre­cher Wang am Donnerstag. Das sei "etwas ganz anderes". Man habe immer verschie­dene auslän­dische Platt­formen auf dem chine­sischen Markt will­kommen geheißen, aber sie müssten sich an chine­sische Gesetze und Vorschriften halten.

China blockiert den Zugang zu den meisten west­lichen sozialen Netz­werken und auch zu vielen west­lichen Nach­rich­ten­seiten inner­halb Chinas. Eigene Medien und soziale Netz­werke werden streng zensiert.

Es steht ein langer Streit bevor

Bisher ist unklar, ob das Gesetz genü­gend Unter­stüt­zung im Senat findet. Im Abge­ord­neten­haus kam mit 352 zu 65 Stimmen eine partei­über­grei­fende Mehr­heit aus Repu­bli­kanern und Demo­kraten zusammen. Im Senat, wo Bidens Demo­kraten eine knappe Mehr­heit halten, gibt es auf beiden Seiten Befür­worter und Kritiker des Vorha­bens.

Zu den Bedenken gehört, dass eine Verban­nung von Tiktok unter Verweis auf die in der US-Verfas­sung veran­kerte Rede­frei­heit ange­fochten werden könnte. Deshalb war einst Donald Trump als US-Präsi­dent bereits vor Gericht mit seinem Versuch geschei­tert, einen Eigen­tümer­wechsel bei Tiktok zu erzwingen. Und deshalb liegt gerade auch ein Verbots­gesetz im US-Bundes­staat Montana auf Eis.

Bidens Natio­naler Sicher­heits­berater Jake Sullivan sagte diese Woche, es gehe nicht um ein Tiktok-Verbot, sondern um einen Eigen­tümer­wechsel. Dann stellte er die rheto­rische Frage: "Wollen wir, dass Tiktok als Platt­form im Besitz eines ameri­kani­schen Unter­neh­mens ist - oder China gehört?"

Tiktok weist alle Bedenken zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chine­sischen Unter­neh­mens. Byte­dance sei schließ­lich zu 60 Prozent im Besitz west­licher Inves­toren und der Firmen­sitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chine­sischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimm­rechte hielten und Byte­dance eine große Zentrale in Peking habe.

Welche Rolle spielt Tiktok bei Wahlen?

Bevor sich Biden klar posi­tio­nierte, waren die Demo­kraten im Bezug auf Tiktok stark gespalten: Denn zum einen will der Präsi­dent eine harte Posi­tion gegen­über China einnehmen, zum anderen ist die App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wieder­wahl im November braucht. Bidens Wahl­kampf-Team eröff­nete erst vor wenigen Wochen einen Tiktok-Account.

Das "Wall Street Journal" schrieb, das Manage­ment von Tiktok sei von dem Gesetz­ent­wurf kalt erwischt worden. Der Dienst versucht seit Jahren, in den USA Vertrauen zu gewinnen mit dem Plan, Infor­mationen ameri­kani­scher Nutzer ausschließ­lich im Land zu lagern und Daten­bewe­gungen von einem US-Partner über­wachen zu lassen. Doch bei Anhö­rungen im US-Kongress schlug Tiktok-Chef Shou Chew unver­ändert heftiges Miss­trauen entgegen. In einem verzwei­felten Versuch, das Gesetz zu stoppen, ließ Tiktok vor wenigen Tagen Nutzer aus der App heraus die Büros von Abge­ord­neten aus ihrem Wahl­bezirk anrufen, um dagegen zu protes­tieren.

Insta­gram ist beliebter als TikTok und Face­book, stellt eine veröf­fent­lichte Umfrage eines Internet-Portals fest. Nutzer verbringen sehr viel Zeit damit.

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