Bundesregierung: Beeinträchtigung durch Huawei möglich?
Bewiesen ist weiter nichts, aber beim Schutz der deutschen Handynetze blickt die Bundesregierung zunehmend kritisch auf chinesische Zulieferer. Wie aus einem Schreiben des Innenministeriums an die deutschen Netzbetreiber hervorgeht, hält das Ministerium eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit in Deutschland durch Komponenten von den chinesischen Herstellern Huawei und ZTE für möglich. Daher sollen alle kritischen - also sicherheitsrelevanten - Teile, die schon im Netz verbaut sind, einer Prüfung unterzogen werden. Eine Prüfung von Bauteilen gibt es bereits. Sie bezieht sich bisher aber nur auf alle kritischen Teile, die neu eingebaut werden. Hierbei habe es keine Bedenken gegeben, heißt es in dem Schreiben.
Ausweitung des Prüfumfangs
Beim Namen "Huawei" gerät die Politik in helle Aufregung.
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Die neue Vorgabe ist eine Ausweitung des Prüfumfangs. Das Ministerium bittet um eine Liste besagter Bauteile bis Anfang April. Danach dürfte eine Überprüfung mehrere Monate dauern. Das Schreiben liegt der Deutschen Presseagentur (dpa) vor.
Mit der Sicherheitsüberprüfung will die Bundesregierung ausschließen, dass China Einfluss auf deutsche Handynetze bekommt und dies ausnutzt. Mit dem veränderten Vorgehen will das Bundesinnenministerium nun aber offenbar auf Nummer sicher gehen. Es geht um das sogenannte Antennennetz, bei dem die drei deutschen Handynetzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und o2 unter anderem Huawei-Komponenten verbaut haben. Im "Kernnetz" ist längst kein Produkt von Huawei mehr enthalten. Der Netzbetreiber 1&1 setzt hingegen auf den japanischen Anbieter Rakuten.
Update: 1&1 nennt Details zur Netztechnik
In einer Stellungnahme begrüßt 1&1 "die sicherheitspolitische Prüfung der Bundesregierung beim 5G Netzausbau in Deutschland ausdrücklich." Als einziger deutscher Netzbetreiber sei 1&1 beim Ausbau seines Mobilfunk-Netzes unabhängig von chinesischen Anbietern wie HUAWEI oder ZTE. Für den Aufbau des vierten deutschen Mobilfunknetzes habe sich 1&1 entschieden, auf die "innovative Open-RAN-Technologie" zu setzen. Durch "offene, standardisierte Schnittstellen" ermögliche die Open-RAN-Technologie die "beliebige Kombination von Komponenten verschiedener Hersteller". So sei 1&1 unabhängig von den Innovationszyklen eines bestimmten Ausrüsters und könne chinesische Anbieter von Anfang an ausschließen. Zu Beginn werden unter anderem Server von DELL und Supermicro, Router von Cisco, Software von Mavenir und Altiostar sowie Antennen von NEC und CCI eingesetzt.
Das 1&1 Open RAN erfülle die Sicherheits-Empfehlungen der im Auftrag des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erstellten Open-RAN-Risikoanalyse in allen Punkten und es besteht ein regelmäßiger Austausch mit der Behörde. Ende des Updates
Betroffene sind zurückhaltend
Die drei Firmen äußerten sich zurückhaltend. Man beteilige sich "nicht an politischen Spekulationen", sagte ein Telekom-Sprecher. "Wir setzen sogenannte kritische Komponenten nach eigener Prüfung sowie Prüfung und Erlaubnis beziehungsweise Nicht-Untersagung durch das Bundesinnenministerium (BMI) und nachgeordnete Behörden ein." Ein Vodafone-Sprecher äußerte sich ähnlich und betonte, man halte sich "stets an die einschlägigen Normen und Gesetze".
Auch Telefónica (o2) äußerte sich dementsprechend. Ein Firmensprecher gab zu bedenken, dass man ausreichend Zeit bräuchte, sollte es zu einem Ausschluss einer Komponente kommen. "Dies ist zur Aufrechterhaltung von Netzqualität und -leistung essenziell." Für einen rückwirkend notwendigen Umbau des Netzes wären "zusätzlich entsprechende Schadensersatzregelungen notwendig."
USA "warnen" schon länger
Über den restriktiveren Kurs der Bundesregierung hatten mehrere Medien berichtet. Die USA warnen Deutschland seit langem eindringlich vor einer Beteiligung von Huawei am Mobilfunknetz. Mehrere Länder, unter anderem die USA und Kanada, haben Netztechnik von Huawei und ZTE bereits aus ihren Märkten ausgeschlossen. Die USA behaupten, China könne über die 5G-Technik etwa von Huawei Spionage betreiben. Huawei wies die Vorwürfe stets zurück.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Auch beim MWC in Barcelona sagten befragte leitende Techniker aller Netzbetreiber, dass Technik von Huawei sehr gut und zuverlässig funktioniere und auch günstig im Preis sei. Ein Beweis, dass China ohne Wissen und Zustimmung des Netzbetreibers eine Sendestation "remote" ausschalten kann, um damit die Übermittlung unbequemer Nachrichten zu verhindern oder seine Macht zu demonstrieren, gibt es bis heute nicht oder wurde nicht bekannt. Selbst wenn es diese Funktion geben sollte, könnte China diese nur ein einziges Mal anwenden und wäre danach "unten durch".
Die Frage ist nun, ob nun wirklich alle (deutschen) Netzbetreiber alle jemals verbaute Technik von Huawei bis zur letzten Schraube gegen neue Technik von "politisch geprüften" Herstellern austauschen müssen und wer die Kosten dafür übernimmt. Das wird eine sehr teure Herausforderung.
Kürzlich haben wir die Kopfhörer ("Buds") von Huawei ausprobiert.