Klage

Facebook: Fake-News-Suche nur mit "Wunder­maschine"?

Ein syrischer Flüchtling wird als Terrorist verleumdet. Facebook sperrt die Beiträge - doch zahl­reiche Nutzer haben sie schon geteilt. Vor Gericht will er nun erreichen, dass auch diese verschwinden. Auf ein Urteil muss er noch warten.
Von dpa / David Rist

Anas M. sitzt im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun. Der Kläger Anas M. (2.v.l) und sein Anwalt Chan-jo Jun (2.v.r)
Bild: dpa
Eine Entscheidung in dem mit viel Medien­interesse bedachten Prozess zwischen einem syrischen Flüchtling und Facebook blieb zwar aus - aber zwischen den Anwälten der beiden Seiten ging es hoch her. Eine "Wundermaschine" bräuchte es, um wie vom Kläger gefordert fest­zu­stellen, ob auch andere Nutzer eine verun­glimpfende Foto­montage mit dem Flüchtling Anas M. hochgeladen hätten, argumentierte Facebook-Anwalt Martin Munz. "Die gibt es noch nicht."

Das sei "Unsinn", hielt dem Chan-jo Jun entgegen, der Anwalt des Flüchtlings. "Wer Urheber­rechts­verletzungen aus einem Video live ermitteln kann, ist auch in der Lage, ein identisches Bild zu erkennen." Jun bezog sich damit auf Facebooks Maßnahmen gegen Urheber­rechts­verstöße.

Das Würzburger Land­gericht hatte am Montag eine Entscheidung darüber vertagt, ob Facebook selbst nach einmal gemeldeten hetzenden Foto­montagen suchen und diese löschen muss. Die Richter wollten abwarten, ob die Parteien vielleicht doch noch einen Vergleich schließen.

Selfie mit Merkel diente als Vorlage

Anas M. sitzt im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun. Der Kläger Anas M. (2.v.l) und sein Anwalt Chan-jo Jun (2.v.r)
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Anas M. hatte eine einst­weilige Verfügung gegen das soziale Netzwerk beantragt, weil Unbekannte ein Selfie, das er mit Angela Merkel gemacht hatte, mehrfach neben Fahndungs­fotos von Terroristen montiert und den Anschein erweckt hatten, er sei ein gesuchter Terrorist. Die Posts wurden hundert­fach geteilt. Bereits vor Prozess­beginn hatte Facebook die Ursprungs­beiträge in Deutschland gesperrt.

Ein Vergleich könnte sein, dass Facebook sich verpflichtet, die verleumdenden Bilder von Anas M. europa­weit zu löschen und auch mit allen künftig von ihm gemeldeten Bildern so zu verfahren. Er werde mit seinen Mandanten besprechen, ob man sich darauf einigen könne, sagte Facebook-Anwalt Munz. "Ich halte das für möglich." Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, will das Gericht am 7. März seine Entscheidung verkünden.

Facebook soll Duplikate aufspüren und löschen

Anas M. spricht vor dem Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun zu Journalisten. Anas M.: "Das Foto hat mein Leben verändert"
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Ziel von Anas M. ist darüber hinaus aber, dass Facebook nach Duplikaten der verleumdenden Foto­montagen suchen muss, auch wenn der Ursprungs­beitrag gemeldet und gelöscht wurde. "Uns geht es darum, dass die Hetze, die Verleumdungen gegen Anas M. aufhören und dabei reicht es nicht aus, dass ein oder zwei Bilder gelöscht werden", sagte sein Anwalt Jun am Montag.

Vorerst bleiben die Fake News, die Anas M. belasten, also zum Teil online. "Das Foto hat mein Leben verändert", sagte er in Würzburg. In der Schule werde über ihn gelacht, viele Menschen redeten schlecht über ihn. "Facebook macht unsere Welt kaputt, jede Person schreibt etwas und die Leute glauben das."

Persönlich­keits­rechte zu verletzen ist verboten - online wie offline

Fake News in sozialen Netz­werken, also bewusst falsche Nachrichten, die Stimmung in eine bestimmte Richtung erzeugen sollen, verbreiteten sich zuletzt unter anderem im US-Präsidentschafts­wahl­kampf. Mit der politischen Debatte um Fake News hat der Würzburger Prozess aber nur insofern zu tun, als dass Anas M. durch Fake News verleumdet wurde. Seine Persönlich­keits­rechte in dieser Form zu verletzen, ist aber bereits nach aktueller Rechts­lage verboten - online wie offline.

"Es ist das Problem, dass der eigentliche Verursacher nicht aufzufinden ist", sagte der Vorsitzende Richter und bezog sich darauf, dass der eigentliche Verfasser der verleumdenden Foto­montage unbekannt ist. "Und ich erlaube mir die Anmerkung - wenn das möglich wäre, dann wäre mit dem ganzen Zauber hier ja Schluss." Ähnlich argumentierte auch ein weiterer Anwalt Facebooks: "Es ist kein Inhalt, den Facebook hergestellt oder auch nur angefasst hat". Dass Facebook an Anas M. Schmerzens­geld zahlt, sei deshalb ausgeschlossen.

In einem weiteren Artikel erläutern wir Ihnen den bisherigen Sachverhalt, der zur jetzigen Klage geführt hatte.

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