Statement

Nach 1&1-Deal mit Vodafone: Vertrag mit Telefónica obsolet?

Es sieht so aus, als ob sich 1&1 beim National Roaming möglichst von vorne­herein nur mit Voda­fone verbinden möchte. o2 nimmt Stel­lung und verweist auf die abge­schlos­senen Verträge.
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Recht­zeitig vor der Bekannt­gabe der Quar­tals­zahlen der United Internet AG wurde die abso­lute Knül­ler­mel­dung des Jahres bekannt gegeben: Voda­fone gewährt dem vierten Netz­betreiber 1&1 natio­nales Roaming. Nicht nur in seinem 2G- und 4G-Netz, sondern auch in seinem schon weit ausge­bauten 5G-Netz.

o2-Roaming für 1&1 bald obsolet?

1&1-Kunden werden ab Oktober 2024 ins Vodafone-D2-Netz einbuchen können. Findet das ausgehandelte o2-Roaming noch statt? 1&1-Kunden werden ab Oktober 2024 ins Vodafone-D2-Netz einbuchen können. Findet das ausgehandelte o2-Roaming noch statt?
Foto: Vodafone, Logos: 1&1/Vodafone, Montage: teltarif.de
Ursprüng­lich hatte 1&1 einen lang­fris­tigen Roaming­ver­trag mit o2-Telefónica geschlossen und wollte über­gangs­weise seinen eigenen Kunden Netz­abde­ckung mit 2G und 4G im Netz von o2 bieten. Doch daraus scheint nun nicht mehr viel zu werden. Sobald das Voda­fone-(D2)-Roaming mit 1&1 im Oktober 2024 läuft, will der vierte Netz­betreiber auf sein Gast­spiel bei o2 komplett verzichten, viel früher als geplant.

Und was macht o2?

Für o2-Telefónica ergibt sich nun ein völlig neues Bild: In einer Investor Rela­tions Meldung erklärt das Münchner Unter­nehmen, wie die neue Lage aus seiner Sicht einzu­schätzen sei. Der Text ist im breiten Börsen-Analysten-Jargon geschrieben. Wir versu­chen eine etwas verein­fachen­dere "Über­set­zung".

Telefónica Deutsch­land bestä­tigt Ausblick für Geschäfts­jahr 2023 und Divi­den­den­zusage

In den vergan­genen Quar­talen hat Telefónica Deutsch­land ein "starkes opera­tives und finan­zielles Momentum" erzielt, das von der "Attrak­tivität der Marke o2 und ihrer Zugkraft im Markt" getragen wurde, betont man in München.

Telefónica Deutsch­land werde diesen Wachs­tums­kurs fort­setzen, "gestützt auf die eigene kommer­zielle Stärke, die Qualität der Services und des Netzes sowie die Erfolgs­bilanz im Part­ner­geschäft".

o2-Roaming für 1&1 bis 30. Juni 2025?

Und weiter: "Unab­hängig von der heutigen Ankün­digung von 1&1, für National Roaming mit Voda­fone zu koope­rieren, hat 1&1 vertrag­liche Verpflich­tungen gegen­über Telefónica Deutsch­land im Rahmen des bestehenden MBA (Mobile Broad­band Access) MVNO (Mobile Virtual Network Operator)/4G National Roaming Abkom­mens bis zum 30. Juni 2025. Dies sichert Telefónica Deutsch­land Umsatz­ströme (= Einnahmen)."

Ein Satz ist bemer­kens­wert: "Telefónica Deutsch­land kann frei­wer­dende Netz­kapa­zitäten für eigene Kunden sowie Kunden im Part­ner­geschäft nutzen." Daraus könnte man ableiten, dass o2 bereits neue (virtu­elle) Anbieter in petto hat? Und ist damit die Auflage der EU-Kommis­sion aus der Fusion von E-Plus und o2 hinfällig?

Prognose bestä­tigt

"Vor diesem Hinter­grund" bestä­tigte Telefónica Deutsch­land den "Ausblick für das Geschäfts­jahr 2023 mit Umsatz- und OIBDA-Wachstum im oberen Progno­sebe­reich von Wachstum im nied­rigen einstel­ligen Prozent­bereich" sowie die zuge­sagte Mindest­divi­dende für das Geschäfts­jahr 2023 in Höhe von 18 Euro-Cent je Aktie. Das inter­essiert die Aktio­näre.

