SpaceX

Editorial: Starlink Powerdrain

Das Satel­liten-Internet hat einen sehr hohen Strom­ver­brauch. Werden künf­tige Gene­rationen besser sein?
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Eine SpaceX Falcon 9-Rakete mit etwa 60 Starlink-Satelliten hebt von der Startrampe 40 am Weltraumbahnhof Cape Canaveral ab. SpaceX bringt Satelliten für ein erdumspannendes Internet-Netz ins All. Eine SpaceX Falcon 9-Rakete mit etwa 60 Starlink-Satelliten hebt von der Startrampe 40 am Weltraumbahnhof Cape Canaveral ab. SpaceX bringt Satelliten für ein erdumspannendes Internet-Netz ins All.
Foto: Picture Alliance / dpa
Elon Musks Produkte sind gewöhn­lich für sehr hohe Effi­zienz bekannt: Tesla-Model S und X zeigen, wenn man richtig "Strom" gibt, allen herkömm­lichen Autos, Sport­wagen inklu­sive, nur die Rück­lichter. Trotzdem brau­chen sie bei normaler Fahr­weise eher etwas weniger Strom als viele, teils auch deut­lich schwä­chere, Elek­tro­autos der Konkur­renz. Die Raketen von SpaceX verwenden unter­kühlte und dadurch verdich­tete Treib­stoffe, Rake­ten­trieb­werke mit dem besten Schub-zu-Gewicht-Verhältnis über­haupt (fast doppelt so hoch wie bei der Mond­rakete Saturn V) und Unter­stufen, die nach der Mission aufrecht landen und dann relativ schnell wieder­ver­wendet werden können.

Umso verwun­der­licher ist es, dass die Termi­nals für das von Musks SpaceX entwi­ckelte Satel­liten-Internet "Star­link" mit bis zu 150 Watt gewal­tige Mengen an Strom aus der Steck­dose saugen. Selbst idle, wenn keine Daten fließen und auch die Stell­motoren der Antenne gerade nicht laufen, sind es hohe 110 Watt. Zum Vergleich: 5G-Smart­phones, die auf der Funk­schnitt­stelle sogar noch höhere Spit­zen­geschwin­dig­keiten errei­chen können als Star­link, kommen idle dennoch mit 0,1 Watt aus - anders würde ein 15-Watt­stunden-Akku (4000 mAh) auch kaum einen ganzen Tag durch­halten.

Persön­lich finde ich bereits die 10 Watt zu viel, die sich viele aktu­elle Kabel- und DSL-Router geneh­migen. Wie bereits vor gut zehn Jahren geschrieben, ist es verständ­lich, dass Router ein paar Watt brau­chen, wenn Sie Daten mit vielen Megabit/s bzw. teil­weise gar 1 Gigabit/s durch die Netze schieben. Auch Smart­phones brau­chen einige Watt, wenn die Empfangs- oder gar die Sende­ein­heit bei maxi­maler Geschwin­dig­keit arbeitet. Aber wenn man eben nicht gerade seinen PC mit der Cloud synct und Giga­byte-weise Daten übers Netz schiebt, sondern nur ein Video schaut (selbst ein 4K-Stream kommt bei Netflix in höchster Qualität mit durch­schnitt­lich 16 MBit/s aus) oder auch mal nichts tut, dann wäre es tech­nisch grund­sätz­lich kein Problem, die Trans­fer­ein­heiten in einen Strom­spar- bzw. Schlaf­zustand zu schalten und die Strom­auf­nahme dras­tisch zu redu­zieren.

Entwick­lungs­zeiten erhöhen sich

Eine SpaceX Falcon 9-Rakete mit etwa 60 Starlink-Satelliten hebt von der Startrampe 40 am Weltraumbahnhof Cape Canaveral ab. SpaceX bringt Satelliten für ein erdumspannendes Internet-Netz ins All. Eine SpaceX Falcon 9-Rakete mit etwa 60 Starlink-Satelliten hebt von der Startrampe 40 am Weltraumbahnhof Cape Canaveral ab. SpaceX bringt Satelliten für ein erdumspannendes Internet-Netz ins All.
Foto: Picture Alliance / dpa
Nur: Selbst, wenn die tech­nische Umset­zung von Strom­spar- und Schlaf­funk­tionen keine unüber­wind­bare Hürde ist, so ist sie dennoch mit einem Zeit­auf­wand verbunden. Dort, wo Batte­rie­betrieb die Regel (Smart­phone) oder zumin­dest vorge­sehen ist (Laptop), inves­tieren die Entwickler diesen Aufwand offenbar gerne, weil die Kunden den Vorteil in Form einer längeren Akku­lauf­zeit direkt sehen können. Dort, wo Geräte dauer­haft am Strom­netz hängen, scheint sich hingegen keiner so richtig um die Strom­spar­mög­lich­keiten zu kümmern. Und so braucht heute mancher Laptop auch im Netz­betrieb trotz einer schnellen Giga­hertz-CPU, großem Daten­spei­cher, mehreren Hoch­leis­tungs­schnitt­stellen (meist mehrere USB-3, HDMI, manchmal auch Gigabit Ethernet) und eines großen Displays beim Video­schauen weniger Strom als der Router.

