Fiberdays: "Digital-Strategie des Bundes wird sichtbar"
Vor zwei Jahren mussten die "fiberdays" auf Grund der Pandemie kurzfristig abgesagt werden. Nun ist größte Spezialmesse für Glasfaser (Fiberglas) zurück. Sie wurde heute als Kongress- und Messevent rund um Digitalisierung, digitale Infrastruktur und Glasfaserausbau vom Führungsteam des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) sowie den Digitalpolitikerinnen Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr und der hessischen Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus eröffnet.
Von 3000 auf über 5000 Fachbesucher
Eröffnen die Fiberdays in Wiesbaden: v.l.n.r Prof.Jens Böcker, Dr. Stephan Albers (BREKO), Ministerin Sinemus, Herbert Bockers (abl), Norbert Westfal (BREKO)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Diesmal hatten sich 5000 Fachbesucher und 230 Aussteller angemeldet, berichtete Prof. Dr. Jens Böcker von der Hochschule Rhein-Sieg. „Es wird soviel Glasfaser verlegt, wie nie zuvor, aber die Kupfer reicht nicht. Das Datenwachstum beträgt 40 Prozent pro Jahr und Telekom, Vodafone oder Telefónica schaffen das nicht alleine.“
BREKO Präsident Norbert Westfal ist glücklich, nach drei Jahren wieder bekannte Gesichter zu sehen. Man habe sich gefreut, zu Digital-Minister Wissing eingeladen zu werden. Das Ziel "Glasfaser flächendeckend bis 2030" sei richtig. Nun müsse es noch einfachere Genehmigungsverfahren geben.
Angst vor zu viel Förderung
Nach wie vor befürchtet der Verband, dass eine übermäßige Förderung den Ausbau eher verzögern könnte. Er fordert eine Gleichverteilung des Ausbaus - dosiert über die nächsten Jahre.
Vertikale Messe
Zwar hatte Glasfaser bei Videokonferenzen gute Dienste geleistet, aber Vertrauen lassen sich nur in realen Treffen aufbauen. Die fiberdays sind eine „vertikale Messe“, d.h. es werden alle Produkte und Dienstleistungen rund um den Netzausbau gezeigt. BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers brachte es auf den Punkt: „Es wird höchste Zeit“, nicht ohne den Mitgliedern, Ausstellern und Sponsoren für ihre Solidarität in den letzen drei Jahren zu danken. Über 230 Netzbetreiber sind Mitglied im BREKO-Verband.
Prof. Sinemus erklärt hessisches Konzept
Prof. Dr. Kristina Sinemus, „Deutschlands erste Digitalministerin“ war vor drei Jahren das letztes Mal „analog“ dabei, sonst habe sie immer nur an der „Kachelgemeinschaft“ teilgenommen (gemeint sind die vielen Kachelbilder bei Videokonferenzen). Sinemus erklärte die hessischen Ausbauziele: Noch dieses Jahr sollen alle Schulen, Gewerbebetriebe und Krankenhäuser per Glasfaser erreichbar sein. In 12 Monaten will die Ministerin 530.000 Haushalte mit Glasfaser ausgebaut haben, bis 2025 sollen die meisten Anschlüsse gigabitfähig sein, bis 2030 flächendeckend.
Sinemus betonte, dass der „eigenwirtschaftliche“ Ausbau im Vordergrund stehen solle, eine Substituierung solle es nur dort geben, „wo es nicht reicht“. Das Ministerium habe eine Potenzial-Analyse angeschoben, um zu schauen, wo es noch fehlt.
Förderung alternativer Verlegemethoden
Die hessische Landesregierung setze sich dafür ein, dass alternative Verlegeverfahren (z.B. Trenching) möglich werden und die Antragsverfahren einfacher und schneller werden könnten. Glasfaser leiste einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, denn die Netze brauchen weniger Strom. Das Land werde sich genau anschauen, ob die versprochenen Ausbauten auch stattfinden. Der Glasfaser-Ausbau belebe die Wirtschaft und erlaube beispielsweise Startups im ländlichen Raum, z.B. eHealth im Odenwald.
Digital-Strategie des Bundes wird erkennbar
Per Video zugeschaltet: Daniela Kluckert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Staatssekretärin Daniele Kluckert (BMDV) begrüßte, dass die TK-Industrie 50 Milliarden Euro investiert. Bis 2025 solle es eine „Verdreifachung“ aller Glasfaser-Anschlüsse im Land geben, was 50 Prozent aller Haushalte entspreche. Berlin plane eine „Rahmenzustimmung für größere Baumaßnahmen“, d.h. mit einer Genehmigung könne ein Bauprojekt weitgehend genehmigt werden. Wie in Hessen will sie bundesweit Trenching und überirdische Verlegung fördern und die Standardisierung und Normung voranbringen.
Es solle ein Fonds für Haftungsschäden aufgelegt werden, woraus die Kosten für spätere Reparaturen bezahlt werden könnten, wenn in einer Straße Wasser, Abwasser, Gasleitungen oder Strom verlegt werden sollten und beim späteren Aufgeben die Glasfaser „leiden“ sollte.
Kluckert erwähnte auch das Gigabit-Grundbuch, wo man genau nachlesen können solle, an welchem Ort mit welchen Internet-Anschlüssen und -Geschwindigkeiten zu rechnen ist. Die Daten sollen an einer Stelle gesammelt werden.
Die Förderkulisse sei Daseinsvorsorge und müsse „minimal invasiv“ vergeben werden, die Förderprozesse sollten digitaler und schneller werden.
Mobilfunk wird weiter ausgebaut
Für das "Ministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ist - Stand Ende 2022 - etwa 98 Prozent des Landes mit 100 MBit/s über Mobilfunk versorgt. Die Mobilfunkinfrastruktur Behörde MIG soll unterstützt und mehr sichtbar werden. Durch die Vorgabe, nur noch „störfestes GSM-R“ als Zugbahnfunk einzusetzen, sollen die Mobilfunkfrequenzen an Bahnlinien besser genutzt werden können.
In der Digital-Strategie des Bundes stehen die Themen Gesundheit, Familien, Bundeswehr, zentrale digitale Infrastruktur, Smart Farming und Digitale Identität ganz oben. Digitale Identität spiele im Verhältnis zwischen Staat und Bürger eine große Rolle.
Was möglich ist, hat sich Kluckert auf dem MWC in Barcelona zeigen lassen. Für Deutschland fordert sie den Mut, analoge Systeme abzuschalten. Als Beispiel nannte sie den Omnibus, wo man jetzt wieder zeitraubend und umständlich bar bezahlen könne.
Tech-Konzerne wie Netflix oder YouTube sorgen mit ihren Diensten für hohen Internet-Datenverkehr. Für diese Daten-Umsätze könnten sie in der EU bald zur Kasse gebeten werden.