Cyber-Mobbing

Tatort Internet: Cyber-Mobbing unter Schülern nimmt zu

Verleumdung und Belästigung passieren vermehrt in sozialen Netzwerken
Von dpa /

Cyber-Mobbing in Schulen ist Thema auf dem Landespräventionstag Cyber-Mobbing in Schulen ist Thema auf dem Landespräventionstag
Grafik: Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung Schwerin
Eine "Hassgruppe" auf der Internetplattform SchülerVZ mit Schweriner Absender schreckte kürzlich Lehrer und Sozialarbeiter in Mecklenburg-Vorpommerns Lan­des­haupt­stadt auf. Mit Beleidigungen und Verleumdungen wurde hier eine Mitschülerin an den virtuellen Pranger gestellt. Ein Gespräch mit der Initiatorin ergab: Sie wollte sich gegen selbst erlittene Schul­hof­hänseleien zur Wehr setzen und gemeinsam mit einem "Freundeskreis" im Netz gegen ihre Widersacherin angehen. Das berichtet Birgit Grämke, Medien­beauf­tragte bei der Lan­des­koordi­nierungs­stelle für Sucht­vorbeugung.

Zunehmendes Cyber-Mobbing und Online-Krimi­nali­tät be­schäftigen den 6. Lan­des­prä­ventions­tag [Link entfernt] Meck­len­burg-Vor­pommern heute in Schwerin. Drei Initiativen erhalten Preise: Das Schweriner Schülerteam "Safernet", das Rostocker Projekt "Recht und Unrecht im Internet" sowie das Computerspiel "Netzwerk Star" von Wismarer Ingenieursstudenten. "Wir brauchen mehr Aufklärung über Gefahren des Internets", fordert Armin Schlender, Geschäftsführer des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung. "So übervorsichtig Senioren mit dem Computer umgehen, so unbefangen, blauäugig und unsensibel stellen Jugendliche auch sehr persönliche Daten ins weltweite Netz - unlöschbar und für jeden verfügbar." Oft ohne Vorsatz würden sie so zu Online-Tätern oder Opfern, sagt Schlender.

Straftaten passieren zunehmend in sozialen Netzwerken

Cyber-Mobbing in Schulen ist Thema auf dem Landespräventionstag Cyber-Mobbing in Schulen ist Thema auf dem Landespräventionstag
Grafik: Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung Schwerin
Zahlen zu Cyber-Mobbing gebe es nicht, allenfalls Tendenzen, so Schlender. Laut Landeskriminalamt gab es 2009 im Nordosten 3 686 Fälle von Online-Kriminalität, meist Betrug, dazu Beleidigung oder Erpressung. 2010 waren es bereits 4 853 Delikte. "Internetkriminalität hat deutlich zugenommen, das Dunkelfeld ist riesig", sagt Schlender. "Wir bekommen vermehrt Anzeigen aus diesem Bereich", erklärt auch Oberstaatsanwalt Ottmar Fandel, Büroleiter von Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU). "Mit der zunehmenden Nutzung sozialer Netzwerke wächst die Möglichkeit für Straftaten", meint Fandel.

Medienexpertin Grämke kennt viele Fälle von Cyber-Mobbing. Da würden diskriminierende Profile über Schüler und Lehrer für Facebook frei erfunden, peinliche Fotos oder Videos ins Netz gestellt oder via Handy verbreitet. Beim "Happy Slapping" (übersetzt: "lustiges Schlagen") kursieren Gewaltszenen in Netzwerken. Auch "Bullying" (übersetzt: "Tyrannisieren") könne eine Straftat darstellen, hieß es. "Die Täter können sich im Internet ja verstecken." Anonym verfasst fielen Beleidigungen viel schlimmer aus als Auge in Auge auf dem Schulhof, erklärt Grämke. "Meist ist es kein Fremder, der da mobbt", betont sie. Über 90 Prozent der üblen Einträge im Netz stammten von Klassenkameraden, hätten Umfragen ergeben. Zum Thema Cyber-Mobbing hat das Justizministerium ein Merkblatt [Link entfernt] veröffentlicht.

Lehrer und Eltern dürfen Cyber-Mobbing nicht totschweigen

Schulen dürften Fälle von Cyber-Mobbing nicht totschweigen, fordert Grämke. Hausordnungen sollten klare Sanktionen festschreiben, Fortbildung und Projekttage mehr Wissen vermitteln. Lehrer, Eltern, Schulsozialarbeiter könnten Opfer erkennen, indem sie sensibel auf Hinweise durch Schüler, in Aufsätzen oder "Kummerbriefkästen" eingingen. Drastische Fälle müssten bei der Polizei angezeigt werden, so Grämke. Die Schweriner "Hassgruppe" indes konnte mit den Beteiligten vor Ort aufgeklärt und aus dem Netz entfernt werden.

Aufklären auf Augenhöhe wollen auch die sechs Mitglieder des Schüler-Teams "Safernet", das vor wenigen Wochen von der Evangelischen Jugend Schwerin und der Privatschule Ecolea initiiert wurde. Neunt- und Zehntklässler aus Schwerin unterrichten nur wenig jüngere Jugendliche im sicheren Surfen und Chatten, trainieren den Umgang in sozialen Netzwerken, informieren über Recht und Unrecht, Klippen und Stolperfallen, Viren und Würmer, aber auch über Suchtgefahren für Internetnutzer, wie Sozialarbeiter Mirco Frähmke erzählt. "Eine eigene Jugendkultur hat sich hier entwickelt, die können am besten junge Leute Gleichaltrigen erklären."

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