Ausblick

UMTS-Frequenz-Versteigerung: Diese Chance haben Neueinsteiger

Die Versuche, neue Mobilfunk-Netzbetreiber zu starten, waren nicht immer erfolgreich, auch virtuelle Netzbetreiber erlebten teils wechselhafte Geschichten. Kann die Frequenz-Neuvergabe 2020 Neueinsteigern bessere Möglichkeiten bieten?
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Der vor knapp einer Woche vorgelegte Frequenz-Kompass der Bundesnetzagentur beschäftigt sich primär mit der Neuvergabe der UMTS-Lizenzen, die im Jahr 2020 auslaufen, doch auch später auslaufende Lizenzen und ganz neue Frequenzbereiche stehen im Fokus. Denn der LTE-Nachfolger 5G und Dienste wie automatisiertes Fahren, vernetzte Maschinen und miteinander kommunizierende Stromzähler werden in Deutschland deutlich mehr Funkspektrum benötigen als bislang.

Die BNetzA ist aber nicht nur eine "Frequenz-Verteilerin" im Auftrag des Staates, sie ist auch die Hüterin des Wettbewerbs, die eine Monopolbildung bei Mobilfunkdiensten möglichst verhindern soll. Darum soll bei dieser Frequenzvergabe ab 2020 wieder darauf geachtet werden, dass bislang nicht oder nur peripher im Mobilfunk aktive Firmen die Möglichkeit zu einem Neueinstieg erhalten - entweder als echter Netzbetreiber oder als virtueller Netzbetreiber. Auch hierzu macht der aktuelle Frequenz-Kompass wieder Vorgaben.

Neueinstiege von Mobilfunk-Netzbetreibern in Deutschland

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Die Neueinstiege von Mobilfunk-Netzbetreibern waren in Deutschland bislang unterschiedlich erfolgreich. Die beste Wettbewerbssituation herrschte in den späten 1990er und den frühen 2000er-Jahren, als mit der Telekom, Vodafone, E-Plus und o2 gleich vier digitale Mobilfunknetze am Markt waren. Durch die Fusion von o2 und E-Plus werden momentan die beiden Netze zusammengelegt, in den kommenden Jahren wird es erst einmal nur drei Netze geben, was im schlimmsten Fall auch zu steigenden Preisen führen kann.

Grandios gescheitert sind bislang alle Versuche, einen neuen physischen Netzbetreiber zu starten. Mobilcom und Quam hatten sich bei der teuren Versteigerung von UMTS-Lizenzen übernommen, verzichteten auf den Netzaufbau und mussten die Lizenz zurückgeben. Und auch bei der Frequenz-Versteigerung 2015 gab es schon vorab Verlierer: Airdata wurde nicht zur Auktion zugelassen, Liquid Broadband hatte sich nach einem ersten Interesse dann doch nicht beworben - die Mindestgebote waren sehr hoch angesetzt.

Von daher kann die BNetzA ihre Bestrebungen um mehr Wettbewerb unter den physischen Netzbetreibern in den vergangenen Jahren nicht gerade als Erfolg bezeichnen. Die vergangenen Frequenz-Auktionsrunden hatten lediglich zu einer Neuvergabe an die etablierten Netzbetreiber geführt.

MVNO/MVNE: Virtuelle Netzbetreiber in Deutschland unterschiedlich erfolgreich

Eine weitere Möglichkeit, den Wettbewerb zu fördern, sind virtuelle Mobilfunknetzbetreiber (MVNO/MVNE). Bei früheren Auktionen hat die BNetzA die Lizenznehmer der Frequenzen bereits darauf verpflichtet, dass sie derartige MVNO/MVNE in ihren Netzen zulassen müssen.

Das Ergebnis ist hierbei zwiespältig: Auf der einen Seite gibt es seit mehreren Jahren MVNO/MVNE in Deutschland wie Lycamobile und Truphone im Vodafone-Netz oder simquadrat im Telefónica-Netz. Diese haben zum Teil Neuerungen wie eine SIM mit Festnetznummer bei simquadrat oder spezielle Roaming-Tarife bei Lycamobile und Truphone gebracht. Allerdings profitieren die MVNO/MVNE oft erst stark verspätet von neuen Netztechnologien wie LTE.

