Jubiläum

Vor 20 Jahren: Vodafone startete erste UMTS-Datenkarte

Die dritte Mobil­funk­genera­tion UMTS in Deutsch­land star­tete vor 20 Jahren mit einem Handicap: Die Lizenz­kosten von 50 Milli­arden Euro ließen für den Netz­ausbau kaum Spiel­raum. Erst der 5G-Netz­ausbau schloss die Lücken.
Von dpa /

Eine UMTS-Datenkarte von Vodafone Eine UMTS-Datenkarte von Vodafone
Bild: Vodafone
In der High­tech-Branche sind 42 Monate eine sehr lange Zeit. Doch nach der Verstei­gerung der Frequenz­bereiche für die dritte Mobil­funk-Gene­ration UMTS im August 2000 gingen tatsäch­lich drei­ein­halb Jahre ins Land, ohne dass die Lizenzen in der Praxis genutzt wurden.

Dabei waren die wich­tigsten Unter­nehmen der Tele­kom­muni­kati­ons­branche im Sommer 2000 ganz heiß darauf, dem mobilen Internet ein brauch­bares tech­nisches Funda­ment zu verpassen. In den USA war der erste Inter­net­boom noch unge­bro­chen. In Japan demons­trierte der Gigant DoCoMo mit seinem Dienst iMode, welch pfif­fige Anwen­dungen auf dem Handy möglich sind - von mobilen Nach­rich­ten­por­talen bis zu digi­talen Tickets für den Nahver­kehr.

iMode und WAP schon vor dem UMTS-Start

Eine UMTS-Datenkarte von Vodafone Eine UMTS-Datenkarte von Vodafone
Bild: Vodafone
In Deutsch­land besaßen damals bereits 48 Millionen Menschen ein Handy. Doch damit wurde vor allem über GSM tele­foniert und gele­gent­lich eine SMS-Botschaft verschickt. 1999 versuchten vor allem die Telekom und der Voda­fone-Vorläufer Mannes­mann, mit dem Wire­less Appli­cation Protocol (WAP) ähnlich wie bei iMode eine abge­speckte Mobil­vari­ante des Inter­nets für die kleinen Displays der Mobil­tele­fone verfügbar zu machen. Doch mit einer Geschwin­dig­keit von 9,6 Kilobit in der Sekunde (kBit/s) und allge­gen­wär­tigen Bezahl­schranken über­setzen viele Anwen­derinnen und Anwender das Kürzel WAP mit "Wait and Pay" (Warten und Bezahlen) - und darauf hatten die meisten Menschen keine Lust.

3G, das "Universal Mobile Tele­com­muni­cations System", kurz UMTS, versprach dagegen die damals sensa­tio­nelle Geschwin­dig­keit von 384 kBit/s, sechsmal schneller als eine ISDN-Fest­netz­lei­tung. Doch obwohl die Frequenz­gewinner ab 2001 die Frequenzen nutzen durften, tat sich viele Monate nichts.

Kein Geld, keine Geräte

Für die jahre­lange Verzö­gerung gab es zwei Haupt­gründe: Geld und Geräte. Unmit­telbar nach der Frequenz­auk­tion in Deutsch­land platzte die Dot-Com-Blase, also die zum Teil völlig über­zogenen Erwar­tungen an die neue Inter­net­wirt­schaft. Damit vertrock­neten auch Finanz­ströme für die hoch­ver­schul­deten deut­schen Telkos, die nach der teuren Auktion eigent­lich den Aufbau der Netze finan­zieren sollten. "Die teuerste Verstei­gerung von Mobil­funk­fre­quenzen aller Zeiten hat der Tele­kom­muni­kati­ons­branche das Geld entzogen, das für einen noch zügi­geren Netz­ausbau im Land nötig gewesen wäre", sagt Markus Haas, Chef von o2 Telefónica.

