Fiebertraum

Nokias Project Normandy: Windows-Phone-Oberfläche für Android

Im Internet sind neue Fotos zu Nokias vermeintlichem Android-Smartphone aufgetaucht. Sie zeigen eine Oberfläche, die an die von Windows Phone 8 erinnert. Aber macht ein solches Smartphone von Nokia noch Sinn? Wir werfen einen Blick auf die möglichen Hintergründe.
Von Kaj-Sören Mossdorf

Die Benutzer-Oberfläche des Normandy erinnert stark an Windows Phone 8 Die Oberfläche ähnelt Windows Phone 8
Bild: @eveleaks
Die Quelle für die meisten geleakten Fotos der Vergangenheit, @eveleaks, hat vor kurzem neue Fotos zu einem möglichen Android-Smartphone unter der Nokia-Marke veröffentlicht. Details zu dem neuen Smartphone waren bereits im vergangenen Jahr aufgetaucht. Seitdem tröpfelt es mit stetiger Zuverlässigkeit neue Bilder. Während die bisherigen Fotos meist nur wenig von dem System selbst, aber viel von dem Gerät zeigten, ist es dieses Mal genau umgekehrt. Bei den neuen Fotos scheint es sich um Bildschirmaufnahme der Benutzeroberfläche des Systems zu handeln.

Die Benutzer-Oberfläche des Normandy erinnert stark an Windows Phone 8 Die Oberfläche ähnelt Windows Phone 8
Bild: @eveleaks
Soweit so gut, was aber wirklich interessant ist, ist dass die Oberfläche stark an die von Windows Phone 8 erinnert. So lassen sich Apps auf den Startbildschirmen über Kacheln starten und auch eine Art Live-Tiles, also Kacheln die ihr Aussehen verändern, scheint es zu geben. Weiterhin auffällig auf den Aufnahmen ist die starke Integration von Nokia- und Microsoft-Diensten. So ist beispielsweise der Messaging-Dienst Skype prominent auf dem Bildschirm platziert, ebenso wie der Here-Kartendienst oder auch das MixRadio von Nokia. Auch Apps anderer Anbieter, wie zum Beispiel Facebook, Twitter und Blackberrys Messenger BBM finden sich auf den Screenshots. Zudem scheint es eine separate Übersicht über alle Benachrichtigungen zu geben.

Project Normandy: Nicht viel mehr als ein Einsteiger-Smartphone, oder doch?

Wirft man einen Blick auf die Spezifikationen, die das erste Normandy-Smartphone bieten soll, so wird klar, dass es sich hierbei höchstens um ein Einsteiger-Smartphone handeln wird. Das Display des Gerätes soll 4 Zoll groß sein, wobei sich an seiner Unterseite ein einzelner Zurück-Knopf findet. Als Prozessor soll ein nicht näher genannter Qualcomm-S4-SoC zum Einsatz kommen, dem gerade einmal 512 MB zur Seite stehen. Die Fotos der 3-Megepixel-Kamera auf der Rückseite finden auf dem 4 GB fassenden internen Speicher Platz.

Interessant wird es beim Thema Betriebssystem. Den Gerüchten zufolge soll es sich dabei um ein abgewandeltes Android handeln, dass auf dem Code des Android Opensource Project (AOSP) basieren soll. Denkbar wäre, dass Nokia beziehungsweise Microsoft den Weg von Amazon gehen wird und Android so stark anpassen, dass es die Zulassung zum Google Play Store verlieren würde. Der Hersteller könnte dann auf alternative Android-Appstores zugrückgreifen. Außerdem bietet das Smartphone eine Dual-SIM-Funktionalität.

Ein Android-Smartphone von Microsoft? Die spinnen die Römer!

Im Angesicht der Übernahme der Hardware-Sparte von Nokia durch Microsoft dürfte vielen ein Smartphone mit dem Betriebssystem des Konkurrenten Google als verrückter Fiebertraum vorkommen. Ganz so einfach ist es aber dann doch nicht. Die Übernahme ist noch nicht vollkommen abgeschlossen, es wäre also rein theoretisch möglich, dass Nokia dieses eine Smartphone noch auf den Markt bringt, bevor sich die Finnen erst einmal vom Handymarkt verabschieden. Denkbar wäre eine Vorstellung dann beispielsweise auf dem kommenden Mobile World Congress im Februar. Aus Branchenkreisen wiederum heißt es jedoch, dass Microsoft die Übernahme bis dahin abgeschlossen haben will.

Für Nokia würde dies bedeuten, dass das Unternehmen die Nokia-Marke bis zum 31. Dezember 2015 nicht auf Smartphones verwenden darf. Das wäre also das Aus des Project Normandy von Nokia, aber nicht das Ende des Nokia Normandy. Auf den ersten Blick erscheint das verwirrend. Ein Blick in das Kleingedruckte des Übernahmevertrages [Link entfernt] zeigt aber, dass Microsoft die Einsteiger-Smartphones der Series 30 und Series 40, auch als Asha-Reihe bekannt, künftig unter der Marke Nokia vermarkten darf. Anders als die Lumia-Smartphones: Bei diesen darf Microsoft die Marke nur für die bisherigen Geräte verwenden.

Dass Microsoft die Asha-Reihe ebenfalls übernommen hat, erschien zunächst überraschend. Die Geräte verkaufen sich aber gerade in den Schwellenländern blendend. Microsoft übernimmt hier also ein gut laufendes Geschäft. Dass die Oberfläche des Nokia Normandy an Windows Phone 8 erinnert, die Spezifikationen sonst aber eher an die Asha-Reihe erinnern, könnte darauf hindeuten, dass Microsoft die Geräte als "Einstiegsdroge" vermarkten will. Dazu könnte auch die starke Bindung an die Dienste der Redmonder und Nokia passen. So würde sich die Asha-Reihe zumindest App-technisch - teilweise auch optisch - mit den Highend-Smartphones der neuen Nokia-Eigentümer mischen.

Allzu viel Hoffnung auf das Smartphone sollten sich Fans eines Nokia-Smartphones mit Android dann doch nicht machen. Der finnische Konzern ist bekannt dafür, viele Hardware-Konzepte zu entwickeln, diese später dann aber nicht durchzusetzen. Auch auf der Seite des Betriebssystems sieht es ähnlich aus: Man erinnere sich nur an MeeGo und dessen Vorgänger Meamo. Hinzu kommt, dass ein wie auch immer geartetes Android-Smartphone, zumindest realistisch gesehen nur noch von Microsoft kommen könnte. Hinzu kommt, dass es nicht wirklich viel Sinn ergeben würde - zumal sich auch das Nokia Lumia 520 vergleichsweise blendend verkauft.

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