Gigabit-Gipfel: Mehr Tempo, weniger Bürokratie
Das Motto der Ministerin beim Gigabit-Gipfel ist klar: „Bunte Kabel an jeder Straßenecke statt weiße Flecken auf der Landkarte.“ Der Glasfaserausbau solle in ganz Hessen vorangehen.
Mehr als die Hälfte aller hessischen Haushalte würde bereits über eine Bandbreite von 1 GBit/s verfügen, verkündet die Ministerin. 91 Prozent aller hessischen Plankrankenhäuser und 81 Prozent aller hessischen Schulen seien mit Stand Juli 2022 „gigabitfähig“ angebunden.
Glasfaser ist die Zukunft
Ministerin Sinemus, Gastgeberin des hessischen Gipfels vergab Förderbescheide.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Sie betonte, dass Glasfaser die einzige Technologie sei, die den steigenden Bandbreitenbedarf auch mittel- bis langfristig abdecken und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft sichern werde. Hessen bevorzuge dabei den „eigenwirtschaftlichen“ Ausbau, d.h. Firmen bauen ohne Fördermittel.
Podiumsdiskussionen und Ausstellung
Die Zahl der Glasfasernetzerbauer und -betreiber ist stark angestiegen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
In interessanten Panels diskutierten bekannte Namen der Glasfaserszene u.a. mit der Ministerin. Sie betonte, dass sie permanent überwache, ob die Maßnahmen auch den gewünschten Erfolg hätten. In der Mittagspause übergab die Ministerin Förderbescheide an die Förderbüros in verschiedenen Regionen des Landes. Mit dem Geld informieren die privatwirtschaftlich organisierten Förderbüros Gemeinden.
Mobilfunk ausbauen und darüber sprechen
Neben dem Ausbau des Festnetzes spielt auch der Mobilfunk eine wichtige Rolle, aber: „Wir müssen Mobilfunk nicht nur ausbauen, sondern auch darüber sprechen.“ Der Dialog sei notwendig, damit der Mobilfunkausbau vom Bürger auch verstanden und akzeptiert werde.
Die Ministerin forderte, im Digitalpakt vereinbarte Dinge umzusetzen und mehr Fahrt aufzunehmen. Dort wo kein privatwirtschaftlicher Ausbau erfolge, würden die Kommunen im Rahmen des Graue-Flecken-Förderprogramms unterstützt.
Es muss schneller gehen
Per Video zugeschaltet: Valentina Daiber, Vorständin bei o2.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Es müsste vieles schneller gehen, forderte Valentina Daiber, Vorständin bei Telefónica (o2), per Video zugeschaltet. Eine Möglichkeit wäre die Genehmigungsfiktion. Die Idee dahinter ist: Wenn eine Behörde sich innerhalb von drei Monaten nicht geäußert hat, könne man von einer Genehmigungsfiktion ausgehen. Natürlich könnten etwaige Fehler später noch ausgeglichen werden.
Investitionssicherheit für Frequenzen
Daiber liegt die Investitionssicherheit ihrer Branche am Herzen. „Wir haben viel Geld für Frequenzen bezahlt und sollten weg von Auktionen kommen. Wir brauchen neue zusätzliche Frequenzen, beispielsweise bei 600 MHz oder bei 6 GHz, Themen, welche die nächste Welt-Frequenzverwaltungskonferenz (WRC23) diskutieren wird.
Die Genehmigungsverfahren sollen viel einfacher werden, es solle eine „genehmigungsfreie“ Höhe für Mobilfunkmasten geben, auch temporäre Standorte für mobile Sendestationen (MRT) sollen möglich sein.
Die Vereinfachung des Baurechtes, entgegne die Ministerin, berühre föderales Recht. „Da sind manche Bundesländer halt langsamer“.
Christian Sommer von Vantage Towers berichtete, dass er 3800 Standorte an den neuen Netzbetreiber 1&1 vermietet habe. Als Turmgesellschaft, die noch zu 81 Prozent der Vodafone gehört, sei er neutral.
Eigenes Mobilfunkprogramm für Hessen
Hessen hat übrigens ein eigenes Mobilfunk-Förderprogramm. Im ländlichen Raum habe der Markt versagt, „das lohne sich nicht“. Das Landesprogramm hat ein Fördervolumen von 50 Millionen Euro. 263 Kommunen wurden untersucht, in vier Regionen des Landes sollen bald die ersten geförderten Masten stehen. Sommer (Vantage Towers) sieht Förderung positiv.
Die regionalen Förderprogramme sollen spezifischer für die Region sein und in den einzelnen Kommunen wahrgenommen werden, „das Land tut was“.
Ziel: Flächendeckung
Im Keller Glasfaser, in der Wohnung Koaxkabel, die Lösung ist dieses geheimnisvolle Kästchen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Ziel, so die Ministerin, sei eine schnellstmögliche flächendeckende Versorgung, da sei man „insgesamt auf einem guten Weg“ und „neue Player bringen Push, es geht schneller.“ Es tue sich vieles, die Förderung leiste einen Beitrag.
Auktion oder nicht?
Gefragt war die Meinung von Dr. Cara Schwarz-Schilling. Sie ist seit Januar 2020 Direktorin und Geschäftsführerin der WIK-Consult. Davor hatte sie über 20 Jahre für die Bundesnetzagentur gearbeitet, zuletzt als Beschlusskammervorsitzende für die Nationale Streitbeilegungsstelle des DigiNetz-Gesetzes. Sie findet, der Mobilfunk müsse noch wesentlich besser werden, dabei habe sich schon viel getan. Die Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur würden sich bald spürbar bemerkbar machen. Kein Statement wollte Dr. Schwarz-Schilling dazu abgeben, ob man auf eine Frequenzauktion verzichten könne oder eine Verlängerung der bestehenden Zuteilungen in Frage komme.
Digitalisierung - Segen und Fluch
Das Vodafone-Vorstandsmitglied Michael Jungwirth, dort Director Public Affairs, erinnerte daran, dass die Digitalisierung Segen und Fluch zugleich sei. Momentan finde der "erste TikTok-Krieg" statt. Aber: „Die Digitalisierung kann und wird die Welt retten.“ Ein digitales vernetztes Auto werde Unfälle reduzieren, die Digitalisierung müsse überall vorhanden sein, denn „sie kann den Planeten retten“. Jungwirth plädierte dafür dass die Digitalisierung grüner werden müssen.
Im Rahmen des im Mai 2022 abgeschlossenen Glasfaserpakts für Hessen sollen bis Mitte des nächsten Jahres weitere 530.000 Glasfaser-Haushalte entstehen. Die Gigabitregion Frankfurt/RheinMain werde das größte Glasfaserprojekt Europas werden, das rund 1,6 Millionen Haushalte und 640 Gewerbegebiete mit Glasfaser versorgen werde.