Und auf der anderen Seite gibt es mit der Insolvenz von Telogic/vistream nicht nur ein Beispiel für einen gescheiterten MVNO/MVNE, was für viele Kunden seinerzeit eine Menge Ärger bedeutete. Auch die ehemalige ring Mobilfunk nutzte als MVNE die Sendeanlagen von E-Plus, wechselte dann aber zum noch existierenden virtuellen Netzbetreiber GTCom, der seinerseits nach einem Schlingerkurs an Drilisch ging. Eher unbekannt ist der MVNE mvneco für Geschäftskunden-Lösungen und M2M im Telefónica-Netz.

Eine Sonderrolle unter den Mobilfunk-Providern nehmen Drillisch, die Marken der Freenet AG sowie 1&1 ein, die aufgrund ihrer Abkommen mit einem oder mehreren Netzbetreibern Zugriff auf Netztechniken haben, die sogar den eigenen Discount-Töchtern der Netzbetreiber versagt bleiben.

Welche Chance haben Neueinsteiger nach 2020?

Es bleibt also abzuwarten, welche Chancen die Frequenzvergaben nach 2020 potenziellen Neueinsteigern eröffnen. Interessant ist der Passus der BNetzA im Frequenz-Kompass, dass mit dem Ablauf der UMTS/IMT-2000-Lizenzen zum 31. Dezember 2020 die geltenden Verpflichtungen der Mobilfunknetzbetreiber enden, Diensteanbietern diskriminierungsfrei Zugang zu Mobilfunkdiensten zu gewähren. Was dies für die oben genannten MVNO/MVNE in Deutschland bedeutet, ist völlig unklar.

Laut der BNetzA ist aber zu berücksichtigen, dass das Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission zur Fusion von Telefónica und E-Plus besondere Konditionen für Diensteanbieter auch über das Jahr 2020 hinaus beinhaltet. In der Anhörung zur Frequenzverteilungsuntersuchung seien darum auch die Förderung des Wettbewerbs auf Diensteebene, insbesondere Zugangsrechte für Diensteanbieter und MVNO, über das Jahr 2020 hinaus gefordert worden.

Politik fordert mehr Wettbewerb auf Diensteebene

Die BNetzA zitiert im Frequenz-Kompass überdies aus dem "Grünbuch Digitale Plattformen" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Dort wird als Teil der "Digitalen Strategie 2025" die bisherige Regulierung unverhohlen kritisiert, da diese überwiegend auf die Erfordernisse der Netzbetreiber geschaut habe. Nun sei es an der Zeit, digitalen Plattformen eine bessere Chance einzuräumen. Im Grünbuch heißt es: "Jetzt geht es darum, einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der stärkere Anreize für Netzinvestitionen in Gigabitinfrastrukturen setzt und Innovationen auf Diensteebene fördert."

Die 2-GHz-Frequenzen sowie weitere Frequenzen sollen - wie bereits berichtet - diskriminierungsfrei auf der Grundlage nachvollziehbarer und objektiver Verfahren bereitgestellt werden. Hierbei will die BNetzA auch untersuchen, ob und inwieweit Zugangsrechte für Diensteanbieter und MVNO über das Jahr 2020 hinaus adressiert werden müssen. In diesem Zusammenhang seien auch die Auswirkungen neuer Entwicklungen wie der eSIM in die Betrachtung einzubeziehen.

Im Zuge der Bereitstellung neuer Frequenznutzungsrechte will die BNetzA wie bisher auch die Interessen möglicher Neueinsteiger ermitteln und gegebenenfalls berücksichtigen und die Regulierungsziele daraufhin abwägen. Nachdem sich die Marktkonstellation durch die Fusion von Telefónica und E-Plus geändert habe und nun nur noch drei selbständige Netzbetreiber bestehen, kommt der Frage nach wettbewerblichen Aspekten im Markt laut der BNetzA "eine gewichtige Rolle zu".

Bei der Betrachtung der Frage zum Eintritt eines vierten Netzbetreibers seien marktliche und technische Entwicklungen im Blick zu behalten. Gerade in Bezug auf die Entwicklungen der Digitalisierung und den damit einhergehenden Anforderungen an moderne, möglichst überall verfügbare Mobilfunkinfrastrukturen, stellt die BNetzA die Frage, welchen Beitrag Neueinsteiger bei der Schaffung solcher Infrastrukturen leisten können. Interessenten können noch bis zum 30. September Stellungnahmen zum Frequenz-Kompass sowie zu den aufgeworfenen Fragen bei der BNetzA abgeben.

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