Warnung

Frequenzen: Kartellamt warnt vor Benachteiligung von 1&1

Bald will 1&1 sein Handy­netz auch für Mobil­funk­kunden starten. Bran­chen­kenner rechnen mit mehr Wett­bewerb und Vorteilen für die Verbrau­cher. Doch die Firma ist unter Druck. Nun macht sich das Kartellamt für 1&1 stark.
Von dpa /

Das Bundeskartellamt in Bonn Das Bundeskartellamt in Bonn
Foto: Bundeskartellamt
Bei seinem schwie­rigen Markt­ein­tritt als vierter deut­scher Handy­netz-Betreiber bekommt der Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter 1&1 Schüt­zen­hilfe vom Bundes­kar­tellamt. Im September hatte die Bundes­netz­agentur vorge­schlagen, auf die übliche Frequenz­auk­tion zu verzichten - das wäre ein Rück­schlag für 1&1, das für sein eigenes, im Aufbau befind­liches Netz zusätz­liche Frequenzen braucht. Statt Verstei­gerung würden jetzige Nutzungs­rechte verlän­gert - und 1&1 bliebe dabei außen vor. In einem Posi­tions­papier des Kartell­amts wird nun Kritik an dem Vorhaben der Bundes­netz­agentur deut­lich und vor nega­tiven Folgen für die Verbrau­cher gewarnt.

Nach dem Vorschlag der Bundes­netz­agentur konnten Markt­teil­nehmer und andere Insti­tutionen ihre Sicht einbringen. Danach berät die Regu­lie­rungs­behörde und gibt ihre Entschei­dung 2024 bekannt. Das Bundes­kar­tellamt hat hierbei zwar nur eine Neben­rolle - es gibt die nun bekannt­gewor­dene Stel­lung­nahme ab, mehr nicht. Aber die Meinung von Deutsch­lands obersten Wett­bewerbs­hütern hat durchaus Gewicht. Die Einwände des Kartell­amts seien ernst zu nehmen, sagt etwa der FDP-Bundes­tags­abge­ord­nete Rein­hard Houben.

Netz­start für Mobil­funk­kunden wurde verschoben

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Foto: Bundeskartellamt
Im Jahr 2019 erstei­gerte 1&1 erst­mals Frequenz­rechte für ein eigenes Netz. Das Vorhaben ist eine teure Sache, das lässt sich die Firma aus Monta­baur bis Ende 2030 rund fünf Milli­arden Euro kosten. Bisher nutzt 1&1 bei seinem Mobil­funk­geschäft andere Netze und zahlt Miete. Mit seinen eigenen Antennen wäre 1&1 künftig auf Augen­höhe mit den drei etablierten Netz­betrei­bern Deut­sche Telekom, Voda­fone und Telefónica Deutsch­land (o2). Die sind wenig begeis­tert über den aufstre­benden Konkur­renten, dessen Ausbau nur sehr schlep­pend anlief. Bald soll das Handy­netz aber für Mobil­funk­kunden akti­viert werden.

In seinem Posi­tions­papier betont das Kartellamt die Vorteile des Markt­ein­tritts von 1&1. Funk­tio­nie­render Infra­struk­tur­wett­bewerb sei gut für den Netz­ausbau und ermög­liche "güns­tige Preise für leis­tungs­fähige Mobil­funk­pro­dukte", schreiben die Autoren. Analysen von Markt­for­schern wiesen darauf hin, dass das Preis­niveau und Leis­tungs­angebot in Märkten mit vier Mobil­funk­netz­betrei­bern in der Regel attrak­tiver sei als in Märkten mit nur drei Mobil­funk­netzen. Sollte der Neuein­steiger ausge­bremst werden, "können hieraus für Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher sowie für die Wirt­schaft viel­fäl­tige Nach­teile wie z.B. höhere Preise, eine schlech­tere Netz­qua­lität und ein schlech­terer Netz­ausbau resul­tieren".

