Themenspezial: Verbraucher & Service Kriminalfall

teltarif hilft: Identitätsdiebstahl über Vodafone wie im Krimi

Wer eine Mahnung mit Inkasso erhält, obwohl er nichts bestellt hat, ist mögli­cher­weise Opfer eines Iden­titäts­dieb­stahls geworden. In unserem Fall traf es einen unbe­schol­tenen Bürger - die Betrüger wollten ein iPhone haben.
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Aufklärung eines Identitätsdiebstahls über Vodafone Aufklärung eines Identitätsdiebstahls über Vodafone
Fotos: contrastwerkstatt/onniechua - fotolia.com/teltarif.de, Logo: Vodafone, Montage: teltarif.de
In unserer Reihe teltarif hilft beschäf­tigen wir uns meist damit, zwischen Telefon- oder Internet-Kunden und ihrem Provider einen Kontakt herzu­stellen, um Strei­tig­keiten (beispiels­weise über die Rech­nung) außer­gericht­lich beizu­legen, was uns in den meisten Fällen gelingt. Von echten Krimi­nal­fällen, an denen Polizei und Ermitt­lungs­behörden betei­ligt sind, hören wir bei teltarif.de nicht jeden Tag - im Januar war es wieder einmal so weit.

Die Straftat in diesem Fall: Iden­titäts­dieb­stahl. Oft ist es nicht ersicht­lich, wie die Daten des Geschä­digten in fremde Hände gelangt sind, mitunter kann ein Verbrau­cher mit einem laxen Umgang mit seinen Daten dafür auch selbst verant­wort­lich sein. Unser Fall zeigt aber, welche schmerz­lichen Folgen ein Iden­titäts­dieb­stahl nach sich ziehen kann - und mit welcher Dreis­tig­keit die Täter manchmal vorgehen.

Iden­titäts­dieb­stahl: Fremde Daten für Voda­fone-Vertrag

Im Januar schrieb uns ein Verbrau­cher, der eigent­lich mit Voda­fone gar kein Kunden­ver­hältnis hat:

Ich hatte in den letzten Jahren über­haupt keinen Vertrag mit Voda­fone, weder Shop, Online, tele­fonisch abge­schlossen; zudem wohne ich in länd­licher Umge­bung mit Voda­fone-2G-Empfang. Habe mich also nicht um Voda­fone geküm­mert. Ja, bis Anfang Oktober 2020, da kam nämlich ein Inkas­soschreiben von Paigo, ausge­stellt am Sonntag, dem 4. Oktober 2020. Inhalt: Eine Forde­rung von Voda­fone, ich hätte am 02.12.2019 einen Vertrag abge­schlossen: Voda­fone Red S SUB H30, Vertrags­tele­fon­nummer 0173xxxxxxx.

Weder hatte ich einen Vertrag abge­schlossen, noch habe ich etwas vorher von Voda­fone erhalten (keine SIM, keine Hard­ware, keine Mahnung - nichts). Ich habe unver­züg­lich Straf­anzeige bei der örtli­chen Polizei gestellt und persön­lichen Kontakt mit der Verbrau­cher­zen­trale Nieder­sachsen aufge­nommen. Gemeinsam wurde ein juris­tisch einwand­freier Wider­spruch erstellt mit u.a. der Forde­rung zum Nach­weis, wann, wie und zu welchen Bedin­gungen ein Vertrags­schluss zustande gekommen ist.

Reak­tion von Paigo: "Wir haben ein Schreiben von Ihnen bekommen und fordern Sie zur Mitwir­kungs­pflicht auf. Wir fordern von Ihnen eine Kopie der Straf­anzeige". Man sollte wissen, das so etwas von der Polizei nicht ausge­stellt wird. (Ich hatte schon bei der Aufnahme expli­ziert danach gefragt.) Gleich im nächsten Satz Geld­for­derungen. Das ging noch zweimal [hin und her], jetzt habe ich [einen] Mahn­bescheid, dem ich sofort wider­spro­chen habe.

Ich muss noch ergänzen: Sowohl der Poli­zei­beamte als auch die Verbrau­cher­zen­trale spra­chen mir gegen­über von versuchtem Betrug, und ich sollte auf gar keinen Fall bezahlen und mich auch nicht mit denen abgeben. Es würde nichts bringen, weil gar kein Inter­esse an vernünf­tiger Klärung besteht. Mich würde in diesem Zusam­men­hang aber sehr inter­essieren, ob es eine Möglich­keit gibt, heraus­zufinden, ob die obige Tele­fon­nummer Anfang Dezember 2019 / 1. Quartal 2020 frei­geschaltet war. Wie kann man das heraus­finden [...]?

