Netzetag

Tim Höttges: Jeder Tag ist ein Netzetag

Beim Netzetag lädt die Telekom Jour­nalisten und Analysten ein, um ihr Netz, den Ausbau­stand und die Planungen vorzu­stellen. Dieses Jahr fand das Event virtuell statt. teltarif.de war virtuell vor Ort.
Vom (virtuellen) Netzetag in Bonn berichtet

Für Telekom-Chef Tim Höttges ist jeder Tag ein Netzetag. Für Telekom-Chef Tim Höttges ist jeder Tag ein Netzetag.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Zum virtu­ellen Netzetag hatte die Deut­sche Telekom heute nach Bonn, pardon ins Internet einge­laden. Telekom-Chef Tim Höttges, Technik-Vorständin Claudia Nemat und Deutsch­land-Chef Srini Gopalan gaben einen Über­blick und Status­bericht.

Jeder Tag ist ein Netzetag

Eigent­lich, so Tim Höttges in einer Begrü­ßung, sei "jeder Tag Netzetag". Seine Lieb­lings­maschine ist eine Tren­ching-Maschine, die in Gehwege oder Straßen schmale Schlitze fräsen kann, womit sich relativ zügig Glas­faser verlegen lässt.

Höttges hofft, dass die Kunden nicht vereinsamt sind und räumt ein: "Ich bin zurück im Büro. Der direkte Austausch ist besser als im Home­office." Für Telekom-Chef Tim Höttges ist jeder Tag ein Netzetag. Für Telekom-Chef Tim Höttges ist jeder Tag ein Netzetag.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

2020 ein hervor­ragendes Jahr - trotz aller Widrig­keiten

Trotz aller Widrig­keiten war 2020 ein hervor­ragendes Jahr, die Telekom sei stark wie noch nie, denn das Ergebnis wurde in der Prognose um 1 Milli­arde nach oben korri­giert. "Noch nie hatten wir eine so hohe Zufrie­dens­heits­rate". Gestern spät am Abend erhielt Höttges noch vier Dankes­mails von Kunden aus dem Home­office.

Schon vor sieben Jahren hatte Höttges ange­kün­digt, "wir werden nicht 3 Milli­arden, sondern jedes Jahr über 5 Milli­arden inves­tieren". Die Telekom sei nicht nur die Nummer 1 im Mobil­funk, sondern wolle das auch bei Glas­faser werden. Sein neuer Deutsch­land-Chef Srini Gopalan (auf den wir in einem weiteren Artikel noch eingehen werden), sei sein wich­tigster Mann für den Ausbau der Infra­struktur.

Mobil­funk 98,6 Prozent - Problem­fall Schiene

Mit Mobil­funk erreiche die Telekom 98,6 Prozent der Bevöl­kerung, aber ein großes Problem bleibe die Schiene: "Wir sind in Zusam­men­arbeit mit der Deut­schen Bahn daran, das zu lösen."

In Höttges rund 20-jähriger Tätig­keit habe er nicht ein Jahr gehabt, wo die Telekom alle Tests gewonnen hat. Höttges las Zitate aus einschlä­gigen Tests vor, etwa von Connect, über Chip, Compu­ter­bild oder der Zeit­schrift Smart­phone.

"Es gibt drei Mobil­funk­netze in Deutsch­land, und eins davon spielt Cham­pions League" oder einfa­cher formu­liert "Wir sind Bayern München" (des Mobil­funks). Die Telekom sei in 11 von 12 Märkten der Sieger. Die Zeit­schrift Connect hatte mit Hilfe des Mess-Unter­neh­mens Umlaut (vormals P3) euro­päi­sche Anbieter getestet: Die Telekom lag mit 897 Punkten vor Telenor mit 884 und der Telekom-Austria mit 837 Punkte.

Welt­weiter Vergleich: Sieger T-Mobile Nieder­lande

Tim Höttges präsentierte aus dem Telekom-Studio seine Netztechnik und aktuelle Marktlage: "Wir sind führend in Europa" Tim Höttges präsentierte aus dem Telekom-Studio seine Netztechnik und aktuelle Marktlage: "Wir sind führend in Europa"
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
In einem brand­neuen Test, so Höttges, habe die Firma Umlaut eine welt­weite Rang­liste aller Netze welt­weit ange­legt und das beste Netz welt­weit sei T-Mobile in den Nieder­landen mit 926 Punkten.

Wäre die Zugver­sor­gung schon besser, läge die deut­sche Telekom unter den Top 5 in Europa.

