Editorial: Viel Geld für Elektroschrott
Altrouter landen nach der Rücksendung meist direkt im Recycling
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Die Diskussion um versteckte Gebühren bei der Vertragsauflösung begleitet
teltarif.de nun schon (fast) seit dem Beginn 1998. Die gesetzliche Regelung
ist dabei eindeutig: Die Anbieter dürfen Vertragsabschlussentgelte
verlangen; Kündigungsgebühren sind hingegen nicht rechtens.
Ein wegweisendes BGH-Urteil hierzu stammt
beispielsweise von 2002. Probiert werden versteckte Deaktivierungsgebühren
jedoch immer wieder, jeweils halt so lange, bis die Gerichte die
zugehörigen Klauseln wieder kassieren, was zum Nachteil der Verbraucher
schonmal viele Jahre dauern kann. Denn
wer bucht entsprechende Lastschriften über solche ungerechtfertigten
Zahlungen schon zurück, wohlwissend, dass er damit eine Kaskade aus
Mahn- und Klageverfahren in Gang setzt, die nicht so einfach zu stoppen
ist?
Aktuell besonders beliebt ist es, vom Kunden die mit dem Anschluss zur Verfügung gestellten Endgeräte nach Vertragsablauf wieder zurückzuverlangen. Das ist auch grundsätzlich zulässig, wenn die Anbieter die Geräte nur vermieten und nicht verkaufen. Kommt das Kundenpaket mit dem/den Altgerät(en) nicht rechtzeitig nach Auslaufen des Vertrags beim Anbieter an, verlangen diese dann gesalzene Preise. Und so war wenig verwunderlich, dass die Richter schon in der ersten Instanz die pauschale Geräteverlusts-Preisliste Vodafones kassiert haben: Mehr, als das Gerät zum Zeitpunkt der Rücksendung wert ist, darf vom Kunden für eine vergessene Rücksendung nicht verlangt werden. Ebenso ist es unzulässig, sofort die Nicht-Rücksende-Pauschale zu verrechnen, ohne erstmal die noch ausstehende Rücksendung anzumahnen.
Wie üblich wird Vodafone dennoch den Instanzenweg beschreiten, um sich zwei weitere Niederlagen zu holen. Erst, wenn das unanfechtbare BGH-Urteil vorliegt, müssen sie ihre Praxis ändern, und dann fällt ihnen garantiert eine neue Methode ein, die Kunden am Vertragsende weiterhin zu gängeln.
Umkämpfter Markt
Altrouter landen nach der Rücksendung meist direkt im Recycling
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Zweifellos sind Festnetzanschlüsse ein hart umkämpfter Markt. Die Zahl
der Kunden sinkt - abgesehen von Sondereffekten wie derzeit noch
die Corona-Pandemie - mit der Zeit langsam aber stetig. Zwei
Technologien - Vectoring-DSL über die klassische Kupfer-Doppelader
und der Kabelanschluss über das Breitbandkabel - sind weitgehend
ausgereizt und haben es daher immer schwieriger, mit der weiterhin
schnellen Entwicklung mobiler Breitbanddienste zu konkurrieren. Die
dritte Technologie - Glasfaser bis ins Haus - benötigt aufgrund der hohen
Verlegekosten in Deutschland eine gewaltige Anfangsinvestition, ist aber
dafür die Technologie, die auch künftig noch Potenzial hat.
Unter solchen Bedingungen werden die Schaufensterpreise bei Vertragsabschluss immer wichtiger. Egal, ob Vodafone oder Telekom, die ersten sechs oder zwölf Monate sind deutlich rabattiert, danach wird es teurer, was freilich nicht alle Kunden gleich überblicken. Bei Resellern sind die ersten Monate teils sogar kostenlos, was groß angepriesen wird. Dafür muss man den Preis danach dann schon fast mit der Lupe suchen. Klickt man falsch, hat man auch noch kostenpflichtige Extrapakete wie HD-TV oder ein Sicherheitspaket mit im Warenkorb. Nur dort wird Marge verdient; mit dem Internetzugang selber machen die Anbieter bei Kunden, die alle zwei Jahre wechseln, hingegen kaum Gewinn.
Wenn auch nur 20 Prozent der Kunden vergessen, das Altgerät zurückzuschicken, oder sich ob dessen Zustand ("Kaffee drüber gelaufen") gar nicht erst trauen, dann sind das nach derzeitiger Preisliste im Schnitt 20 bis 50 Euro zusätzlich pro Vertragsverhältnis. Da jährlich Millionen Haushalte ihren Festnetzanschluss wechseln, kommen so, über alle Anbieter summiert, dreistellige Millionenbeträge zusammen.
Es lohnt sich also, den Schrott zurückzufordern. Zwar bekommen Vodafone und Co. für die Altgeräte so gut wie kein Geld mehr - nur ein kleiner Teil lässt sich für wenige Euro auf Ebay und Co. verkaufen. Aber sie können die Altrouter dank der Sortenreinheit (immer dieselben Geräte) recht günstig entsorgen und sparen sich so entsprechende Kosten für die Teilnahme am allgemeinen Elektroschrott-Recycling, wie sie für alle Elektronik-Händler verpflichtend ist. Der einzige Nachteil der Mietpraxis für die Anbieter ist, dass sie bei nicht vom Kunden verschuldeten Geräteausfall (wenn also kein Kaffee drüber gelaufen ist, der Router aber trotzdem kaputtgeht), dem Kunden ein Ersatzgerät stellen müssen. Nur: Die Anbieter haben ja mehr als genug Rückläufer von ehemaligen Kunden, die sie als aufbereitete Ersatzgeräte verschicken können.
Missbrauchsaufsicht schneller oder wirksamer
Letztendlich haben die Kunden also den Aufwand damit, die Router zurückzusenden, nur, damit diese beim Anbieter direkt im Elektroschrott landen. Wenn sie es aber nicht tun, zahlen sie hohe Strafgebühren. Besser wäre eine Rückkehr zum alten Modell der Kaufrouter: Die Kunden zahlen am Ende auch nicht mehr, können den Router aber behalten und zum Beispiel auch nach einem Anschlusswechsel als Access Point, Repeater oder Druckerserver weiterbetreiben.
Für die Kunden wäre daher wichtig, dass die Missbrauchsaufsicht effektiver wird: Beispielsweise dadurch, dass die letztinstanzlichen Urteile schneller ergehen. Oder dadurch, dass die Gelder, die die Anbieter unberechtigterweise zu viel kassiert haben, von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Anbieter ermittelt und dann an die Kunden zurückbezahlt werden, oder alternativ zumindest die unberechtigten Gewinne abgeschöpft werden. Letzteres gibt es in Deutschland übrigens bereits, es wird aber bisher nur in Einzelfällen auch angewendet. Zur Rückzahlung der Schäden wäre eine Musterfeststellungsklage nötig, die es noch nicht gibt, über die der Gesetzgeber aber wohl seit 2016 diskutiert.