Editorial: Mal wieder ein paar Server offline
Illegales Streaming wird wieder beliebter
Bild: (c) dpa
Legales Streaming erfreut sich zunehmender Beliebtheit: Netflix,
Amazon Prime & Co. verzeichnen immer mehr Abonnenten.
Das steigende Interesse der Nutzer führt allerdings auch dazu, dass
die Streaming-Dienste sich die Produktion immer aufwändigerer exklusiver
Inhalte leisten können und dass immer mehr Dienste starten. Einer der
Neuzugänge von diesem Jahr ist beispielsweise
Disney+.
Für den Verbraucher ist der Erfolg der Streaming-Dienste Segen und Fluch zugleich: Segen, weil man bessere Inhalte, als sie das klassische Fernsehen bietet, unabhängig von Zeit und Ort auf dem Endgerät seiner Wahl streamen kann. Fluch, weil das Angebot immer unübersichtlicher wird und man, wenn man jetzt nicht nur eine bestimmte Serie oder ein bestimmtes Genre gerne schaut, man oft mehrere Streaming-Dienste abonnieren muss. Zusammen mit dem obligatorischen Internetzugang kann da im Monat schon ein hübsches Sümmchen zusammenkommen, für das man auch andere schöne Freizeitaktivitäten machen könnte.
Angesichts der genannten Zersplitterung des Streaming-Marktes ist es wenig verwunderlich, dass die Nutzer wieder verstärkt zu illegalen Angeboten greifen, insbesondere zu Streaming-Hostern oder gar Filesharing.
Der Feind lauscht mit
Illegales Streaming wird wieder beliebter
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Filesharing ist und bleibt allerdings gefährlich, da man beim
Filesharing nicht nur die Inhalte aus dem Netz saugt, sondern sie zugleich
auch für andere Nutzer bereitstellt. Somit ist öffentlich sichtbar,
welche(n) Film(e) man gerade mit seiner IP-Adresse saugt. Entdecken das
die Kontrolleure der Filmindustrie, drohen teure Abmahnungen.
Beim Streaming von illegalen Portalen ist die Entdeckungsgefahr für die Nutzer hingegen geringer. Doch gefahrlos ist das Streaming deswegen nicht: Viele illegale Streaming-Anbieter installieren Trojaner-verseuchte Downloader auf den PCs der Nutzer oder verlangen die Angabe von Kreditkartendaten "zur Altersprüfung". Später werden die Karten dann aber doch belastet - unter dem Vorwand, dass man zusätzliche Abos abgeschlossen habe. Die Trojaner wieder loszuwerden und die unberechtigten Kreditkartentransaktionen rückabzuwickeln, bedeutet einen Aufwand, der die wenigen gesparten Euro in der Regel nicht wert ist.
Zudem jagen die Inhalteanbieter die Streaming-Anbieter kontinuierlich. Eine Site, die heute noch gut funktioniert, kann morgen schon vom Netz sein. Jüngst meldete Europol, gar 60 Server auf einmal abgeschaltet zu haben. Dennoch: Neue Server sind schnell angemietet, und wahrscheinlich sind für jeden der abgeschalteten Server schon wieder zwei neue in Betrieb.
Dauer-Verwertung
Bis vor wenigen Jahren galt, dass Filme mit der Zeit immer günstiger werden: Direkt nach dem Filmstart musste man ein Kinoticket lösen. Später konnte man den Film dann auf DVD kaufen oder in der Videothek ausleihen, dann war er im Pay-TV zu sehen, schließlich im Free-TV. Wer sich dann immer noch für die DVD interessierte, konnte diese bei Sonderverkäufen auf dem Grabbeltisch schonmal für zwei Euro erwerben. Und heute? Gibt es die Episode IV von Star Wars (der erste Film der originalen Trilogie, der 1977 in die Kinos kam) zum Streaming in HD auf Amazon für 11,99 Euro oder alternativ als Blu-Ray in 4K für 26,70 Euro. Das ist mehr, als ein Kinoticket für einen aktuellen Film kostet. Und das, obwohl die Episode IV selbst in 4K von der Qualität her immer noch nicht an das Original herankommen dürfte, das im Kino damals als 70-Millimeter-Film lief - für einige Mark, nicht Euro.
Klar, gibt es genug Enthusiasten, die bereit sind, die genannten hohen Preise zu bezahlen. Andererseits: Viele der heutigen Enthusiasten sind gerade dadurch zu Enthusiasten geworden, weil bestimmte Filme eben auch wiederholt im Free-TV liefen, und sie ihn einfach nochmal sehen wollen oder damals den Anfang oder das Ende verpasst haben. Nicht jeder kann sich 12 oder gar 25 Euro für einen Film leisten, schon gar nicht jeden Abend. Und so treiben die hohen Preise die Nutzer zurück zur Filmbeschaffung aus illegalen Quellen. Illegale Streaming-Portale und Peer-2-Peer-Netzwerke kann die Filmindustrie zwar noch einigermaßen bekämpfen. Den Tausch von Festplatten voller Warez zwischen Freunden hingegen wohl kaum.