Nummer 1 beim 5G-Ausbau

Die Telekom will bis 2025 in Deutschland 99 Prozent der Bevölkerung mit 5G (5G-DSS und teilweise auch n78) und erreichen. Die Telekom will bis 2025 in Deutschland 99 Prozent der Bevölkerung mit 5G (5G-DSS und teilweise auch n78) und erreichen.
Grafik: Deutsche Telekom
Höttges zeigte verschie­dene 5G-Netz­aus­bau­karten in Deutsch­land. Die erste zeigt eine komplett weiße Fläche mit den Umrissen der Bundes­repu­blik Deutsch­land und dem Aufdruck 1&1. Eine zweite Karte, wenige Punkte hier und da, der aktu­elle 5G-Foot­print von o2. Bei Voda­fone gibt es schon einige Punkte mehr. Höttges vermutet, dass 1&1 mit dem Ausbau in 2021 beginnt. o2 habe jetzt begonnen, Voda­fone erreiche etwa 10 Millionen Menschen mit seinem 5G-Netz. Höttges skizzierte den 5G-Netzausbau seiner Wettbewerber. Da tut sich teilweise noch gar nichts (1&1), wenig (o2) oder ein bisschen was (Vodafone) Höttges skizzierte den 5G-Netzausbau seiner Wettbewerber. Da tut sich teilweise noch gar nichts (1&1), wenig (o2) oder ein bisschen was (Vodafone)
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

Man sei so Höttges sicht­lich stolz mit dem Anspruch gestartet, bei 5G von vorne­herein die Nummer 1 zu sein. Er erin­nerte nochmal an den "leisen Deal" mit o2, von denen vorzeitig 2100er-Frequenz-Spek­trum gekauft worden war. Aktuell erreiche die Telekom 67 Prozent der Bevöl­kerung mit 5G. und das Ziel ist klar: 99 Prozent bis Ende 2025. Schon heute seien in Deutsch­land 55 Millionen Menschen mit 5G der Telekom versorgt.

Fest­netz: Woran kann ich Glas­faser­ausbau erkennen?

Höttges wech­selte zum Fest­netz und demons­trierte verschie­dene graue Vertei­ler­kästen am Stra­ßen­rand. "Wenn diese Kästen oben Kühl­rippen haben, dann ist es Vecto­ring", verriet Höttges, und wenn es kein Gerippe (keine aktive Kühlung gibt), dann ist es Glas­faser.

Aber: "Alleine schaffen wir das nicht". Das ist nicht gewollt. Die Telekom habe einen Markt­anteil von 40 Prozent, und da könne "niemand erwarten, dass wir alleine aufbauen." Höttes wört­lich: "Wir koope­rieren mit Unter­nehmen, die Infra­struktur aufbauen." Man gehe auch zu den Haus­halten über Infra­struktur Dritter; es sei nicht gut, Glas­faser über­lap­pend auszu­bauen. "Wo die Telekom baut, kann jeder zugreifen"; wo andere bauen, möchte die Telekom zugreifen, zu fairen glei­chen Preisen.

Erfolg­reiche Koope­rationen

Höttges nannte Beispiele von Koope­rationen etwa mit der EWE, der Netcom Thüringen und die Region Stutt­gart als aktuell größtes Projekt zum Glas­faser-Netz­ausbau. Lobend erwähnte Höttges seinen Wett­bewerber Telefónica, mit denen man einen Deal über eine Glas­faser-Koope­ration abge­schlossen habe. "Telefónica hat gute Erfah­rungen mit konver­genten Projekten - Telefónica ist ein lang­jäh­riger guter Partner", so Höttges.

17 000 Schulen könnten sofort viel schneller ins Netz

Schon länger werde über die digi­tale Bildung disku­tiert. "Wie gut sind die Schulen digi­tali­siert? Wie gut ist die Infra­struktur in den Schulen?" und betonte: "Digital ist nicht nur, ob es da Glas­faser gibt."

Höttges verwies darauf, das jetzt schon 17 000 Schulen (von bundes­weit 46 000 Schulen) auf höhere Band­breite hoch­geschaltet werden könnten "ohne große Bauar­beiten", aber die Schulen seien nicht bereit, 5 Euro im Monat mehr zu bezahlen. In einer früheren Aktion der Telekom "Schulen ans Netz" seien viele Schulen damals kostenlos ans Netz gekommen. "Sie könnten heute viel mehr haben", um in einem Einspiel­film den Direktor des Albert Schweitzer Gymna­sium in Hürth (bei Köln) zu Wort kommen zu lassen, der seit Jahres­anfang digital an eine Glas­faser ange­bunden ist und die Bedeu­tung des schnellen Inter­nets plas­tisch erklärte.