Anfang der Nuller­jahre fehlten aber auch Geräte, die UMTS unter­stützen konnten. Als Voda­fone in Deutsch­land als erster Anbieter am 12. Februar 2004 den UMTS-Dienst kommer­ziell star­tete, setzten die Düssel­dorfer deshalb nicht auf ein 3G-Telefon, sondern auf eine Daten­karte für den Laptop. Diese Steck­karte kostete mit einem Vertrag 395 Euro und ohne Vertrag 999 Euro. Die Tarife berech­neten die UMTS-Nutzung wahl­weise nach der Zeit oder dem Über­tra­gungs­volumen. So bekamen die Kunden für knapp 70 Euro ein Online-Kontin­gent von 30 Stunden - im Monat. Beim Über­schreiten der Inklu­siv­zeit wurden dann je zehn Minuten 1,04 Euro berechnet. Bei der Konkur­renz war es auch nicht billiger. Die Deut­sche Telekom, die am 4. Mai 2004 ihr UMTS-Netz star­tete, verlangte zur Einfüh­rung für 500 Mega­byte Verkehrs­volumen 110 Euro im Monat.

"Wenn man das mit heutigen Einsteiger-Ange­boten und Geräten vergleicht, war Mobil­funk damals also noch recht teuer", räumt 20 Jahre später Tanja Richter, die jetzige Technik-Chefin von Voda­fone Deutsch­land, ein. Doch vielen Tech­nik­nomaden war es damals das Geld wert. "Das war der Start­schuss für das mobile Internet, wie wir es heute kennen und was aus unserem Alltag nicht mehr wegzu­denken ist", sagt Richter.

Erstes iPhone noch ohne UMTS

Das Nokia 7600 Das Nokia 7600
Bild: Nokia

Nokia 7600

In der Rück­schau ist es bemer­kens­wert, dass ausge­rechnet das sonst revo­lutio­näre erste iPhone von Apple aus dem Jahr 2007 noch nicht UMTS unter­stützte, sondern nur im vergleichs­weise lahmen Edge-Netz funkte. Geräte aus Europa wie das Nokia 7600 gaben damals das Tempo bei der Daten­über­tra­gung vor.

UMTS ist seit gut zwei Jahren Geschichte. Telefónica mit seiner Marke o2 schal­tete im Dezember 2021 die letzten 300 seiner 3G-Stand­orte ab. Voda­fone und Telekom hatten dem veral­teten Stan­dard schon im Sommer 2021 den Stecker gezogen. Die frei­gewor­denen Frequenzen setzen die Unter­nehmen seitdem als zusätz­liches Frequenz­band für den schnel­leren und effi­zien­teren 4G-Stan­dard (LTE) sowie für die jüngste Mobil­funk­genera­tion 5G ein.

In seiner letzten Ausbau­stufe unter­stützte UMTS Geschwin­digkeiten bis zu 42,2 Megabit pro Sekunde. Mit 5G erreicht man Gigabit-Geschwin­digkeiten. Die Unter­schiede sind enorm: In einer 5G-Funk­zelle benö­tigt man für das Herun­ter­laden eines Filmes nur wenige Sekunden. Bei UMTS hätte dies mehrere Stunden gedauert. Zudem sind die Reak­tions­zeiten bei 5G deut­lich schneller als bei UMTS, was Echt­zeit-Anwen­dungen wie Tele­medizin oder die Steue­rung tech­nischer Geräte aus der Ferne ermög­licht und auch Gamer erfreut.

Auch beim Stopfen der Funk­löcher aus der UMTS-Ära sind die Anbieter in Deutsch­land auf einem guten Weg. Auf einer EU-Rang­liste liegt die Bundes­repu­blik beim 5G-Ausbau deut­lich über dem EU-Durch­schnitt. Aller­dings liegen kleine Länder wie Zypern und Malta, aber auch Flächen­staaten wie die Nieder­lande und Italien vor Deutsch­land.

Dank UMTS und HSPA konnten Nutzer auch via Handy, Tablet oder Laptop erst­mals mobil mit Geschwin­digkeiten im Megabit-Bereich surfen. Inzwi­schen wurde UMTS in Deutsch­land abge­schaltet. Wir blicken in einer mehr­tei­ligen Arti­kel­serie zurück.

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