BGH: Facebooks Freundefinder ist unzulässige belästigende Werbung
Wann ist eine Einladung eines sozialen Netzwerks privat, wann Werbung?
Bild: dpa
Wie dürfen Internet-Nutzer zu Facebook eingeladen
werden? Mit dieser Frage hat sich heute der Bundesgerichtshof
beschäftigt. In dem seit 2010 laufenden Rechtsstreit der
Verbraucherzentralen gegen das Online-Netzwerk geht es um die
inzwischen veränderte Funktion "Freunde finden". Unter der Frage
"Sind Deine Freunde schon bei Facebook?" wurde Nutzern angeboten,
ihre E-Mail-Kontakte durchsuchen zu lassen. Einladungs-E-Mails gingen
dabei auch an nicht registrierte Bekannte. Das Kammergericht Berlin
hatte dies Anfang 2014 als unzulässige Werbung untersagt.
Wann ist eine Einladung eines sozialen Netzwerks privat, wann Werbung?
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Dagegen wehrt sich Facebook: Es biete nur die technische Plattform,
um den Aufbau eines Kommunikationsnetzwerks zu ermöglichen. Das Gericht
musste sich daher mit der Frage beschäftigen, ob die E-Mails als private Nachrichten
oder als Werbung zu werten sind. Denn als Absender taucht nicht
Facebook auf, sondern der Nutzer, der den "Freundefinder" aktiviert
hat. Der Text in der Mail ist allerdings nicht individuell verfasst,
sondern automatisch vorgegeben. Direkt von Facebook bekamen die
Empfänger dann später noch eine Erinnerung. Das wertet das
Unternehmen aber nur als "technische Funktion", die auf den
ursprünglichen Versand der Einladung durch den Nutzer zurückgehe.
Das Urteil des BGH
Wie der Bundesgerichtshof im aktuellen Fall entschieden hat (Az. I ZR 65/14), haben Online-Netzwerke wie Facebook künftig weniger Spielraum bei der Werbung neuer Nutzer über Einladungs-E-Mails. Die Karlsruher Richter werteten es heute Nachmittag als unzulässige belästigende Werbung, wenn Nicht-Mitglieder mit solchen E-Mails zur Registrierung aufgefordert werden, ohne dass sie dem ausdrücklich zugestimmt haben. Dabei spiele es keine Rolle, ob als Absender das Netzwerk oder der Bekannte auftauche.
Unzureichende Informationen
Aus Sicht der Verbraucherschützer geht es Facebook mit der Funktion vorrangig darum, auf die eigenen Dienstleistungen hinzuweisen und mehr Menschen in das Netzwerk zu locken. Dabei seien klare Geschäftsinteressen im Spiel.
Die Karlsruher Richter mussten bewerten, ob die Nutzer ausreichend über die Folgen ihres Tuns aufgeklärt wurden. Auf der Seite stand: "Das Durchsuchen Deines E-Mail-Kontos ist der schnellste Weg, Deine Freunde bei Facebook zu finden." Daraus gehe nicht unbedingt hervor, dass auch unregistrierte Bekannte angeschrieben wurden, stellte der Senat in der Verhandlung fest. Der Hinweis darauf fand sich versteckt hinter einem Link mit der Textzeile "Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert".
Dass Facebook den "Freundefinder" inzwischen überarbeitet hat, war für die Entscheidung nicht von Bedeutung. Inzwischen geben Nutzer über den Link "Lade Deine Freunde ein" E-Mail-Adressen einzeln ein und können eine persönliche Nachricht dazuschreiben. Außerdem weist Facebook darauf hin, dass die Liste der Kontakte, die Erinnerungen bekommen, jederzeit geprüft und verändert werden könne. Die Verbraucherschützer halten auch die neue Version für fragwürdig.
Derzeit laufen noch zwei andere Klagen der Verbraucherzentralen gegen Facebook. Dabei geht es unter anderem um die Gestaltung des App-Zentrums und den Werbeslogan "Facebook ist und bleibt kostenlos".