Die wich­tigen 800-Mega­hertz-Frequenzen

Ende 2025 laufen verschie­dene Nutzungs­rechte aus, beson­ders die 800-Mega­hertz-Frequenzen mit großer Reich­weite sind wichtig. Nach Darstel­lung der etablierten Netz­betreiber ist aber zu wenig Spek­trum da, als dass man es gut durch vier teilen könnte - sie warnen vor einer Verschlech­terung der Netz­qua­lität.

Dieses Argu­ment sei "drama­tisch" darge­stellt und mögli­cher­weise "rein stra­tegisch moti­viert", schreibt das Kartellamt und weist darauf hin, dass die drei Netz­betreiber Nutzungs­rechte in den angren­zenden Berei­chen mit ähnli­chen physi­kali­schen Eigen­schaften haben und dass ein Tausch von Frequenz­blö­cken das Problem lösen könnte. Es sei "zwin­gend zu erwägen", die Netze umzu­struk­turieren.

Tatsäch­lich hatte die Bundes­netz­agentur 2022 so einen Tausch erwogen, dann aber nicht weiter­ver­folgt. Bran­chen­kreisen zufolge lag das daran, dass man auf die Bereit­schaft der Platz­hir­sche ange­wiesen gewesen wäre, so ein Modell umzu­setzen. Die aber seien zum Tausch nicht bereit gewesen, auch weil das einer Unter­stüt­zung ihres lästigen Konkur­renten 1&1 gleich­gekommen wäre.

Dass nun statt­dessen Nutzungs­rechte verlän­gert werden sollen und der Neuein­steiger 1&1 in die Röhre guckt, sorgt beim Kartellamt für Stirn­run­zeln. Das wäre eine Form der Subven­tio­nie­rung der Etablierten, monieren die Wett­bewerbs­hüter. Die Verlän­gerung hätte "gravie­rende wett­bewerb­liche Nach­teile und benach­tei­ligt den [...] Markt­neu­ling gegen­über den etablierten Mobil­funk­netz­betrei­bern entschei­dend". Bereits getä­tigte Inves­titionen würden entwertet.

BNetzA soll Einwände prüfen

Verbrau­cher­schützer sehen das Vorhaben der Netz­agentur eben­falls kritisch. "Eine Ausset­zung der Frequenz­auk­tion würde den Markt­ein­tritt eines neuen Netz­betrei­bers stark behin­dern", sagt Felix Flos­bach von der Verbrau­cher­zen­trale NRW. "Dadurch würde auf abseh­bare Zeit kein neuer Netz­betreiber mit ausrei­chender Abde­ckung auf den Markt kommen und den Verbrau­che­rinnen und Verbrau­chern eine Alter­native zu den bestehenden Ange­boten bieten können."

In der Politik wird die Wort­mel­dung des Kartell­amts unter­schied­lich aufge­nommen. Die Netz­agentur sollte die Einwände "sehr genau prüfen", sagt der Libe­rale Houben. "Am Ende sollte die Rege­lung kommen, von der Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher mittel- und lang­fristig am stärksten profi­tieren." Bestehende Markt­ver­hält­nisse dürften nicht zemen­tiert werden.

Johannes Schätzl von der SPD äußert sich hingegen zurück­hal­tend. Zwar teile er grund­sätz­lich die Ziel­set­zung des Bundes­kar­tell­amts, dass ein starker Wett­bewerb den Markt aus Kunden­sicht verbes­sere. Der Frequenz­tausch sei aber mangels Zustim­mung bestehender Netz­betreiber nicht möglich gewesen, daher könne das Netz aktuell gar nicht umstruk­turiert werden. In Abwä­gung der rest­lichen Möglich­keiten sei der von der Netz­agentur vorge­schla­gene Weg "das beste Mittel, um das Netz aus Kunden­sicht zu verbes­sern", sagt der sozi­alde­mokra­tische Bundes­tags­abge­ord­nete.

Umge­rechnet 51 Milli­arden Euro bezahlten im Jahr 2000 sechs Mitbieter bei der Frequenz­auk­tion. Danach waren die Einnahmen nied­riger. Die nächste Auktion könnte erst später sein.

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