Breitbandausbau

Glasfaserausbau: Folgen des Förderstopps in Niedersachsen

Im kommenden Jahr müssen Kreise und Kommunen in Nieder­sachsen ohne Landes­zuschüsse auskommen, wenn sie Glas­faser­netze bauen wollen. Die Regie­rung hält den Förder­stopp für gerecht­fer­tigt.
Von Marc Hankmann

Voll­brem­sung auf der Über­hol­spur. Ende 2022 verfügten nach Angaben des Bundes 41 Prozent aller nieder­säch­sischen Haus­halte über einen FTTB/H-Anschluss. Das Land lag auf dem zweiten Platz im Vergleich der Bundes­länder - auch dank tatkräf­tiger Unter­stüt­zung der Landes­regie­rung, die Glas­faser­aus­bau­pro­jekte mit bis zu 25 Prozent bezu­schusste. Damit ist ab dem kommenden Jahr Schluss.

"Viele Land­kreise waren drauf und dran, die Voraus­set­zungen für die nächste Förder­runde zu schaffen", erklärte Peer Beyers­dorff, Geschäfts­führer des Breit­band­zen­trums Nieder­sachsen-Bremen (BZNB), auf der elften Breit­band­kon­ferenz "Stra­tegien für den Glas­faser­ausbau in Öster­reich und Deutsch­land", die am vergan­genen Donnerstag im Forum der Nord/LB in Hannover statt­fand. Frank Doods, Staatsekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, rechtfertigte den Ausstieg aus der Glasfaserförderung Frank Doods, Staatsekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, rechtfertigte den Ausstieg aus der Glasfaserförderung
Bild: Marc Hankmann
Nach Abschluss aller derzeit laufenden Ausbau­pro­jekte liegt die FTTB/H-Quote bei 69 Prozent. Das bedeutet im Umkehr­schluss aller­dings, dass über 800.000 Adressen nicht an Glas­faser­netze ange­schlossen werden, obwohl das poli­tische Ziel die flächen­deckende Glas­faser­ver­sor­gung ist. Waren im Jahr 2018 nur sechs Prozent der Haus­halte Gigabit-fähig, sind es heute 63 Prozent. "Mit der Dynamik, mit der wir den Ausbau umge­setzt haben, können wir uns sehen lassen", sagte Staats­sekretär Frank Doods aus dem nieder­säch­sischen Wirt­schafts­minis­terium, das auch für Verkehr, Bauen und Digi­tali­sie­rung verant­wort­lich ist.

Auf der vom BZNB mit der Unter­neh­mens­bera­tung SBR–net Consul­ting orga­nisierten Breit­band­kon­ferenz recht­fer­tigte Doods den Förder­stopp. "Man muss auch auf den erheb­lichen Mittel­ein­satz schauen, der dafür erfor­der­lich war." Bislang hat das Land Nieder­sachsen rund 500 Millionen Euro an Förder­mittel in den Glas­faser­ausbau gesteckt. Etwa die gleiche Summe kam aus den Kommunen. Das war laut Doods nötig, um Anreize für den Glas­faser­ausbau zu schaffen. "Es wird dem Land Nieder­sachsen aber nicht möglich sein zu sagen, jetzt nehmen wir die nächste halbe Milli­arde und machen so weiter", sagte Doods in Hannover.

Er stellte die Frage, ob es vernünftig sei, die "letzte Milch­kanne" anzu­schließen oder ob man den Glas­faser­ausbau nicht opti­mieren müsse. Gerade bei schwer erschließ­baren Einzel­lagen müsse man laut Doods tech­nolo­gie­offen heran­gehen, will sagen: Es solle geprüft werden, ob hier die Erschlie­ßung nicht güns­tiger über Satellit oder Mobil­funk möglich ist.

