Umfrage

Deutsche vertrauen Sicherheitsbehörden, der Familie eher nicht

Nur wenige Nutzer ziehen Konsequenzen aus PRISM-Überwachung
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Echte Konsequenzen ziehen nur wenige aus dem PRISM-Skandal. Echte Konsequenzen ziehen nur wenige aus dem PRISM-Skandal.
Bild: dpa
Zwei von fünf Internetnutzern (39 Prozent) fühlen sich wegen der Überwachung durch Sicher­heits­behörden im Netz weniger sicher als früher. Das hat eine Umfrage des Sinus-Instituts in Heidelberg ergeben. Immerhin 68 Prozent der Teilnehmer haben von den Über­wachungs­pro­gram­men wie PRISM gehört. Konsequenzen daraus ziehen aber eher wenige: Nur ein knappes Sechstel der Befragten (18 Prozent) will deswegen sein Verhalten ändern und zum Beispiel genauer hinsehen, welche Informationen er über sich und andere ins Netz stellt. Von diesen wollen 38 Prozent insbesondere amerikanische Dienste weniger nutzen.

"Die deutsche Bevölkerung gilt im internationalen Vergleich als besonders sensibel, wenn es um ihre persönlichen Daten geht. Die Ergebnisse unserer Befragung bestätigen dies nicht nur, sondern zeigen, dass die aktuellen Abhörskandale die Sensibilität sogar noch verstärken und mittelfristig Verhaltensänderungen in der Internetnutzung erwarten lassen", kommentiert Dr. Silke Borgstedt, Direktorin Sozialforschung beim Sinus-Institut.

Richterliche Kontrolle gefordert

Echte Konsequenzen ziehen nur wenige aus dem PRISM-Skandal. Echte Konsequenzen ziehen nur wenige aus dem PRISM-Skandal.
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Eine große Mehrheit will staatlichen Überwachern nur dann Zugriff auf persönliche Daten erlauben, wenn eine richterliche Kontrolle existiert. Für etwa die Hälfte der Befragten ist dabei denkbar, dass deutsche Sicher­heits­be­hörden Internet­spionage mit Zugriff auf private Daten durchführen dürfen. Gegen einen Zugriff aus dem Ausland wenden sich jedoch 83 Prozent der Befragten.

In der Umfrage wird auch das Thema angesprochen, wer am besten Schutz vor diesen Zugriffen gewähren kann. Da sind die Befragten selbstbewusst: 41 Prozent meinen, sie seien persönlich aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. 38 Prozent sehen die Sicher­heits­behörden und 36 Prozent staatliche Daten­schutz­be­auftragte als kompetent in diesem Zusammenhang an.

Wem würden private Daten überhaupt anvertrauen?

Etwas kurios ist die letzte Frage: Hier wollte das Sinus-Institut wissen, wem die Befragten private Daten überhaupt anvertrauen würden. Die 83 Prozent für die Sicherheitsorgane nannten wir bereits. Doch wie sieht es mit anderen Stellen aus? 31 Prozent würden private Daten ihren Familienangehörigen anvertrauen, Krankenkassen oder Finanzbehörden nur 10 bzw. 8 Prozent. Ganz unten auf der Liste finden sich übrigens Arbeitgeber wieder: Hier wären nur 3 Prozent aller Umfrage-Teilnehmer bereit, Zugriff auf persönliche Daten zu gewähren.

Auftraggeber der Studie war das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI). Ende Juni wurden 2 016 Internetnutzer ab 16 Jahren befragt.

PRISM, Tempora & Co.: So schnüffeln die Geheimdienste

Edward Snowden hatte Anfang Juni Informationen an die Öffentlichkeit gebracht, die besagen, dass der US-amerikanische Geheimdienst NSA in nicht geahntem Maße Kom­munikations­ver­bindungen abhört. Die NSA soll sogar Zugriff auf Daten haben, die bei amerikanischen Internet­dienst­leistern wie Google, Facebook oder Microsoft auf Servern gespeichert sind. Später wurde bekannt, dass Großbritannien ein Abhörprogramm aufgelegt hat, dass sogar das amerikanische PRISM übertrifft. Der Geheimdienst soll Internetkabel angezapft haben und einen guten Teil der darüber verschickten Daten mitgelesen und zwischengespeichert haben. Offizielle Bestätigungen stehen naturgemäß aus. Angela Merkel hatte in einer ersten Reaktion vom "Neuland Internet" gesprochen. Damals war jedoch noch nicht absehbar, dass die Enthüllungen Snowdens noch viel größere Dimensionen einnehmen würden. Die aktuelle Lage rund um PRISM und die Abhörmaßnahmen durch Geheimdienste fassen wir in einem eigenen Artikel zusammen.

Edward Snowden sucht nach wie vor nach einem Land, das ihm politisches Asyl gewähren würde, da er fürchtet, in den USA unmenschliche Bedingungen im Gefängnis erdulden zu müssen. Auch bezweifelt er, dass ihm ein fairer Prozess gemacht wird. Er sitzt wohl noch immer im Transit-Bereich eines Moskauer Flughafens fest. Von dort kann er nicht mehr weiterreisen, da die USA seinen Pass annuliert haben.

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