Was bedeutet es für 1&1-Kunden?

Für bestehende 1&1-Kunden stehen bewegte Zeiten bevor. Im Laufe des Jahres sollten sie vom Original-o2-Netz in das "eigene" 1&1-Netz (Code 262-23) umge­schaltet werden. Sie werden es daran merken, dass regional kein 5G mehr nutzbar ist, weil sie im o2-Netz als Roaming-Kunden nur noch 2G oder 4G nutzen dürfen.

1&1 hat nun aber ange­kün­digt, bei der Bundes­netz­agentur den 1&1-Service-Provider-Modus verlän­gern zu wollen. Das könnte bedeuten, dass 1&1 ab Oktober 2024 direkt in das Voda­fone-Roaming einsteigt und das ange­dachte o2-Roaming gar nicht verwendet. Bestehende Kunden würden solange weiter direkt im o2-Netz bleiben. Fragt sich, ob die Bundes­netz­agentur dabei mitspielt.

Ab Oktober 2024 werden die 1&1-Kunden, zu Gast im Voda­fone-D2-Netz mehr oder anderswo Netz haben, insbe­son­dere mehr 5G. Ob sich die 1&1-SIM-Karten dann auto­matisch bei Voda­fone-D2 einbu­chen oder ob man einmal mit manu­eller Netz­wahl "nach­helfen" muss, werden wir noch sehen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Auch der Autor hatte schon speku­liert, ob es nicht sinn­voll wäre, wenn sich Ralph Dommer­muth und seine 1&1 mit Voda­fone einigen würden. Gemäß dem Motto "1&1 = D2". Nach dem heftigen Streit um die verschla­fenen 1&1-Sende­stand­orte zwischen der Voda­fone-Tochter Vantage-Towers und der 1&1-Mobil­funk sah es zunächst aber gar nicht mehr danach aus.

Die Koope­ration zwischen 1&1 und Voda­fone ist aber sinn­voll, weil beide Seiten etwas davon haben. 1&1 kann seinen Kunden kurz­fristig ausrei­chend Netz bieten und Voda­fone bekommt neue gesi­cherte Einnahmen, von - wenn man so will - über Nacht etwa 11 Millionen neuen Kunden, für die man nicht mal irre Provi­sionen (das Nobel-Handy für 1 Euro) ausschütten musste.

o2 muss sich nun auf seine Stärken zurück besinnen: Relativ viel Netz (und oft viel mehr als Voda­fone-D2) für relativ wenig Geld. Doch für Übermut bleibt keine Zeit. Die Inves­titionen in das o2-Netz müssen wieder hoch­gefahren und es muss massiv weiter ausge­baut werden. Sonst wird o2 zwischen der Voda­fone/1&1-Gruppe und der Telekom aufge­rieben. Wer Kampf­preise will, geht dann zu den Rot/Blau-Weißen, wer Qualität für mehr Geld will, wählt Magenta. Lang­fristig halte ich es für nicht undenkbar, dass 1&1 und Voda­fone ihr Koope­ration weiter verstärken oder sich am Ende sogar zu einem Netz zusammen schließen.

Der bald bevor­ste­hende Aufbau von 6G (!), der weitere Ausbau von 5G und das Stopfen von weißen Flecken (wo noch gar nichts ist) kostet so unend­lich viel Geld, da können sich die Partner gut ergänzen.

Dann hätten wir am Ende wieder drei Netz­betreiber und viel­leicht mehr virtu­elle Anbieter als früher. Einige davon mit eigener Vorwahl. Das hat den Charme, dass bei virtu­ellen Netzen auch ankom­mende Anrufe im Netz ein klein wenig Einnahmen (aus dem Inter­con­nect) bringen, dafür muss man sich aber um Verbin­dungen in andere Netze selbst kümmern.

Der Kommu­nika­tions­profi bleibt ohnehin bei den Original-Netz­betrei­bern, hat schon zwei oder drei SIM-Karten im Einsatz und schaut lieber schmun­zelnd zu.

1&1 stellte auch güns­tige Daten­tarife vor.

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