Mit 110 bis 150 Watt dringt das Star­link-Terminal nun in Strom­ver­brauchs­regionen vor, die alten Desktop-PCs und modernen Gaming-Laptops vorbe­halten sind. Das Asus ROG Zephyrus G14 ist beispiels­weise mit einem 180-Watt-Netz­teil ausge­stattet, wobei diese Leis­tung schon deswegen nicht dauer­haft aus der Steck­dose gezogen werden kann, weil das Gerät sonst über­hitzen würde. Und die 76-Wh-Batterie hält beim normalen Arbeiten, Websurfen oder Video­schauen laut Tests gut acht bis elf Stunden durch, was dann einem Strom­ver­brauch von 7 bis 9 Watt entspricht. Anspruchs­volle Spiele oder 3D-Rende­ring saugen den Akku des ROGs natür­lich in einem Bruch­teil der Zeit leer. Aber wenn die Rech­ten­leis­tung nicht abge­rufen wird, dann wird sie auch nicht verheizt.

Das Netz wird dichter

Man muss Star­link zugu­tehalten, dass dies ihr erstes Terminal mit einer von vorn­herein begrenzten Auflage ist: Zwar sind schon gut 1300 Satel­liten im Orbit, sodass von jedem Punkt der Erde aus stets mehrere Satel­liten sichtbar sind. Doch schon in wenigen Jahren sollen es zehnmal so viele Satel­liten sein, sodass sich das Sateli­ten­netz entspre­chend verdichtet. Im Gegenzug können künf­tige Star­link-Antennen dann auf einen klei­neren Ausschnitt des Himmels fokus­siert werden, was die Nach­füh­rung des Signals über das phasen­gesteu­erte Array verein­facht. Die in der Antenne enthal­tenen Motoren dienen übri­gens nur dazu, die Antenne auf den opti­malen Ausschnitt am Himmel zu orien­tieren, wenn beispiels­weise Bäume oder Bebauung in bestimmte Rich­tungen die freie Sicht beein­träch­tigen. Das Tracking einzelner Satel­liten in diesem Ausschnitt erfolgt dann über die Phasen­ansteue­rung der Anten­nen­ele­mente rein elek­tro­nisch.

Zugleich befindet sich auch die Star­link-Kommu­nika­tions­soft­ware noch in der Beta-Phase. In dieser ist es sinn­voll, sämt­liche Codie­rungen und Deco­die­rungen über (weit­gehend) frei program­mier­bare Prozes­soren (SDR - Soft­ware Defined Radio) durch­führen zu lassen. Dadurch können Fehler rein per Firm­ware-Update ausge­merzt werden. Viel­leicht kann im Lauf der Zeit sogar die spek­trale Effi­zienz noch etwas gestei­gert werden, was sich dann durch höhere Bitraten und/oder kürzere Latenzen bemerkbar machen sollte. Nur brau­chen die frei program­mier­baren Einheiten auch viel Strom.

Mittel­fristig wird SpaceX aber nicht darum herum­kommen, die Proto­koll-Stacks in Hard­ware zu imple­men­tieren, um den Strom­ver­brauch zu senken. Darin sehe ich kein grund­sätz­liches Problem: Huaweis erstem 5G-Router, den ich vor einigen Jahren zu Gesicht bekam, wurde auch ein Strom­ver­brauch von schlappen 130 Watt nach­gesagt. Inzwi­schen gibt es mobile 5G-Router, die mit einem 20-Wh-Akku dennoch sechs Stunden durch­halten, wie von der Redak­tion getestet. Das entspricht einem Verbrauch von unter 4 Watt. Hoffen wir daher, dass auch bei Star­link der Strom­ver­brauch in einigen Jahren dras­tisch sinkt.

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