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Bundesregierung will Nutzung von Elektronik im Auto stark einschränken

Dass man mit dem Handy am Ohr während der Fahrt nicht telefonieren oder gar Nachrichten verschicken soll, ist bekannt. Gemacht wird es trotzdem. Die Bundesregierung plant drastische Maßnahmen.
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Lange Jahre ereigneten sich auf den deutschen Autobahnen böse Unfälle, weil LKW-Fahrer zu spät auf plötzliche (Wander)Baustellen aufmerksam wurden. Doch viele Fahrer haben CB-Funk an Bord. Die bayrische Firma B&E antec entwickelte dafür automatische Warnbaken, die in verschiedenen Sprachen und auf verschiedenen Funk-Kanälen mit einer bewusst nervigen Stimme "Achtung Gefahrenstelle" rufen. Die Zahl der schweren Unfälle ging spürbar zurück, weil in nahezu allen Bundesländern diese Technik regelmäßig verwendet wird.

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hatte in einer Studie ermittelt, dass alleine 96 Prozent der polnischen, 74 Prozent der niederländischen und 65 Prozent der deutschen Lkw mit CB-Funk ausgestattet sind. Und in der Tat: Die Warnsysteme auf den Autobahnen funktionieren sehr gut, wenn eine bewusst nervige hohe Stimme deutlich "Achtung Gefahrenstelle" ruft, je nach Kanal in englisch, polnisch oder anderen Sprachen, die auf den Autobahnen verstanden werden. Auf der viel befahrenen Autobahn A61 gibt es am Mutterstadter Kreuz eine fest installierte Warnanlage die "Stau Richtung Köln" rechtzeitig ankündigt, und das regionale Umfahren des Staus ermöglicht. Wenn aber CB-Sprechfunkgeräte aufgrund der Bundesratsinitiative nicht mehr genutzt werden dürfen, ist der Sicherheitsaspekt dahin, die Geräte bleiben ausgeschaltet oder werden gleich ausgebaut.

Auch ein Projekt der Feuerwehren, sich den Weg zur Brandstelle über CB-Funk-Durchsagen besser frei zu räumen, wäre dann zum Scheitern verurteilt, weil diesen Nachrichten keiner mehr zuhören kann oder darf.

Das Handyverbot am Steuer wird kaum beachtet

Ursache dieses Rundumschlags sind wohl Smartphone-Nutzer, die mit dem Argument, ihre Handys auch als Navigationsgerät oder Wecker nutzen zu wollen und in einzelnen Fällen vor Gericht damit noch einmal durch kamen. Jetzt möchten die beteiligten Ministerien in einem Präventivschlag die ablenkende Nutzung jeglicher Elektronik im Auto erreichen. Deshalb soll es möglichst gar keine Ausnahmen geben. Doch das stellt für bestimmte Nutzergruppen ein ernstes Problem dar.

Selbst der Sprechfunk mit einem klassischen Mikrofon soll dann auch nicht mehr erlaubt sein. Neben CB- und Amateurfunkern würde es die Berufsfunker in Taxis, bei Kurierdiensten, Speditionen oder Abschleppunternehmen bis hin zu den Gelben Engeln des ADAC treffen, aber auch die Besatzungen von Feuerwehrautos oder Rettungswagen, wo der Fahrer auch mal selbst funken muss, wenn sein Kollege gerade den Patienten betreut.

Mehr Sprachsteuerungen im Auto?

Als denkbare Lösung werden in dem Papier beispielsweise Freisprecheinrichtungen und Sprachsteuerungen vorgeschlagen. Hier ist das Marktangebot noch unübersichtlich und nicht immer untereinander kompatibel. Beispielsweise werden unter dem Begriff Bluetooth verschiedene Standards verkauft, die überhaupt nicht zueinander passen. Ältere Freisprecheinrichtungen, die in bestimmten Fahrzeugen ab Werk verbaut sind, verstehen sich mit neueren Handys ist nicht. Eine rühmliche Ausnahme ist hier das iPhone, das selbst in den neuesten Versionen noch die Bluetooth-Version älterer Fahrzeuge unterstützt. Zwar gibt es Normen für die Funkstandards GSM, UMTS oder LTE oder das kommende 5G, aber hinsichtlich der Anbindung von Freisprecheinrichtungen im Auto mit den Handys und Smartphones liegt weiter vieles im Argen. Für Funksprechgeräte wie Berufsfunk, CB- oder Amateurfunk sind solche Systeme bis heute noch gar nicht vorhanden.

Spracheingabesysteme wie beispielsweise Alexa oder Siri verstehen zwar viele Kommandos richtig, machen aber im Ernstfall noch viel zu viele Fehler, Wenn Siri eine SMS schreiben soll, die exakte Ortsnamen enthält, die durch Nebengeräusche im Fahrzeug überlagert werden, kommen lustige bis irreführende Nachrichten heraus. ("Ich bin gerade zwischen Wernigerode-Süd und Klein-Groß-Kätschenbroda und komme eine Stunde später")

Ob der Verordnungs-Vorschlag noch vor der Wahlpause durch den Bundesrat geschleust werden kann, ist derzeit noch unklar. Betroffene Anwender, Fachhändler und Hersteller laufen bereits Sturm und haben gegenüber der Politik ihre Bedenken kundgetan. Ob sie gehört werden, ist im Augenblick schwer einzuschätzen.

Würden die Einsprüche Gehör finden, wäre in dieser Legislaturperiode kein Beschluss mehr möglich. Das bedeutet: Das Thema müsste dann unter neuen politischen Vorzeichen völlig neu und ganz von vorne auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Kein Freibrief für Smartphone Nutzer

Selbst wenn die Bedenken der beruflichen Funker gehört werden. Für Käufer und Nutzer eines Smartphones wird sich nichts ändern. Schon heute sollte man für sein Auto eine stabile Halterung und eine Freisprecheinrichtung besorgen, sofern der Autohersteller diese nicht von Haus aus anbietet. Die Halterung sollte möglichst vor dem Kauf bei stehendem Auto ausgiebig erprobt werden, damit sie später während der Fahrt nicht ablenkt. Es kann auch nicht schaden, die Möglichkeiten und Grenzen der in vielen Handys bereits vorhandenen Sprachsteuerung in Ruhe auszuprobieren. Damit lassen sich gesetzeskonform zumeist heute schon SMS verschicken, künftig dürften auch die beliebten Messenger besser eingebunden werden.

Und: Würden die Anwender im Fahrzeug vernünftiger mit ihren Smartphones umgehen, wäre eine Verschärfung der Vorschriften vermutlich gar nicht nötig.

In einem Ratgeber erfahren Sie, was Sie beim Kauf von Freisprechanlagen für Ihr Auto beachten sollten.

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