Hohe Zunahme geför­derter Glas­faser­pro­jekte

Es geht in Nieder­sachsen aber um weit mehr als schwer erschließ­bare Einzel­lagen, wie BZNB-Chef Beyers­dorff auf der Breit­band­kon­ferenz darstellte. Etwas mehr als 360.000 Adressen gelten in Nieder­sachsen als förder­fähig - ein Anteil von 14,1 Prozent. Von den fertig gestellten Glas­faser­anschlüssen sind vier Prozent geför­dert worden. Aber: Rechnet man alle laufenden Ausbau­pro­jekte hinzu, liegt der Förder­anteil bei 11 Prozent. "Die Erwar­tung war: 25 Prozent kommen vom Land", sagte Beyers­dorff. "Darauf hatten sich alle Kommunen in Nieder­sachsen einge­stellt."

Derzeit laufen in 10 Land­kreisen bzw. kreis­freien Städten Markt­erkun­dungs­ver­fahren, die erste Stufe auf dem Weg zur Förde­rung. Rund ein Drittel der nieder­säch­sischen Land­kreise nutzt im geför­derten Ausbau das soge­nannte Betrei­ber­modell, das heißt, sie bauen ein Glas­faser­netz und verpachten es dann an einen Betreiber. Hier rät Beyers­dorff zur Fort­füh­rung, zumal die Auswir­kungen des Förder­stopps weniger dras­tisch ausfallen dürften, da die Kreise und Kommunen mit der passiven Glas­faser­infra­struktur einen neuen Anla­gewert schaffen.

Anders sieht das in den zwei Drit­teln aus, in denen mit dem Wirt­schaft­lich­keits­lücken­modell die Förder­gelder an die ausbau­enden Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen fließen. Die Frage ist, ob für Unter­nehmen in solchen Fällen der Ausbau noch attraktiv ist, wenn keine Förder­gelder mehr fließen.

Eingren­zung zusam­men­hän­gender Gebiete

BZNB-Chef Peer Beyersdorff ist sich sicher, dass ohne Förderung kein Landkreis in Niedersachsen flächendeckend mit Glasfaser versorgt werden kann BZNB-Chef Peer Beyersdorff ist sich sicher, dass ohne Förderung kein Landkreis in Niedersachsen flächendeckend mit Glasfaser versorgt werden kann
Bild: Marc Hankmann
Deshalb sucht Beyers­dorff nach den Stell­schrauben, mit denen Ausbau­kosten weiter gesenkt werden können, um gege­benen­falls nur mit der 50-prozen­tigen Förde­rung des Bundes Glas­faser­netze zu subven­tio­nieren. Dafür hat das BZNB in ganz Nieder­sachsen zusam­men­hän­gende Gebiete ermit­telt, in denen kein Glas­faser­ausbau statt­findet und auch nicht ange­kün­digt ist, weder geför­dert noch eigen­wirt­schaft­lich. So kamen etwas mehr als eine Million nieder­säch­sische Adressen zusammen.

Im Land­kreis Oster­holz ist es auf diese Weise gelungen, etwa die Hälfte der 40.000 Adressen einzu­grenzen, für die sich auch ein Unter­nehmen fand, dass diese Adressen eigen­wirt­schaft­lich mit Glas­faser erschließen will. "Man kann den Markt anreizen und ihn gezielt dahin­führen, wo der Bedarf noch da ist", sagte Beyers­dorff auf der Breit­band­kon­ferenz.

Vor den Folgen des Förder­stopps verschließt er sich aber nicht: "Ich bin mir ziem­lich sicher, dass Adressen in jedem Land­kreis übrig­bleiben, wenn wir keine Förde­rung mehr in Anspruch nehmen könnten", sagte Beyers­dorff in Hannover. Bis 2026 sind keine Förder­mittel aus dem nieder­säch­sischen Haus­halt vorge­sehen. Danach sind es noch vier Jahre, bis Glas­faser deutsch­land­weit flächen­deckend zur Verfü­gung stehen soll.

In einer weiteren Meldung lesen Sie: Glas­faser­ausbau: Licht an für High­speed Internet.

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