Sparzwang

Urlaubsinsel Spiekeroog: Kein Geld für Glasfaser mehr?

Das Nieder­säch­sische Digi­tal­minis­terium will die Breit­band-Förde­rung auslaufen lassen. Der Städte- und Gemein­debund fürchtet Verzö­gerungen - auch eine Insel könnte es treffen.
Von / dpa

Es ist eigent­lich "nur" eine Länder­sache, kann aber bundes­weite Auswir­kungen haben. Das ange­kün­digte Ende der nieder­säch­sischen Landes­för­derung für den Ausbau von schnellem Internet droht aus Sicht der Kommunen den Breit­band­ausbau auszu­bremsen. "Der geför­derte Glas­faser­ausbau in Nieder­sachsen dürfte damit vorerst zum Erliegen kommen", sagte der Spre­cher des Städte- und Gemein­debundes, Stephan Meyn, der Hanno­ver­schen Allge­meinen Zeitung.

Betroffen seien nicht nur Land­kreise, welche die Mittel gebün­delt bean­tragen, sondern auch die kreis­ange­hörigen Städte und Gemeinden mit bislang schlechter Glas­faser­ver­sor­gung.

Keine Glas­faser für Spie­keroog

Der Aktionskünstler Albrecht Fersch (li.) am Strand der ostfriesischen Insel Spiekeroog. Einen Glasfaseranschluss kann er dort nicht bekommen. Es mangelt am Geld. Der Aktionskünstler Albrecht Fersch (li.) am Strand der ostfriesischen Insel Spiekeroog. Einen Glasfaseranschluss kann er dort nicht bekommen. Es mangelt am Geld.
Foto: Picture Alliance/dpa
Treffen könnte es beispiels­weise die ostfrie­sische Insel Spie­keroog, die bislang keine Glas­faser­anbin­dung ans Fest­land hat. Seit einigen Monaten laufen Planungen, eine solche Verbin­dung für die rund 800 Einwohner und viele Tausend regel­mäßige Feri­engäste zu schaffen, teilte die Kreis­ver­wal­tung in Witt­mund der "Ostfriesen-Zeitung" mit. Dafür sollte bis Mitte Oktober 2023 ein Förder­antrag gestellt werden. Spie­keroog ist als einzige der sieben Ostfrie­sischen Inseln bislang ohne Glas­faser­anschluss.

Hannover: Förde­rung soll einge­stellt werden

Das nieder­säch­sische Digi­tal­minis­terium hat nun aber diese Woche mitge­teilt, dass die Landes­för­derung dafür wegen einer schwie­rigen Haus­halts­lage im kommenden Jahr einge­stellt werden soll.

Mit dieser Entschei­dung, so die Bewer­tung von Kennern der Szene, müsse der Breit­band­ausbau nicht zwangs­läufig zum Erliegen kommen, er dürfte jedoch erschwert werden.

Laut dem Digi­tal­minis­terium in Hannover fördert der Bund den Ausbau unter­ver­sorgter Gebiete mit schnellem Internet mit 50 Prozent, das Land steuert bislang 25 Prozent bei und die Kommunen die übrigen 25 Prozent. Neun Land­kreise und eine kreis­freie Stadt in Nieder­sachsen wollten den Angaben zufolge in die Förde­rung einsteigen.

Die Kreis­ver­wal­tung in Witt­mund teilte mit, aus ihrer Sicht sei nun offen, inwie­weit der bislang etwa auch für die Spie­ker­ooger Glas­faser­anbin­dung einge­plante Förder­anteil des Landes über­haupt kompen­sierbar sei. "Wir haben da starke Zweifel", teilte ein Spre­cher der Kreis­ver­wal­tung mit. Witt­munds Landrat Holger Heymann (SPD) forderte die Landes­regie­rung auf, die Koför­derung beizu­behalten.

Städte und Gemein­debund: Unver­ständnis

Auch der Städte- und Gemein­debund teilte mit, auf eine Korrektur bei den anste­henden Bera­tungen für den Landes­haus­halt 2024 zu setzen. "Wir können nicht verstehen, dass Digi­tal­minister Olaf Lies eine solche Deprio­risie­rung des Glas­faser­aus­baus zulässt", sagte Meyn.

Digi­tal­minis­terium nimmt Stel­lung

Das Digi­tal­minis­terium teilte auf Anfrage der Deut­schen Pres­seagentur (dpa) mit: "Eine Einstel­lung der Förde­rung führt in Nieder­sachsen nicht zum Erliegen des Breit­band­aus­baus." Der über­wie­gende Teil werde von eigen­wirt­schaft­lichen Unter­nehmen über­nommen. Der Tele­kom­muni­kati­ons­markt in Nieder­sachsen verfüge aktuell über eine "sehr gute Dynamik".

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Viel­leicht hatte bei der soge­nannten "Markt­erkun­dung" kein Unter­nehmen richtig Lust, die Insel Spie­keroog komplett eigen­wirt­schaft­lich auszu­bauen, oder man wollte auf "Nummer sicher" gehen: Also setzten Kommune und Bundes­land gleich mal auf die Förde­rung. Doch da sind wieder einmal die Mittel begrenzt.

Die bundes­weite Ausschrei­bung eines in Parzellen aufge­teilten Voll­aus­baus des Landes mit glas­klaren Verpflich­tungen wollte die Politik nicht.

Gerade der Ausbau einer für Feri­engäste wunder­schönen Insel wie Spie­keroog mit Glas­faser sollte für die ausbau­ende Unter­nehmen doch eine Visi­ten­karte sein, wo Bund und Länder nur noch wenig beisteuern müssten, wenn es dann wirk­lich ausge­baut wird. Dafür sollte der Werbe­etat des Unter­neh­mens einiges hergeben.

Oder ist das Konzept der Politik dahinter, dass der stress­geplagte Urlauber in den Ferien besser digital detoxen und nicht über schnelle Glas­faser "erreichbar" sein soll? Dann soll man das auch klar und deut­lich sagen. Nur: Die Insel-Urein­wohner und die Gast­geber, die übers Internet präsent sein wollen und müssen, dürften das sicher­lich anders sehen.

In Wasser­liesch-Konz hat die Gemeinde den Anbieter Deut­sche Glas­faser raus­geworfen.

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