Politik

Breitbandausbau: "Widersinniges, völlig bescheuertes Förderprogramm"

Welches ist der richtige Weg zum Breitbandausbau in Deutschland? Auf der Breko-Jahrestagung diskutierten drei Vertreter aus der Politik darüber. CDU-Mann Thomas Jarzombeck kritisierte dabei auch die Telekom scharf und nannte gezielte Störmanöver eine Schweinerei.
Von Thorsten Neuhetzki

Poltik-Panel vor der versammelten Telekommunikation-Branche. Poltik-Panel vor der versammelten Telekommunikation-Branche.
Foto: Henning Hattendorf
Auf der Breko-Jahrestagung in dieser Woche stand das abschließende Diskussionspanel unter dem Motto Wahlkampf 2017. Auch wenn das Thomas Jarzombek, Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion für Digitale Agenda, deutlich zu früh war und er darauf verwies, dass man noch viele Themen abzuarbeiten habe, bevor man in den Wahlkampfmodus schalte, so war es doch genau das: Wahlkampf. Jarzombek lieferte sich mit Martin Dörmann (SPD), Mitglied im Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur und Anke Domscheit-Berg, Kandidatin der Linken für die Bundestagswahl einen Schlagabtausch, der vor allem durch die Kommentare von Domscheit-Berg an Fahrt gewann.

"Vectoring ist eine Verhinderungsstrategie für den Glasfaserausbau"

Poltik-Panel vor der versammelten Telekommunikation-Branche. Poltik-Panel vor der versammelten Telekommunikation-Branche.
Foto: Henning Hattendorf
Domscheit-Berg kritisierte, dass man die Förderstrategie technologieneutral genannt habe, sie das aber nicht sei. "Das liegt an dem asymmetrischen Ziel, das ausgegeben wurde: 50 MBit/s Download, relativ wenig Upload-Geschwindigkeit." Auch andere Faktoren führen aus ihrer Sicht dazu, dass die Entscheidung für eine Technologie im Rahmen der Förderungen fast immer für Vectoring fällt. "Vectoring ist eine Verhinderungsstrategie für den Glasfaserausbau." Zwar sprach Domscheit-Berg von Vectoring, meinte jedoch reines VDSL. Vectoring wird bei Förderprogrammen nicht berücksichtigt, wie sie auch vom CDU-Mann Jarzombeck korrigiert wurde. "Das Förderprogramm fördert kein Vectoring. Mit der Entscheidung zum Einsatz von Vectoring im Nahbereich bin ich allerdings auch nicht glücklich. Doch die BNetzA hat diese entgegen verschiedener Empfehlungen getroffen. Es geht hier aber nicht um den Einsatz von Fördermitteln", so Jarzombeck.

Domscheit-Berg hält das derzeitige Förder- und Ausbauprogramm auch noch aus anderen Gründen für falsch. "Die Telekom hat 2014 etwa 22 000 FTTH/B-Anschlüsse gebaut. Dieses Jahr sind es nur noch halb so viel. Das hat nichts nach vorne gebracht. Sie haben quasi Pferdekutschen mit elektrischen Peitschen angetrieben. Das ist aber nicht das was wir wollen, wir wollen eine Datenautobahn", kritisierte sie. Sie forderte die Politiker auf, herauszufinden, wie viele FTTH-Anschlüsse die Telekom aus dem Förderprogramm heraus finanziert hat. "Ich glaube, die Anzahl ist sehr klein. Das ist nicht der richtige Weg. Man kann nicht sagen, man will Gigabit und dann fördert man Kupfer." Ganz uneigennützig sind die Positionen von Anke Domscheit-Berg jedoch nicht. Sie ist Mitgründerin von Viaeuropa Deutschland.

"Es ist eine Schweinerei, was die Telekom teilweise macht"

Man müsse Voraussetzungen dafür schaffen, dass Städte die Möglichkeit bekommen, ihre eigene Glasfaserinfrastruktur zu bauen und zu betreiben, ohne dass sie das Netz dann, wenn es anfängt, Gewinne abzuwerfen, veräußern müssen. "Das ist ein widersinniges, völlig bescheuertes Förderprogramm." Auch hier fand sie bei Jarzombek keinen Verbündeten. Ihn betrübe auch, dass der Anteil der Betreibermodelle so gering ist, zumal er sich dafür stark gemacht habe. "Dass die Netze nach zehn Jahren veräußert werden müssen, liegt nicht an den Förderprogrammen, sondern am Grundgesetz."

Jarzombek sprach sich auch dagegen aus, dass der Staat eine größere Rolle beim Breitbandausbau einnehmen sollte. Dabei verwies er auf einen Vorgang in Ostdeutschland Anfang der 1990er Jahre. "Wir hatten schon einmal einen staatlichen Glasfaserausbau, das war eine Technologie die völlig in die Sackgasse geführt hat, wo man am Ende kein Breitband drüber schicken konnte." Damit meint er die verlegte OPAL-Technik, die bis heute in vielen Bereichen Probleme macht. "Damit ist der Beweis erbracht, dass der Staat es nicht besser kann. Breitband ist keine staatliche Aufgabe", so der Politiker. Doch er teilte auch aus in Richtung der Deutschen Telekom. "Ich kann den Ärger gut verstehen und es ist eine Schweinerei, was die Telekom teilweise macht. Dass dort gezielt Projekte gestört werden, indem auf einmal Ausbaupläne vorgezogen werden, ist ein No-Go. Mich ärgert es sehr, dass man es bis heute nicht geschafft hat, diese Unternehmenspolitik zu unterbinden."

SPD-Mann Dörmann forciert Gigabit-Netze

SPD-Mann Martin Dörmann warnte davor, Vectoring zu verteufeln. "Vectoring wird von vielen anderen Unternehmen eingesetzt, nicht nur von der Telekom", sagte er auch mit direkter Adressierung an die anwesenden Breko-Mitglieder im Raum, von denen viele ebenfalls diese Übergangstechnologie einsetzen. "Unser Ziel sind Gigabit-Netze. Der Ausbau wird nur funktionieren, wenn alle, die heute im Markt sind, sich daran beteiligen." Domscheit-Berg kam daraufhin nicht umhin ihn ketzerisch zu fragen, ob er wisse, dass Gigabit-Netze sich nicht über Kupferleitungen realisieren lassen. Dörmann hielt dagegen: "Hätten wir diesen Zwischenschritt der 50 MBit/s bis 2018 nicht gemacht, hätten wir nicht so viel erreicht, wie wir erreicht haben." Das nächste Förderprogramm werde nicht auf Kupfer setzen.

Die SPD Bundestagsfraktion hat heute ein neues Programm für den Glasfaserausbau bis 2025 vorgestellt.

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