Single-Sign-On für Lehrer und Schüler

Höttges plädierte für ein Single-Sign-On für Schüler und Lehrer und warb für Kolla­bora­tions-Tools von Micro­soft oder Cisco, welche die Telekom anbieten könne. Doch hier haben die Daten­schützer gewal­tige Bedenken. Viele Schulen haben sich deshalb für daten­schutz­kon­for­mere Tools wie beispiels­weise Moodle entschieden.

Mehr Schulden für mehr Ausbau

Die Telekom hat ihre Schulden erhöht, um besser ausbauen zu können. Das sei für die Aktie viel­leicht gar nicht so gut. "Sicher stünde die Aktie wohl besser, wenn wir weniger inves­tieren", aber und darauf legt er großen Wert: "Wir inves­tieren mehr als der Wett­bewerb".

Politik soll Rahmen­bedin­gungen den Reali­täten anpassen

Höttges apel­lierte erneut an die Politik, sich den Reali­täten anzu­passen. Mehr Infra­struktur werde dann möglich, wenn bessere Rahmen­bedin­gungen gelten, die er in vier Punkte glie­derte:

  • Ausbau und Beschleu­nigung

    Mit der Tren­ching-Maschine sei ein 10 mal schnel­lerer Ausbau möglich. Es würde deut­lich weniger Baustellen in den Städten geben, aber "Tren­ching" entspräche nicht den alten gelernten Stan­dards. Die Gemeinden wollten eine Sicher­heit, dass Tren­ching keinen Schaden verur­sacht. Aktuell seien erst unter 7 Prozent des Glas­faser­aus­baus mit Tren­ching reali­siert. Es brauche schnel­lere Geneh­migungs­ver­fahren. Die Planung und Orts­bege­hungen seien zeit­intensiv, dabei wäre ein voll digi­taler Prozess möglich. Zusammen mit dem Fraun­hofer Institut hat die Telekom Deutsch­land mittels eines "Street­view Cars" digital vermessen und karto­gra­phiert, d.h. alle in Frage kommenden Infor­mationen wie Lage der Kabel­gräben, der Schalt­kästen, mögliche Stand­orte, Verkehrs­schilder, Ampeln, Bäume, Zäune und so weiter liegen längst in digi­taler Form vor. Die Kommunen müssten das nur nutzen.

  • Zugang zu Wohnungen und Kunden

    Ein Groß­teil der Wohnungen sei für die Telekom nicht zugäng­lich, weil das Monopol ("Neben­kos­ten­pri­vileg") dem im Wege stehe. 20 Prozent aller Haus­halte in Deutsch­land seien durch die Wohnungs­wirt­schaft "abge­schirmt". Dort gäbe es nur (Koax-)Kabel. Die schnelle Glas­faser komme nicht in die Häuser rein, das sei schlecht für Wett­bewerb. Wört­lich: "Das Neben­kos­ten­pri­vileg aus der Ära Kohl ist nicht mehr zeit­gemäß." Auch die euro­päi­sche Kommis­sion sehe das so.

  • Offene Glas­faser­netze

    "Es gibt Gebiete, die Spaß machen, da wohnen Menschen mit Geld" und "es gibt Gebiete, wo alles zerklüftet ist, wo die Leute kein Geld haben", da baut nur die Deut­sche Glas­faser (ein Mitbe­werber der Telekom). Höttges wünscht sich Rezi­pro­zität: Andere Netze sollen für die Telekom offen sein. Telekom-Netze sind für alle offen. Fair wäre es, andere Netze zu den glei­chen Kondi­tionen nutzen zu können, wie sie die Leitungen der Telekom nutzen können. Es dürfe keine lokalen Mono­pole geben. Eine zweite Glas­faser drüber zu bauen, sei nicht sinn­voll und nur die aller­letzte Option. Die Telekom stehe für Gespräche zur Verfü­gung.

  • Förde­rungausbau

    "Förde­rung muss sein. Es gibt hoch­gradig unwirt­schaft­liche Gebiete." Aber die Verbrei­terung der Förder­gelder berge die Gefahr, dass länd­liche Gebiete vernach­läs­sigt werden. Der Markt würde über­hitzt. Mehr Förder­geld könnten zu stei­genden Preisen führen. Notwendig sei eine "Schritt für Schritt Förde­rung", wo es aktuell noch gar keine Infra­struktur gibt.

Neben Tim Höttges stellten auch der neue Deutsch­land-Chef Srini Gopalan und Technik- und Inno­vations-Vorstand Claudia Nemat ihre Projekte, Ziele und Produkte vor.

Die Telekom hatte schon ange­kün­digt: Bis 2030 soll es Glas­faser für alle geben.

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