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Zunächst fragten wir bei dem Betrugs­opfer nach, ob zu diesem Fall außer über das Inkas­sobüro auch einmal ein direkter Kontakt mit Voda­fone bestanden hat. Selbst­ver­ständ­lich boten wir auch an, die Geschichte an Voda­fone zur Klärung weiter­zugeben. Darauf schrieb der Betrof­fene:
Ende Dezember 2019 musste ich [...] eine Konto­abbu­chung von Voda­fone auf meinem Konto fest­stellen. Ich [hatte] daraufhin Kontakt mit der Voda­fone-Hotline aufge­nommen. Dort teilte man mir mit, dass ich eine Rück­buchung vornehmen sollte. Inter­essant: 94,97 Euro. Dieser Betrag kommt in der im Oktober 2020 erho­benen Forde­rung so aber nicht mehr vor [...]. Selbst wenn eine krimi­nelle Fremd­person meinen Namen und mein Konto benutzte, die Zahlen stimmen schon mal nicht. Mahnungen gab es nicht. Mit Voda­fone habe ich keinen weiteren Kontakt aufge­nommen, weil sowieso nur mit der Hotline, und da gibt es keine vernünf­tige Klärung. Münd­liche Abspra­chen kann man sich sparen.

Voda­fone arbeitet an Aufklä­rung des Falls bereit­willig mit

Nachdem wir die ganze Geschichte an Voda­fone über­mit­telt hatten, erklärte sich Voda­fone sofort dazu bereit, an der Aufklä­rung der Geschichte mitzu­wirken und forschte hierzu intern in den entspre­chenden Unter­lagen nach.

Dabei stellte sich heraus, dass der Vertrag mit einem subven­tio­nierten iPhone XS 64 GB in einem Online-Shop abge­schlossen worden war. Offenbar war es den Tätern haupt­säch­lich um den Dieb­stahl des iPhone gegangen, als sie dort das Paket aus Tarif und iPhone unter der Iden­tität unseres Geschä­digten bestellten. Voda­fone konnte heraus­finden: Der Red-S-Vertrag war weder benutzt noch bezahlt worden. Auch das iPhone war seit dem Kauf nie ins deut­sche Voda­fone-Netz einge­bucht worden. Über eine Verwen­dung in anderen Netzen liegen Voda­fone natür­lich keine Daten vor. Mitunter werden gestoh­lene Handys auch gar nicht direkt verwendet, sondern in Einzel­teilen weiter­ver­kauft.

Im Rahmen der Klärung legte Voda­fone uns und dem Geschä­digten sowohl den Vertrag als auch die DHL-Express-Iden­tifi­zie­rungs­unter­lagen vor. Denn bei einer Online-Bestel­lung wird die Iden­titäts­fest­stel­lung, die eigent­lich nebenbei auch zur Verhin­derung eines Iden­titäts­dieb­stahls dienen sollte, bei der Über­gabe des Pakets an der Wohnungstür durch­geführt.

War der DHL-Bote in den Betrug invol­viert?

Und diese DHL-Express-Iden­tifi­zie­rungs­unter­lagen "bestä­tigen" eine Über­gabe des Pakets an der Adresse des Geschä­digten am 3. Dezember 2019 unter Vorlage eines Perso­nal­aus­weises. Doch diese Über­gabe an den Geschä­digten hat es nie gegeben. Und das wirft den Verdacht auf, dass der DHL-Bote an dem Betrug mögli­cher­weise mit betei­ligt war. Es ist zu vermuten, dass er das Paket an die Betrüger abge­geben hat, auf den Iden­tifi­zie­rungs­unter­lagen aber bestä­tigte, dass es an den Geschä­digten über­geben worden ist. Sowohl die Unter­schrift des Empfän­gers als auch die des DHL-Boten auf dem Schein sind unle­ser­lich.

Es ist laut Aussage von Voda­fone gegen­über unserer Redak­tion übri­gens kein Bestand­teil des DHL-Express-Ident-Verfah­rens, dass Voda­fone eine Kopie des geprüften Perso­nal­aus­weises erhält, das wäre daten­schutz­recht­lich auch höchst bedenk­lich. Voda­fone verlässt sich also voll und ganz auf das Ident-Verfahren von DHL-Express, in dessen Rahmen der DHL-Bote bestä­tigt, dass ein Ausweis­doku­ment zur Iden­tifi­zie­rung vorge­legt wurde.

Voda­fone verzichtet auf alle Forde­rungen

Voda­fone glaubte dem Betrof­fenen die ganze Geschichte, erließ ihm alle Forde­rungen und stellte das Mahn- und Inkasso-Verfahren ein. Den Schaden der ganzen Geschichte trägt also Voda­fone, falls von den Ermitt­lungs­behörden nicht doch noch ein Täter gefunden wird, was rein theo­retisch passieren könnte, falls das betref­fende iPhone irgendwo auftaucht oder doch noch ins Voda­fone-Netz einge­bucht wird.

Auch Voda­fone vermutet, dass es dem Täter über­wie­gend darum ging, ein iPhone abzu­greifen. Auf jeden Fall stellte Voda­fone nicht nur uns, sondern auch dem Betrof­fenen die ganzen Vertrags­unter­lagen zu Verfü­gung, damit er diese für weitere Ermitt­lungen an die Polizei über­geben kann.

Was tun mit alten, nicht mehr genutzten E-Mail-Adressen? Einfach den Account löschen? Das kann gefähr­lich sein. Gege­benen­falls droht nämlich auch hier ein Iden­titäts­dieb­stahl.

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